13.12.2024
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
AG Dresden
09.08.2023
572 RES 1/23
NZI 2023, 968
Gegenstand der Entscheidung ist die Bestellung eines obligatorischen bzw. hilfsweise eines fakultativen Restrukturierungsbeauftragten in einer öffentlichen Restrukturierungssache, in der die Schuldnerin allein Gestaltungen der Rechte der Aktionäre beabsichtigt. Die Beteiligten wurden zur Höhe des Stundensatzes und des Höchstbetrags der Vergütung angehört.
Das Gericht prüft zunächst die internationale Zuständigkeit und hebt hervor, dass keine anderen Gläubiger betroffen sind. Der Restrukturierungsplan betrifft nur die Aktionäre, und es ist offen, wie viele Aktionärsgruppen gebildet werden.
Die Voraussetzungen für die amtswegige Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten nach § 73 I Nr. l StaRUG liegen vor. Ein vorheriger Gesellschafterbeschluss zur Einleitung der Restrukturierungsanzeige ist entgegen vereinzelter Meinung (zumindest derzeit) nicht erforderlich, da sie keine satzungsändernde Wirkung hat, wesentliche Unterschiede zur Insolvenzantragstellung bei drohender Zahlungsunfähigkeit nach § 18 InsO bestehen und die mit der Herbeiführung eines Gesellschafterbeschlusses verbundene Zeitverzögerung die gesetzgeberische Intension schneller Restrukturierung bei drohender Zahlungsunfähigkeit konterkarieren würde (s. dazu stellvertretend Mock, NZI 2023, 584 und Skauradszun/Fridgen, StaRUG § 2 Rn. 87.1 u. 87.2 m.w.N.).
Darüber hinaus liegen auch die Voraussetzungen für die hilfsweise beantragte Bestellung des Restrukturierungsbeauftragten nach § 77 I StaRUG (sog. Fakultativer Restrukturierungsbeauftragter) vor. Bei dem auf Antrag der Schuldnerin bestellten Restrukturierungsbeauftragten Rechtsanwalt Prof. Dr (...) handelt es sich gem. § 74 StaRUG (bzw. § 78 I StaRUG i.V.m. § 74 I StaRUG) um eine geeignete, insbesondere geschäftskundige und von den Gläubigern und der Schuldnerin unabhängige Person.
Der Restrukturierungsbeauftragte wird gem. § 74 StaRUG zur Wahrung der Rechte der in § 73 I Nr. 1 StaRUG Genannten bestellt.
Es wird darauf hingewiesen, dass die Restrukturierungsanzeige gem. § 32 IV Nr. 4 StaRUG auch dann ihre Wirkung verliert, wenn seit der Anzeige sechs Monate oder, sofern der Schuldner vorher die Anzeige erneuert hat, zwölf Monate vergangen sind.
Gemäß § 81 IV StaRUG ist mit der Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten der Stundensatz und zugleich der Höchstbetrag für das Honorar festzusetzen.
Gemäß § 81 III StaRUG sind bei der Bestimmung des Höchstsatzes die Unternehmensgröße, Art und Umfang der wirtschaftlichen Schwierigkeiten sowie die Qualifikation des Restrukturierungsbeauftragten zu berücksichtigen. Nach § 81 III 2 StaRUG beläuft sich die Vergütung im Regelfall auf bis zu 350 EUR. Das Gericht setzt den Stundensatz nach Anhörung der Beteiligten auf 350 EUR für den Restrukturierungsbeauftragten, auf 200 EUR für qualifizierte anwaltliche Mitarbeiter und 160 EUR auf sonstige qualifizierte Mitarbeiter, sowie den Gesamtbetrag auf 20.000 EUR fest. Ein entsprechender Stundensatz erscheint unter Berücksichtigung der Qualifikation des Restrukturierungsbeauftragten und seiner qualifizierten Mitarbeiter angemessen, da es sich bei der börsennotierten Ast. um ein größeres Unternehmen handelt und die übertragene.
Beim vorliegenden Beschluss handelt es sich um die Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten. Die in der Dresdner Restrukturierungssache vorgesehenen Plangestaltungen beziehen sich allein auf die Aktionäre der Schuldnerin (§ 2 III StaRUG). Daher unterstreicht die Entscheidung den Kurs, dass das StaRUG in der Praxis insbesondere zur Umsetzung gesellschaftsrechtlicher Restrukturierungsmaßnahmen gebraucht wird.
Des Weiteren kann die Entscheidung des AG Dresden als teleologische Extension (Erweiterung basierend auf dem Sinn und Zweck der Norm) begründet werden, um die Rechte von Verbrauchern und kleinen Unternehmen auch als Aktionäre zu schützen. Eine solche Auslegung könnte notwendig sein, um eine Gesetzeslücke zu schließen und sicherzustellen, dass schutzbedürftige Gruppen ihre Interessen wirksam vertreten können.
Das AG Dresden verlangt in seiner Entscheidung zudem keinen Beschluss der Hauptversammlung (oder des Aufsichtsrats) für das Restrukturierungsvorhaben einer AG. Diese Entscheidung formuliert das AG Dresden sogar unabhängig von der Rechtsform des Unternehmens und stellt fest, dass das Verlangen eines solchen Beschlusses nicht mit dem Ziel des StaRUG, Holdout-Probleme zu überwinden, vereinbar wäre. Daher ergibt sich der Hinweis für die Praxis, dass es im Fall der AG keiner Einholung eines billigenden Hauptversammlungsbeschlusses durch den Vorstand vor der Anzeige des Restrukturierungsvorhabens nach § 31 StaRUG bedarf. Für GmbHs hingegen wurde in den Hamburger und Berliner Entscheidungen ein gesellschaftsrechtlicher Billigungsbeschluss vor der Anzeige des Restrukturierungsvorhabens nach § 31 StaRUG gefordert (Kümpel, NZI 2023, 968).