BFH IX R 13/23
Keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken bei Überlassung an (Schwieger-)Mutter

10.07.2024

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BFH
14.11.2023
IX R 13/23
DStR 2024, 177

Leitsatz | BFH IX R 13/23

Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im Sinne des Befreiungstatbestands des § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Satz 3 EStG liegt nicht vor, wenn die Nutzungsüberlassung an die (Schwieger-)Mutter des Steuerpflichtigen erfolgt.

Sachverhalt | BFH IX R 13/23

Die Kläger sind miteinander verheiratet und wurden im Streitjahr 2017 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Mit notariell beurkundetem Vertrag erwarben die Kläger 2009 zu jeweils hälftigem Miteigentum eine noch zu errichtende Eigentumswohnung zum Kaufpreis von 177.300 €. Diese überließen sie seit der Fertigstellung unentgeltlich an die Mutter der Klägerin. Nach deren Tod 2016 verkauften die Kläger die Eigentumswohnung mit notariell beurkundetem Vertrag 2017 für 220.000 €. Im Einkommensteuerbescheid 2019 berücksichtigte das beklagte Finanzamt den von den Klägern erklärten Gewinn aus der Veräußerung der Eigentumswohnung als privates Veräußerungsgeschäft (Kläger: 16.388 €, Klägerin: 16.389 €). Hiervon zog das Finanzamt Verlustvorträge aus privaten Veräußerungsgeschäften (Kläger: 1.835 €, Klägerin: 13.415 €) ab und berücksichtigte im Ergebnis für die Einkommensteuerfestsetzung sonstige Einkünfte für den Kläger in Höhe von 14.553 € und für die Klägerin in Höhe von 2.974 €. Zugleich stellte das Finanzamt den verbleibenden Verlustvortrag aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von jeweils 0 € gesondert fest. Der dagegen eingelegte Einspruch, blieb ohne Erfolg.

Entscheidung | BFH IX R 13/23

Die Revision ist unbegründet. Entgegen der Ansicht der Revision wurde die veräußerte Eigentumswohnung durch die Kläger nicht zu eigenen Wohnzwecken im Sinne von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 Satz 3 EStG genutzt. Der Ausdruck "Nutzung zu eigenen Wohnzwecken" setzt in beiden Alternativen des § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Satz 3 EStG voraus, dass eine Immobilie zum Bewohnen dauerhaft geeignet ist und vom Steuerpflichtigen auch bewohnt wird. Der Steuerpflichtige muss das Gebäude zumindest auch selbst nutzen; unschädlich ist, wenn er es gemeinsam mit seinen Familienangehörigen oder einem Dritten bewohnt. Dafür genügt nicht, wenn der Steuerpflichtige unter der Adresse der Immobilie lediglich mit seinem Wohnsitz gemeldet ist, sich dort aber allenfalls für Besuchsaufenthalte aufhält. Ein Gebäude wird zwar auch zu eigenen Wohnzwecken genutzt, wenn der Steuerpflichtige es einem einkommensteuerlich zu berücksichtigendem Kind unentgeltlich zu Wohnzwecken überlässt. Keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken liegt hingegen vor, wenn die Überlassung neben dem einkommensteuerlich zu berücksichtigendem Kind zugleich an einen Dritten (zum Beispiel die Kindesmutter beziehungsweise den Kindesvater) erfolgt. Nach diesen Maßstäben erfolgte keine Nutzung der Immobilie zu eigenen Wohnzwecken unmittelbar durch die Kläger. Es kann ihnen keine mittelbare Nutzung zu Wohnzwecken durch die Überlassung der Eigentumswohnung an die Mutter der Klägerin zugerechnet werden.

Als steuerliche Begünstigung ist der Tatbestand der Steuerbefreiung nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG eng auszulegen. Soweit einkommensteuerlich zu berücksichtigende Kinder von der Steuerbegünstigung umfasst sind, besteht keine Veranlassung, den Anwendungsbereich des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG über diese Fälle hinaus auszuweiten. Anders als bei einem steuerlich zu berücksichtigendem Kind, für welches regelmäßig eine Unterhaltspflicht besteht und Unterhaltsaufwendungen erbracht werden, kann in den übrigen Fällen eine Unterhaltspflicht sowie das Anfallen entsprechender Aufwendungen nicht ohne weiteres angenommen werden. Im Übrigen war der Kläger mit seiner Schwiegermutter nur verschwägert und somit mangels Verwandtschaftsverhältnisses nicht zum Unterhalt verpflichtet.

Praxishinweis | BFH IX R 13/23

Der Tatbestand der Steuerbegünstigung gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG ist eng auszulegen. Der Steuerpflichtige muss das Gebäude auch selber nutzen, wobei eine bloße Anmeldung des Wohnsitzes oder Gelegenheitsbesuche nicht ausreichen. Die Nutzung kann dabei auch zurechenbar durch ein einkommensteuerlich zu berücksichtigendem Kind erfolgen, soweit der Steuerpflichtige dem Kind die Wohnung unentgeltlich und ausschließlich überlassen hat. Nicht umfasst von der steuerlichen Begünstigung sind andere Angehörige wie z.B die (Schwieger-)Eltern.