02.02.2022
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
OLG Oldenburg
23.03.2021
12 W 38/21 (GB)
BeckRS 2021, 5822
(nichtamtl. Leitsätze)
Die Antragsteller zu 1 und 2 sind Erben zu je 1/2 ihres verstorbenen Vaters, der eingetragener Eigentümer des streitgegenständlichen Grundstücks ist. Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag veräußerten die Antragsteller 1 und 2 das Grundstück an die Antragsteller 3 und 4. Im Kaufvertrag werden die Antragsteller zu 3 und 4 bevollmächtigt das Grundstück bereits vor der Grundbucheintragung zum Zwecke der Kaufpreisfinanzierung mit einer Grundschuld zu belasten und die Antragsteller zu 1 und 2 für die hierfür erforderlichen Rechtshandlungen zu vertreten. Daraufhin bestellen die Antragsteller zu 3 und 4 eine Grundschuld in Höhe von 280.000 Euro zugunsten der Kreissparkasse, welche mit Notarerklärung vom 27.01.2021 zur Eintragung in das Grundbuch beantragt wird.
Diesen Antrag hat das Grundbuchamt mit Beschluss vom 01.02.2021 zurückgewiesen. Es ist der Ansicht, die Antragsteller zu 1 und 2 müssten als Erben voreingetragen sein. Hieran fehle es und auch ein Ausnahmefall des § 40 GBO liege nicht vor. Gegen diesen Beschluss wenden sich die Antragsteller mit ihrer Beschwerde mit der Begründung, dass eine Voreintragung nicht erforderlich sei.
Die statthafte Beschwerde der Antragsteller ist zulässig, jedoch unbegründet und hat mithin keinen Erfolg. Das Grundbuchamt habe den Antrag zu Recht aufgrund einer mangelnden Voreintragung der Erben zurückgewiesen. Insbesondere ändere der am 23.02.2021 erteilte Erbschein daran nichts, da die Antragsteller die Voreintragung auch im Rahmen der Beschwerde nicht beantragt haben.
Tatsächlich sei das Erfordernis einer Voreintragung der Erben zur Eintragung einer isolierten Grundschuld (wie im vorliegenden Fall) in Literatur und Rechtsprechung umstritten. Folge man dem reinen Wortlaut des § 39 GBO, so bedarf es einer derartigen Voreintragung der Antragsteller 1 und 2, die die Eintragung der Grundschuld bewilligten. Eine Ausnahme bestehe gemäß § 40 Abs. 1 Alt. 1 GBO, sofern die Person, deren Recht durch eine Eintragung betroffen wird, Erbe des eingetragenen Berechtigten ist und die Eintragung eine Übertragung oder Aufhebung des Rechtes betrifft. Im vorliegenden Fall seien die Antragsteller zu 1 und 2 zwar, nachgewiesen durch den Erbschein, Erben des eingetragenen Grundstückeigentümers. Eine Grundbucheintragung stelle jedoch eine Belastung des Eigentumsrechts dar und nicht eine Übertragung oder Aufhebung desselben. Mithin bedürfe es weiterhin einer Voreintragung der Erben.
Das Oberlandesgericht Frankfurt entschied im Jahr 2017, dass § 40 Abs. 1 GBO auf die Grundschuld zur Finanzierung des Kaufpreises entsprechend angewendet werden könne. Der Zweck der Vorschrift Kosten für eine Eintragung des Erben zu vermeiden, wenn dieser aufgrund einer Übertragung des ererbten Rechts ohnehin alsbald wieder ausscheide, sei auch bei der Eintragung einer Finanzierungsgrundschuld gegeben. Darüber hinaus sei die Entbehrlichkeit einer Voreintragung im Falle einer Auflassungsvormerkung allgemein anerkannt, obwohl auch diese keine Übertragung eines Rechts darstelle. Dementsprechend sei eine differenzierende Behandlung der Auflassungsvormerkung und der Finanzierungsgrundschuld nicht gerechtfertigt. Dieser Auffassung haben sich in der jüngsten Vergangenheit mehrere Oberlandesgerichte angeschlossen.
Gegenauffassungen in der Literatur lehnen eine entsprechende Anwendung des § 40 Abs. 1 GBO im Falle einer Finanzierungsgrundschuld weiterhin ab. So auch das Kammergericht Berlin. Zwar sei es zutreffend, dass § 40 Abs. 1 Alt. 1 GBO bei einer Auflassungsvormerkung analog angewendet werde, obwohl diese die endgültige Übertragung lediglich vorbereite und sichere. Auch sei es richtig, dass die Finanzierungsgrundschuld im sachlichen Zusammenhang mit der beabsichtigten Eigentumsübertragung stehe. Der entscheidende Unterschied zwischen der eingetragenen Vormerkung und der Grundschuld liege hingegen darin, dass die Grundschuld, anders als die Vormerkung, trotz Scheitern der Eigentumsübertragung weiterhin im Grundbuch bestehen bleibt und die Voreintragung im Falle der Grundschuld somit dem Schutz der Interessen Dritter dienen soll.
Der Senat schließt sich im vorliegenden Fall der Auffassung des Kammergerichts Berlin an. § 40 GBO könne somit nicht im Rahmen der Finanzierungsgrundschuld analog angewendet werden. Die Norm sei eng auszulegen. Eine Entbehrlichkeit der Voreintragung sei im Falle einer Übertragung oder Aufhebung des Rechts deshalb gerechtfertigt, da der Rechtsinhaber seine Rechtsstellung ohnehin bald verliere und es sich bei einer Voreintragung mithin um eine bloße „Förmelei“ handele. Bei der Belastung des Rechts hingegen verliere der Bewilligende seine Rechtsposition nicht, sondern werde diese lediglich inhaltlich verändert. Mit Blick auf den Schutz des Rechtsverkehrs bestehe bei der Eintragung eines Grundpfandrechts somit die Gefahr, dass dieses auch bei einem Scheitern des Erwerbsvorgangs eingetragen bleibt (abstraktes Sicherungsrecht).
Mangels Voreintragung der Antragsteller zu 1 und 2 wurde der Antrag auf Eintragung der Finanzierungsgrundschuld somit zu recht zurückgewiesen.
Indem sich das OLG Oldenburg in der vorliegenden Entscheidung nicht dem OLG Frankfurt angeschlossen hat, wird nochmals die Uneinigkeit auch innerhalb der Rechtsprechung deutlich. Das OLG Oldenburg arbeitet überzeugend heraus, dass die analoge Anwendung einer Vorschrift eine vergleichende Interessenlage voraussetzt, welche im Falle der Finanzierungsgrundschuld nicht gegeben sei. Eine Norm soll insbesondere dann nicht analog auf abweichende Rechtskonstellationen anwendbar sein, wenn dadurch der Sinn und Zweck der Vorschrift unterlaufen würde. Für die Erben bzw. die Käufer eines Nachlassgrundstücks sollte daher grundsätzlich eine Voreintragung der Erben bewirkt werden, da über das Erfordernis dergleichen in der Rechtsprechung bislang noch kein Konsens besteht.