07.03.2025
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
OLG Brandenburg
22.04.2024
5 U 188/22
NJW-RR 2024, 1136
Vererblichkeit eines Rückübertragungsanspruchs an einem Grundstück [ PDF ]
Ein in einem Grundstücksüberlassungsvertrag vereinbarter Rückübertragungsanspruch ist vererblich und stellt keinen höchstpersönlichen Anspruch dar, der mit dem Tod des Veräußerers erlischt.
Der Erblasser übertrug der Beklagten ein Grundstück mit einem lebzeitigen Belastungs- und Veräußerungsverbot. Das Verbot untersagte es der Beklagten, das Grundstück ohne Zustimmung des Erblassers zu belasten oder veräußern, solange dieser lebte. Für den Fall des Verstoßes gegen dieses Verbot sah der Vertrag einen unentgeltlichen Rückübertragungsanspruch vor. Nach dem Tod des Erblassers macht die Alleinerbin Ansprüche aus dem Grundstücküberlassungsvertrag gegen die Beklagte geltend. Sie behauptet, dass diese das Grundstück vor dem Tod des Erblassers ohne dessen Zustimmung veräußerte. Die Klägerin verlangt die Rückübertragung des Grundstücks, hilfsweise Schadensersatz in Höhe des Erlöses aus der Veräußerung. Das LG Potsdam verurteilte die Beklagte zur Zahlung des Erlöses. Gegen dieses Urteil legte die Beklagte Berufung ein.
Die Berufung der Beklagten ist erfolglos.
Der Anspruch der Alleinerbin auf Rückübertragung des Grundstücks ergibt sich aus §§ 285 I, 1922 I BGB iVm dem Grundstücksüberlassungsvertrag. Der Rückübertragungsanspruch stellt eine Rechtsposition des Erblassers aus einem rechtsgeschäftlichen Schuldverhältnis dar, die gemäß § 1922 I BGB grundsätzlich auf die Alleinerbin übergeht. Eine Ausnahme hiervon besteht nur, wenn der Anspruch höchstpersönlicher Natur ist und lediglich dem Erblasser zustehen soll. Ob der Anspruch vererbbar ist oder mit dem Ableben des Übergebers erlischt, ist im Wege der Auslegung des Grundstückvertrages zu ermitteln (§157 BGB).
Der Wortlaut enthält zur Vererblichkeit keine ausdrückliche Formulierung. Insofern lässt sich dem Überlassungsvertrag grundsätzlich nicht entnehmen, dass der Rückübertragungsanspruch mit dem Ableben des Veräußerers erlöschen sollte. Zwar war für den Erwerber möglicherweise nicht erkennbar, dass der Rückübertragungsanspruch auch über den Tod des Veräußerers hinaus Bestand haben könnte. Allerdings spricht der Umstand, dass die Vertragsparteien einen Ausschluss der Rückübertragung für den Todesfall nicht geregelt haben, vielmehr für das Fortbestehen des Anspruchs. Zudem gibt es keinen allgemeinen rechtlichen Grundsatz, der besagt, dass Rückforderungsansprüche „im Zweifel“ nicht vererblich sind. Betrachtet man die Systematik des Vertrages, fällt auf, dass an einer anderen Stelle ein Mitnutzungsrecht des Erblassers am Gartengrundstück vereinbart wurde. Dieses Mitnutzungsrecht wurde jedoch nicht in Verbindung mit dem Veräußerungsrecht geregelt, weshalb nicht darauf geschlossen werden kann, dass das Veräußerungsverbot allein deshalb in den Vertrag aufgenommen wurde, um das Mitbenutzungsrechts abzusichern.
Auch die eventuellen Rechtsfolgen stehen einer Einordnung des Rückübertragungsanspruchs als höchstpersönlich entgegen. Würde der Erblasser selbst einen solchen geltend machen, aber vor der rechtskräftigen Entscheidung versterben, wäre der Rechtsstreit schon deswegen aussichtslos. Eine derartige Auslegung ist dem Parteiwillen nicht zu entnehmen.
Da der Rückübertragungsanspruch an eine aufschiebende Bedingung geknüpft ist, sind Überlegungen zum Schenkungswiderruf gemäß § 530 BGB irrelevant.
Indem die Beklagte das Grundstück ohne der Zustimmung des Erblassers verkaufte, verstieß sie gegen das Veräußerungsverbot. Bei einem Verstoß sieht der Vertrag eine unentgeltliche Rückübertragung an den Veräußerer vor. Da die Rückübertragung aufgrund des Verkaufs des Grundstücks unmöglich geworden ist (§ 275 BGB) und die finanziellen Mittel für einen Rückerwerbs fehlen, ist die Beklagte gemäß § 285 I BGB verpflichtet, den Erlös aus dem Verkauf an die Alleinerbin herauszugeben (rechtsgeschäftliches Surrogat).
Um Auslegungskonflikte über die Vererblichkeit von Rückübertragungsansprüchen zu vermeiden, sollten die Parteien bei der Ausgestaltung von Grundstücksüberlassungsverträgen klar formulieren, ob der Anspruch auch über den Tod des Veräußerers hinaus fortbestehen soll.