OLG Celle 18 W 39/20
Nachträgliche Begründung von Sondernutzungsrechten mittels in der Teilungserklärung eingeräumter Vollmacht

02.03.2022

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Celle
26.10.2020
18 W 39/20
DNotZ 2021, 970

Leitsatz | OLG Celle 18 W 39/20

Für die nachträgliche Begründung von Sondernutzungsrechten ist die Zustimmung der dinglich Berechtigten dann erforderlich, wenn die ursprüngliche Eigentümerin lediglich eine Vollmacht zur einseitigen Bestimmung der Sondernutzungsflächen innehat, welche nicht näher konkretisiert und bestimmt sind. Die Zustimmung ist dann erforderlich, wenn diese Bedingung nicht einschränkend und mit dinglicher Wirkung im Grundbuch vorgesehen ist oder ihr die alleinige Nutzung unter Ausschluss der übrigen Eigentümer vorbehalten blieb.

(nichtamtl. Leitsatz)

Sachverhalt | OLG Celle 18 W 39/20

Die Beteiligte zu 1 verlangt die Eintragung von Sondernutzungsrechten an einem Grundstück. Sie teilte das vorhandene Grundstück in den Jahren 1996/1997 in Wohnungs- bzw. Teileigentum. Die letzten Anteile veräußerte sie in den Jahren 2016/2017 an die seit 2017 als Eigentümer eingetragenen Beteiligten zu 4, 5 und 6. Ihr Verlangen nach Sondernutzungsrechten stützt die Beteiligte zu 1 auf die in der ursprünglichen Teilungserklärung enthaltenen Vollmacht. Darin heißt es, dass die Beteiligte zu 1 berechtigt sei, über das Sondernutzungsrecht hinaus bei Veräußerung von Wohnungseigentum nach ihrem eigenen Ermessen Sondernutzungsrechte dem jeweiligen veräußerten Wohnungseigentum zuordnen könne. Sie erteile hierzu als Eigentümerin aller Wohnung- und Teileigentumsrechte ihre Zustimmung. Daraufhin ergänzte die Beteiligte zu 1 mit notarieller Urkunde vom 07.02.2020 die Gemeinschaftsordnung dahingehend, dass dem jeweiligen Grundbesitz die in der beigefügten Skizze gekennzeichneten Flächen als Sondereigentum zugeordnet werden sollen. Zusätzlich hat sie die entsprechende Eintragung in die Grundbücher bewilligt und beantragt.

Das Grundbuchamt weist die Beteiligte zu 1 mit Verfügung vom 31.03.2020 darauf hin, dass die Vereinbarung aller Miteigentümer zur Begründung von Sondernutzungsrechten erforderlich sei. Die Bewilligungen der Miteigentümer könne nachgereicht werden. Der Beschwerde des Notars vom 23.07.2020 hat das Grundbuchamt nicht abgeholfen.

Entscheidung | OLG Celle 18 W 39/20

Die Beschwerde des Notars sei gemäß §§ 71 ff. GBO zulässig und als Beschwerde der Beteiligten zu 1, vertreten durch den Notar, auszulegen. Allerdings ist sie unbegründet und hat daher keinen Erfolg.
Die Bewilligung der übrigen Miteigentümer sei nicht entbehrlich und auch nicht im Sinne einer Vollmacht durch die Beteiligte zu 1 ersetzt worden. Vielmehr sei bei einer nachträglichen Begründung von Sondernutzungsrechten sachlich-rechtlich die Einigung sämtlicher Wohnungseigentümer und im Hinblick auf § 10 Abs. 2 WEG, die Eintragung in das Grundbuch erforderlich. Darüber hinaus sei die Zustimmung der nachträglich betroffenen dinglich Berechtigten erforderlich. Mithin sei die Bewilligung der übrigen Beteiligten erforderlich, da diese durch die Eintragung ihr bisheriges Recht an der Gemeinschaftsfläche verlieren würden und somit von der Bewilligung betroffen wären (§ 19 GBO).

Entgegen der Ansicht des Notars sei die Bewilligung nicht durch eine Vollmacht der Beteiligten zu 1 ersetzt worden. Es handele sich dabei lediglich um eine Vollmacht zur einseitigen Bestimmung der nicht näher bestimmten Sondernutzungsflächen. Allerdings war diese Bedingung weder einschränkend noch mit dinglicher Wirkung im Grundbuch vorgesehen und daher nicht möglich. Auch sollte der Beteiligten zu 1 nicht die alleinige Nutzung der noch aufzuteilenden Flächen unter Ausschluss der übrigen Eigentümer vorbehalten bleiben. Die Entbehrlichkeit der Zustimmung setze nämlich die genaue Festlegung in der Gemeinschaftsordnung, hinsichtlich welcher Flächen die Wohnungs- und Teileigentümer vom Mitgebrauch ausgeschlossen sein sollen, voraus. Außerdem würde die vorliegende Ermächtigung bei einer Verdinglichung i.S.d. § 10 Abs. 3 WEG nicht dem sachen- und grundbuchrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz entsprechen.

Damit sei zutreffend, dass das Grundbuchamt die Bewilligung der übrigen betroffenen Eigentümer bedürfe.

Praxishinweis | OLG Celle 18 W 39/20

In einer Gemeinschaftsordnung, die sich auf die Teilung eines Grundstücks bezieht und eine spätere Zuweisung von Sondernutzungsrechten ermöglich soll, sollte der Umfang und die Gestaltung dieses Sondernutzungsrecht so präzise wie möglich formuliert und festgehalten werden. Es sollte schon vor einer Übertragung von Eigentumsrechten ein Sondernutzungsrecht in das Grundbuch in Gestalt einer aufschiebenden Bedingung eingetragen werden.