05.07.2024
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
OLG Dresden
10.06.2024
17 W 345/24
n. v.
Kein Verzicht auf die Voreintragungspflicht bei Ausscheiden der GbR aus dem Grundbuch [ PDF ]
Zur Eintragung einer Auflassungsvormerkung und einer Grundschuld ist die vorherige Eintragung der Eigentümer-GbR in das Gesellschaftsregister und die korrespondierende Richtigstellung des Grundbuchs erforderlich. Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB ist nicht der teleologischen Reduktion zugänglich, wenn die Gesellschaft nach der Veräußerung aus dem Grundbuch ausscheidet und liquidiert wird.
(nicht amtlich)
Eine GbR ist als Eigentümerin eines Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Mit notariell beurkundetem Grundstückskaufvertrag vom 14.03.2024 veräußerte sie das oben genannte Grundstück. Mit Urkunde vom gleichen Tag veranlassten die Gesellschafter die Eintragung der GbR in das Gesellschaftsregister, eine entsprechende Richtigstellung des Grundbuchs wurde nicht vorgenommen.
Mit Schreiben vom 20.03.2024 beantragte der Notar beim Grundbuchamt unter Vorlage der Kaufvertragsurkunde und einer Urkunde zur Grundschuldbestellung die Eintragung einer Auflassungsvormerkung sowie den Vollzug der Grundschuldbestellungsurkunde.
Das Grundbuchamt lehnte die Eintragung ab. Zum einen sei der Eintrag im Gesellschaftsregister nachzuweisen und weiterhin durch notarielle Urkunde festzustellen, dass das gegenständliche Grundstück im Eigentum dieser konkreten eGbR stehe und die handelnden Gesellschafter auch die einzigen Gesellschafter der ursprünglich im Grundbuch eingetragenen GbR seien. Art. 229 § 21 EGBGB normiere dies und könne vorliegen auch nicht ausnahmsweise unangewendet bleiben.
Die Antragsteller hingegen sind der Ansicht, dass Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB teleologisch zu reduzieren sei. Eine Voreintragungspflicht sei entbehrlich, da andernfalls eine Eintragungsfassung drohe. Außerdem sei die GbR am 15.05.2024 in das Gesellschaftsregister eingetragen worden.
Die Richtigstellung im Grundbuch war jedoch noch nicht erfolgt.
Das Gericht folgt der Auffassung des Grundbuchamts. Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB regele, dass jede Verfügung der GbR über das Grundstück oder ein Grundstücksrecht die Eintragung der Gesellschaft in das Gesellschaftsregister und die entsprechende Richtigstellung des Grundbuchs voraussetze. Zwar handle es sich (ebenso wie bei § 47 Abs. 2 GBO) um eine „Soll-Vorschrift“, jedoch begründe diese mittelbar-faktisch eine Voreintragungspflicht, da dem Grundbuch kein Ermessen zustehe. Die Formulierung stelle lediglich sicher, dass eine entgegen der Vorschrift erfolgte Eintragung nicht unwirksam sei. Ohne Voreintragung könne ein gutgläubiger Erwerb aber nur stattfinden, wenn die im Register als Vertreter der Gesellschaft eingetragenen Personen gehandelt haben.
Eine teleologische Reduktion des Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB lehnt das Gericht ab. Der Gesetzgeber habe trotz entsprechender Vorschläge im Gesetzgebungsverfahren davon abgesehen eine entsprechende Ausnahmeregelung zu schaffen und überdies mehrfach die - das Ausscheiden der GbR aus dem Grundbuch zur Folge habende – Veräußerung von Grundbesitz als Anwendungsfall für die Bestimmung des Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB genannt.
Auch könne auf die Bestätigung der bisher nach altem Recht in das Grundbuch eingetragenen Gesellschafter nicht gem. Art. 229 § 21 Abs. 3 EGBGB verzichtet werden, denn der Antrag sei beim Grundbuchamt erst nach dem 31.12.2023 eingegangen.
Der Entscheidung des Gerichts ist zuzustimmen. Grundsätzlich wird bei jeder grundbuchrelevanten Verfügung über ein Grundstück die Voreintragungspflicht des Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB ausgelöst. Eine teleologische Reduktion kommt deshalb nicht in Betracht, weil die neue Systematik des Gutglaubensschutzes andernfalls konterkariert würde. War bisher gem. § 899a BGB a.F. das Grundbuch (eingeschränkter) Publizitätsträger, fällt diese Aufgabe nunmehr dem Gesellschaftsregister gem. § 707 a Abs. 3 S. 1 BGB, 15 HGB zu. Erfolgt die Voreintragung vor Verfügung über das Grundstück durch die Eigentümer-GbR nicht, so entsteht daher eine Lücke im Gutglaubensschutz (Freier in Heckschen/Freier § 3, Rn. 695 ff.). Die anschließende Liquidation der GbR oder deren (baldiges) Ausscheiden aus dem Grundbuch ändert an diesem Schutzbedürfnis nichts.
Im Übrigen widerspräche ein Verzicht auf die Voreintragung dem Willen des Gesetzgebers, der hierzu in den Gesetzgebungsunterlagen ausgeführt hat, dass die Eintragung, insb. im Fall der Veräußerung bzw. Übertragung eines Rechts, im Interesse des Rechtsverkehrs an Publizität hinsichtlich Existenz, Identität und ordnungsgemäßer Vertretung der Gesellschaft liege. So werde trotz Aufhebung des § 899a BGB ein gutgläubiger Erwerb ermöglicht (BT-Drs. 19/27635, S. 216; Freier in Heckschen Freier, § 3, Rn. 698).
Argumentieren ließe sich zwar, dass der bezweckte Gutglaubensschutz jedenfalls mit der Eintragung in das Gesellschaftsregister grundsätzlich besteht, da § 707 a Abs. 3 S. 1 BGB iVm. § 15 HGB unabhängig davon gilt, ob die eGbR auch als solche in das Grundbuch eingetragen ist. Jedoch hat der Gesetzgeber das (Vor-)Eintragungserfordernis gem. Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB ausdrücklich auch auf das Grundbuch erstreckt. Dies ergibt insbesondere im Zusammenspiel mit Art. 229 § 21 Abs. 3 EGBGB Sinn. Normiert wird insoweit, dass für die Richtigstellung des Grundbuchs die strengen Regeln der Grundbuchberichtigung Anwendung finden. Daraus folgt, dass die bislang im Grundbuch eingetragenen Gesellschafter die Identität der eGbR mit der im Grundbuch eingetragenen Gesellschaft bestätigen müssen. Dieser Schutz würde umgangen, wenn auf eine Berichtigung des Grundbuchs verzichtet würde.