29.08.2022
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
KG Berlin
09.11.2021
22 W 68/21
NZG 2022, 315
Bei Bestellung eines Liquidators gem. § 66 V 2 GmbHG kann die Wiedereintragung der gelöschten Gesellschaft als Liquidationsgesellschaft und die Eintragung des Abwicklers im Handelsregister nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts unterbleiben, wenn der zu erwartende Umfang und die Qualität der nachträglich erforderlichen Handlungen eine Eintragung nicht erfordern. Allein die Tatsache, dass der Liquidator Erklärungen gegenüber dem Grundbuchamt abgeben muss, erfordert eine Wiedereintragung nicht.
Die Beteiligte ist eine GmbH, welche 1994 gegründet und 1995 in das Handelsregister eingetragen wurde. 2006 wurde sie als vermögenslose Gesellschaft aufgrund § 141a FFG von Amts wegen gelöscht. Daraufhin wurde K durch Beschluss vom AG Berlin-Charlottenburg am 06.12.2019 zum Nachtragsliquidator bestellt. Sein Wirkungskreis umfasste die „Vertretung und die Wahrnehmung der Rechte der gelöschten Gesellschaft hinsichtlich der im Eigentum der Gesellschaft stehenden Teileigentumseinheiten“.
Da das Grundbuchamt die Eintragung der Beteiligten und sich als Nachtragsliquidator verlangte, beantragte K am 27.05.2021 die GmbH und sich als Nachtragsliquidator in das Handelsregister einzutragen. K legte gegen das Verlangen des Grundbuchamts zwar Beschwerde ein, welche jedoch vom KG mit Beschluss vom 29.04.2021 zurückgewiesen wurde. Eine Abschrift des Beschlusses des KG fügte K seinem Antrag zur Eintragung bei. Im KG Beschluss heißt es, das Grundbuchamt habe für eine von K beantragte Eintragung zweier Gesamtgrundschulden hinsichtlich der Teileigentumsrecht der GmbH einen Nachweis der Vertretungsbefugnis des K dahingehend verlangt, dass er die Wiedereintragung der GmbH gemäß § 32 GBO nachweist. Dagegen richte sich laut Beschluss des KG die Beschwerde des Nachtragsliquidator. Das KG führte an, die Wiedereintragung der Gesellschaft sei zur vollständigen Beendigung der Beteiligten wegen ihres vorhandenen Immobiliarvermögens notwendig.
Das AG wies den Antrag auf Eintragung der Gesellschaft und des K als Nachtragsliquidator zurück. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der GmbH. Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet und hat damit keinen Erfolg. Im Rahmen der Zulässigkeit des Rechtsmittels sei bei dem Antrag als doppelrelevante Tatsache auszugehen, da der Antrag auf Wiedereintragung als Teil des Antrags auf Bestellung eines Nachtragsliquidators anzusehen sei. Dieser sei berechtigt, wenn die Wiedereintragung zur Durchführung der Nachtragsliquidation notwendig sei.
Allerdings sei die Ablehnung des AG, die GmbH wiedereinzutragen und den K als Nachtragsliquidator einzutragen, nicht zu beanstanden. Aufgabe des Nachtragsliquidators in Fällen wie dem Vorliegenden sei es, nach dem Schluss der Liquidation notwendige Einzelmaßnahmen durchzuführen, die auf eine Vollbeendigung der Gesellschaft gerichtet sind (§ 273 Abs. 4 AktG analog/ § 66 Abs. 5 GmbHG). Der Wirkungskreis des Nachtragsliquidators sei auf die für den Bestellungsgrund notwendigen Handlungen zu beschränken, da lediglich das neue Restvermögen verwertet und dessen Erlös zu verteilen sei. Daher könne auch die Vertretungsmacht des Liquidators gemäß § 70 GmbH auf die einzelnen erforderlichen Abwicklungsmaßnahmen beschränkt werden. Dasselbe sei auch im Rahmen der Anwendung des § 273 Abs. 4 AktG analog anerkannt. Das AG habe daher zu Recht den Wirkungskreis des Nachtragsliquidators auf die vorliegend erforderlichen Maßnahmen beschränkt. Die Bestellung von Grundpfandrechten liege außerhalb des hier eröffneten Wirkungskreises.
Es ergebe sich allerdings aus dem Vortrag des Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten, dass die begehrten (Wieder-)Eintragungen neben der Belastung des Grundvermögens, auch dem Zwecke der Veräußerung dienen sollen, was damit auf die Vollbeendigung der Gesellschaft gerichtet sei. Ungeachtet dessen habe das AG allerdings im Rahmen ihres Ermessens gehandelt, indem es die Eintragungen ablehnte. Denn eine Eintragung könne abgelehnt werden, wenn der zu erwartende Umfang und die Qualität der nachträglich erforderlichen Handlungen der Liquidatoren eine Eintragung nicht erfordert. Die Eintragung der Gesellschaft habe ohnehin nur deklaratorische Wirkung. Zudem sei der Senat nicht an den Beschluss des KG gebunden, wonach eine Wiedereintragung erforderlich sei.
Außerdem könne der K seine Vertretungsbefugnis auch in der Form des § 29 Abs. 1 S. 1 GBO nachweisen, da die Ausfertigung des Bestellungsbeschlusses eine Entscheidung gemäß § 38 Abs. 1 S. 1 FamFG darstelle. Somit handele es sich um eine öffentliche Urkunde i.S.d. § 29 GBO. Dies genüge als Nachweis, und zwar auch gegenüber dem Grundbuchamt. Dabei sei es ohne Belang, ob der Bestellungsbeschluss die Anforderungen des § 32 GBO erfüllt, da die Norm mangels Eintragung ohnehin nicht anwendbar sei. Auch ergebe sich nicht aus § 66 Abs. 5 GmbHG, dass Bestellungsbeschlüsse des Registergerichts eine Art Verfallsdatum hätten, weshalb an dem Fortbestand der Bestellung des Liquidators aufgrund Zeitablaufs nicht zu zweifeln sei. Vielmehr sei selbstverständlich, dass das Registergericht die Ausfertigung des Bestellungsbeschlusses bei Beendigung des Amtes zurückfordert, um die missbräuchliche Verwendung des Beschlusses zu verhindern.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig und das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde beim BGH unter dem Az. II ZB 20/21 anhängig. Grundsätzlich ist eine Nachtragsliquidation auf die Beendigung der Gesellschaft gerichtet. Daher kann davon ausgegangen werden, dass sich die Vertretungsbefugnis des Nachtragsliquidators auf die Maßnahmen beschränkt, die auch tatsächlich zur Beendigung beitragen könnten. Allerdings obliegt dem Gericht ein Ermessensspielraum, weshalb ähnliche Sachverhalte im Klageweg Erfolg haben könnten.