26.06.2023
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
OLG Jena
18.02.2022
3 W 8/22
NotBZ 2022, 460
Eigentümerin des zur Rede stehenden Grundstücks ist laut Grundbuch die Frau I. Sie wurde laut eines in der Grundakte befindlichen Erbscheins vom 05.03.2021 von Herr J als alleinigem Erbe beerbt. Der Erbe verkaufte das Grundstück an die Antragsteller und die Vertragsbeteiligten erklärten die Auflassung. Die, von J bewilligte, Auflassungsvormerkung wurde daraufhin ins Grundbuch eingetragen. In der Ziffer IV der Urkunde tragen die Vertragsbeteiligten Vereinbarungen zur Kaufpreisfinanzierung. Der Erbe bevollmächtigte die Antragsteller, ihn bei der Bestellung entsprechender Grundschulden zur Sicherung der Kaufpreisfinanzierung zu vertreten – auch im Bezug auf die Erklärungen gegenüber dem Grundbuchamt. Die Antragsteller bestellten daraufhin zugunsten der Sparkasse M eine Grundschuld in Höhe von 300.000 Euro nebst Zinsen und Nebenleistungen und sie bewilligten und beantragten die Eintragung im Grundbuch.
Auf den Vollzugsantrag des Notars beim Grundbuchamt hin erließ das Grundbuchamt dann eine Zwischenverfügung. Es beanstandete die fehlende Voreintragung des Erben, der die Eintragung bewilligte § 39 I GBO. Die Ausnahmevorschrift § 40 I GBO sei vorliegend nicht einschlägig, weil es sich nicht um die Übertragung oder um die Aufhebung eines Rechts handele. Die analoge Anwendung des § 40 GBO käme auch nicht in Betracht, unter anderem weil die Eintragung einer Grundschuld nicht mit der einer Auflassungsvormerkung zu vergleichen sei. Die Grundbuchrechtspflegerin setzte zur Behebung des Eintragungshindernisses durch Antrag auf Grundbuchberichtigung eine Frist und kündigte die Zurückweisung des Eintragungsantrags an, sollte die Frist fruchtlos ablaufen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde, die durch den Notar eingelegt wurde. In Übereinstimmung mit der jüngeren Rechtsprechung mehrerer Oberlandesgerichte sei § 40 GBO entsprechend anwendbar auf die Bewilligung von Finanzierungsgrundschulden aufgrund postmortaler Vollmachten. Der Telos der Norm sei die Kosten einer unnötigen Eintragung zu sparen. Weiterhin solle das Grundbuch von unnötigen Eintragungen freigehalten werden, also auch dann, wenn wie hier bei vertragsgemäßem Vollzug des Kaufvertrags feststeht, dass der Erbe ohnehin aus dem Grundbuch wieder ausscheiden würde durch die Übertragung des Erbes. Eine Finanzierungsgrundschuld sei im Grundbuch durch ihre zeitliche Nähe zum Kaufvertrag ohnehin ohne Weiteres erkennbar.
Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem OLG München vorgelegt.
Die zulässige Beschwerde hatte keinen Erfolg.
Das Grundbuchamt habe zu Recht die Eintragung der Grundschuld von der Voreintragung des Erben nach § 39 I GBO abhängig gemacht. Auch die, auf Berichtigung des Grundbuchs in Bezug auf die Eigentümereintragung gerichtete Zwischenverfügung § 18 GBO zur Beseitigung des Eintragungshindernisses sei zu Recht gewesen.
Die Frage, ob die Voreintragung der Erben nach §§ 39, 40 GBO bei der Eintragung der Finanzierungsgrundschuld erforderlich ist, ist in der Rechtsprechung stark umstritten. Für den Fall, dass ein postmortal Bevollmächtigter über ein Grundstück verfügt und es mit einer Finanzierungsgrundschuld belastet hat, wird das Erfordernis der Voreintragung z.T. verneint. Das Handeln des postmortalen Bevollmächtigten sei rechtskonstruktiv mit dem Handeln eines Nachlasspflegers vergleichbar. Für diesen gelte dann jedoch ausdrücklich die Ausnahme vom Voreintragungsgrundsatz § 40 I Alt. 2 Fall 2 GBO. Da aber vorliegend die Bestellung der Grundschuld nicht aufgrund postmortaler Vollmacht erfolgt sei, sei dies vorliegend nicht zu entscheiden gewesen.
Allerdings spreche für einen Verzicht auf die Voreintragung der Telos des § 40 GBO. Wie auch der Notar (s.o.) in dem Fall argumentierte, sei der Zweck der Norm unnötige Kosten der Eintragung zu ersparen und unnötige Eintragungen im Grundbuch zu vermeiden. Weiterhin sei eine Differenzierung zwischen der Eintragung einer Auflassungsvormerkung und der Eintragung einer Finanzierungsbelastung nicht gerechtfertigt. In beiden Konstellationen stünde von vornherein fest, dass eine Eintragung des Käufers im Grundbuch innerhalb recht kurzer Zeit erfolgen würde. Träfe diese Auffassung zu, würde es vorliegend der Voreintragung des Erben selbst nicht bedürfen, der Senat folgt ihr jedoch nicht.
§ 40 I GBO sei seinem Wortlaut nach im Fall der Belastung eines Grundstücks mit einem Grundpfandrecht durch den noch nicht im Grundbuch eingetragenen Erben nicht direkt anwendbar. Es handele sich nicht um die Übertragung oder Aufhebung eines Rechts. Weiterhin sei § 40 GBO jedoch auch nicht analog anwendbar, er sei als Ausnahmevorschrift eng auszulegen. Vorliegend mangele es bereits an der planwidrigen Regelungslücke. Die grundsätzliche Problemlage sei seit einer Entscheidung des Reichsgerichts in 1916 bekannt, aber vom Gesetzgeber sei eine Änderung des § 40 GBO nie angestrebt worden. Weiterhin könne eine Finanzierungsgrundschuld, also die Bestellung einer Belastung, schon nicht mit der Übertragung eines Rechts in § 40 GBO gleichgesetzt werden. Während der Verzicht auf eine Voreintragung in den gesetzlich geregelten Fällen wird dadurch gerechtfertigt, dass in den Fällen einer Aufhebung oder Übertragung eines Rechts die Einhaltung des § 39 GBO eine reine Förmelei sei. Mit der Eintragung der Aufhebung/Übertragung würde das Voreingetragene sowieso sofort seine Rechtsposition wieder verlieren. Damit bestünde auch für den Rechtsverkehr kein Interesse daran den Zwischenerwerb im Grundbuch festzuhalten. Allerding sei die Eintragung einer Belastung davon klar zu unterscheiden. Der Bewilligende verliert mit dieser Eintragung nicht seine Rechtsposition, sie wird nur inhaltlich verändert. Dabei bestünde die Gefahr, dass beim Scheitern des Erwerbsvorgangs ein Grundpfandrecht eingetragen bliebe, bezüglich dessen nicht klar erkennbar wäre, auf wen die dauerhafte Belastung des Grundstücks zurückzuführen sei. Es sei auch zu beachten, dass aus der Praxis bekannt sei, dass die zeitliche Nähe zwischen beiden Eintragungen nicht unbedingt gegeben sei. Die Eintragung des Käufers in das Grundbuch kann sich auch verzögern.
Dass die Finanzierungsgrundschuld wirtschaftlich der Übertragung eines Grundstücks dient und sie im sachlichen Zusammenhang mit dieser im Grundbuch eingetragen wird, rechtfertige keine rechtliche Gleichstellung mit dieser und darum auch keine analoge Anwendung des § 40 GBO.
Eine Zwischeneintragung ist notwendig, wenn nicht die gesetzlich geregelten Fälle des § 40 GBO vorliegen. Die Eintragung eines Grundpfandrechts ist nicht mit der Eintragung einer Auflassungsvormerkung zu vergleichen, bei der § 40 GBO nach h.M. analog anwendbar ist! Die Auflassungsvormerkung unterliegt wegen ihrer Abhängigkeit von dem Bestehen des zu sichernden Anspruchs der Grundbuchberichtigung für den Fall, dass z.B. die Übertragung scheitert.