BGH II ZB 3/24
Wertberechnung der Kapitalerhöhung anhand des wirtschaftlichen Werts der Geschäftsanteile

26.11.2024

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BGH
23.07.2024
II ZB 3/24
ZIP 2024, 2465

Leitsatz | BGH II ZB 3/24

Für die Bemessung des Geschäftswerts eines Beschlusses über die Erhöhung des Stammkapitals einer GmbH ist innerhalb der durch § 105 Abs. 1 Satz 2 und § 108 Abs. 5 GNotKG vorgegebenen Grenzen der den Ausgabepreis übersteigende Wert des auszugebenen Geschäftsanteils maßgeblich. Dies gilt auch, wenn der Kapitalerhöhungsbeschluss im Rahmen einer Spaltung nach dem UmwG beim übernehmenden Rechtsträger gefasst wird und der Erhöhungsbetrag im Wege der Sacheinlage durch die Übertragung des abgespaltenen Vermögens erbracht wird.

Sachverhalt | BGH II ZB 3/24

Der Beteiligte zu 1) (nachfolgend: Notar) beurkundete einen Ausgliederungs- und Übernahmevertrag, in dem die Beteiligte zu 2) ihren Teilbetrieb durch Ausgliederung zur Aufnahme auf die W. GmbH übertrug. Weiter beurkundete der Notar Gesellschafterversammlung der W. GmbH und der Beteiligten zu 2), in welcher jeweils die Zustimmung zum Ausgliederungsvertrag und bei der W. GmbH die Erhöhung des Stammkapitals um weitere 52.000 € auf 104.000 € beschlossen wurde. Die neu geschaffenen Geschäftsanteile sollten an die Beteiligte zu 2) als Gegenleistung für die Übertragung ausgegeben werden.

Der Notar erteilte der Beteiligten zu 2) eine Kostenrechnung, in welcher er einen Geschäftswert von 747.583 € zugrunde legte und dabei für die Berechnung der Gebühr die Erhöhung des Stammkapitals in Höhe des Nennbetrags der Kapitalerhöhung berücksichtigte. Das LG Düsseldorf ging davon aus, die Kapitalerhöhung mit dem Wert der Sacheinlage i.H.v. 201.097 € zu bemessen und wies den Notar an, die Kostenrechnung unter Zugrundelegung eines Geschäftswerts von 910.278,30 € neu zu erstellen. Das Beschwerdegericht änderte die Anweisung auf einen Geschäftswert von 902.409 € ab. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Notars.

Entscheidung | BGH II ZB 3/24

Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Beschwerdegericht hat den Wert des Beschlusses über die Kapitalerhöhung zutreffend nicht nach dem Nominalwert, sondern nach dem Wert der ausgegebenen Geschäftsanteile bemessen und in Höhe des Aktivvermögens des abgespaltenen Betriebsteils i.H.v. 201.097 € bestimmt.

Der Geschäftswert eines Beschlusses über die Erhöhung des Stammkapitals wird innerhalb der durch § 105 Abs. 1 Satz 2, § 108 Abs. 5 GNotKG a.F. vorgegebenen Grenzen unter ergänzender Heranziehung von § 97 Abs. 1, 2 GNotKG ermittelt. Der Wert der Beschlussfassung über eine Erhöhung des Stammkapitals entspricht dabei dem Wert des neu geschaffenen oder erhöhten Geschäftsanteils, wenn dieser den Ausgabebetrag der Anteile übersteigt. Dies gilt ebenso im Fall eines Kapitalerhöhungsbeschlusses im Rahmen einer Spaltung nach dem UmwG beim übernehmenden Rechtsträger, wenn der Erhöhungsbetrag im Wege der Sacheinlage durch die Übertragung des abgespaltenen Vermögens erbracht wird.

Die Bewertung des Werts der Beschlussfassung über die Kapitalerhöhung hängt nicht davon ab, ob der Ausgliederungs- und Übernahmevertrag bereits die rechtliche Grundlage für die Übertragung des abgespaltenen Vermögens bildet. Entscheidend ist vielmehr, dass der Wert des Gegenstands der Beschlussfassung bei wirtschaftlicher Betrachtung durch die nach der Beschlussfassung zu erbringende Leistung in das Gesellschaftsvermögen bestimmt wird. Da die Beschlussfassung über die Kapitalerhöhung nach § 110 Nr. 1 GNotKG einen eigenständigen Beurkundungsgegenstand darstellt, muss der Wert der Beschlussfassung jeweils unabhängig ermittelt werden.

Der Wert des übergehenden Vermögens wird sowohl bei der Bemessung des Zustimmungsbeschlusses als auch bei der Bemessung des Werts der ausgegebenen Geschäftsanteile berücksichtigt. Dies liegt daran, dass die Beschlussfassungen unterschiedliche Beurkundungsgegenstände darstellen und keine der in § 109 Abs. 2 Nr. 4 lit. b oder g GNotKG genannten Ausnahmen vorliegt. Ein einheitlicher Beschlussgegenstand nach 109 Abs. 1 Satz 1 bis 3 GNotKG liegt daher nicht vor, da dies nur in den ausdrücklich geregelten Fällen von § 109 Abs. 2 Nr. 4 GNotKG der Fall ist. Eine Gebührenbegrenzung erfolgt durch die Zusammenrechnung im Rahmen eines Beurkundungsverfahrens nach § 35 Abs. 1 GNotKG sowie durch den Höchstwert von 5.000.000 € nach § 108 Abs. 5 GNotKG a.F (nunmehr § 108 Abs. 4 GNotKG).

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht wegen der kostenrechtlichen Besserstellung in dem Fall des Verzichts des Anteilsinhabers des übertragenen Rechtsträgers nach § 54 Abs. 1 Satz 3 UmwG auf die Gewährung von Geschäftsanteilen. Die bevorzugte Behandlung ist nicht sachfremd, da sie lediglich darauf zurückzuführen ist, dass eine Kapitalerhöhung als Gegenleistung für die Vermögensübertragung entfällt.

Die Festsetzung des Werts der Sacheinlage auf 201.097 € ist rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden, da nach § 38 GNotKG hierbei das Aktivvermögen ohne Abzug der Verbindlichkeiten maßgeblich ist.
 

Praxishinweis | BGH II ZB 3/24

Der Geschäftswert für die Beurkundung einer Kapitalerhöhung wurde vom BGH bereits in einem Beschluss vom 12.09.2023 – II ZB 6/23 behandelt, in dem über eine Vereinbarung über eine Zuzahlung in das Eigenkapital zu entscheiden war (unsere Besprechung dazu finden Sie hier). In der vorliegenden Entscheidung wird die wirtschaftliche Wertberechnung des Geschäftswerts der Kapitalerhöhung nochmal bestätigt.

Für die Praxis folgt aus der Entscheidung, dass bei Verschmelzungen oder Spaltungen auf eine Kapitalerhöhung beim übernehmenden Rechtsträger (wenn möglich) verzichtet werden sollte. Dies ist insbesondere bei konzerninternen Umwandlungsmaßnahmen vorstellbar, wenn und soweit es wirtschaftlich nicht notwendig ist, den übertragenden Rechtsträger oder dessen Gesellschafter durch die Ausgabe neuer Anteile am übernehmenden Rechtsträger für die Vermögensübertragung zu entschädigen (Leuering/Rubner, NJW-Spezial 2024, 687). Unabhängig davon profitieren die Beteiligten bei Umwandlungsmaßnahmen größeren Umfangs von der Gebührenbegrenzung, die durch die Zusammenrechnung gemäß § 35 Abs. 1 GNotKG vorgesehen ist.