08.11.2024
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
BGH
19.10.2023
V ZB 8/23
DNotZ 2024, 138
Die Erblasserin errichtete ein notarielles Testament, in dem sie drei Erbinnen einsetzte, sowie den Beteiligten zu 1) zum Testamentsvollstrecker ernannte. Nach dem Tod der Erblasserin wurden die Erbinnen als Eigentümerinnen des hinterlassenen Grundstücks, sowie der Vermerk eingetragen, dass Testamentsvollstreckung angeordnet ist. Der Beteiligte zu 1) als Testamentsvollstrecker verkaufte das Grundstück an den Beteiligten zu 2). Für den Beteiligten zu 2) wurde eine Auflassungsvormerkung eingetragen. Der Bruder der Erblasserin beantragte unterdessen einen Erbschein, der ihn als Alleinerben ausweisen sollte. Seiner Ansicht nach war die Erblasserin im Zeitpunkt der Errichtung des Testamentes testierunfähig.
Nachdem die Umschreibung des Grundstückseigentums auf den Beteiligten zu 2) beantragt wurde, verlangte das Grundbuchamt durch Zwischenverfugung, die Verfügungsbefugnis des Beteiligten zu 1) mittels Vorlage eines Testamentsvollstreckerzeugnisses gem. § 2368 BGB nachzuweisen.
Die gegen die Zwischenverfügung gerichtete Beschwerde hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Die Rechtsbeschwerde wurde zugelassen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Beteiligte zu 1) den Antrag auf Eigentumsumschreibung weiter.
Die zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
Das Grundbuchamt durfte die Eintragung vom Nachweis der Verfügungsbefugnis gem. § 2368 BGB abhängig machen. Gem. §§ 19, 20, 29 GBO setzt der Eigentumsumschreibungsantrag den Nachweis der Einigung und der Bewilligung des in seinem Recht Betroffenen voraus. Das Grundbuchamt hat daher die Verfügungsbefugnis des bewilligenden Testamentsvollstreckers zu prüfen. Als Nachweis dessen Verfügungsbefugnis ist gem. § 35 Abs. 2 Hs. 1 GBO ein Testamentsvollstreckerzeugnis nach § 2368 BGB (oder ein europäisches Nachlasszeugnis) erforderlich. Erfolgt jedoch - wie hier - die Erbfolge aufgrund einer Verfügung von Todes wegen, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, so genügt es, wenn die Verfügung und die Niederschrift über die Eröffnung der Verfügung vorgelegt werden, § 35 Abs. 2 Hs. 2 i.V.m. Abs. 1 S. 2 Hs. 1 GBO. Erachtet das Grundbuchamt jedoch die Verfügungsbefugnis aufgrund dieser Urkunden nicht für nachgewiesen, kann es trotzdem die Vorlage eines Testamentsvollstreckerzeugnisses verlangen, § 35 Abs. 2 Hs. 2 i.V.m. Abs. 1 S. 2 Hs. 2 GBO.
Nach nahezu einhelliger Auffassung sind dafür jedoch Zweifel tatsächlicher Art bei der Prüfung der Verfügung von Todes wegen erforderlich, die nur durch weitere Ermittlungen geklärt werden können. Zweifel sind dabei nicht schon durch die generelle Gefahr begründet, dass der Erblasser testierunfähig gewesen sein könnte. Erforderlich sind vielmehr konkrete Zweifel, etwa aufgrund eines fachärztlichen Gutachtens oder eines Urteils. Andernfalls wäre die Möglichkeit aus § 35 Abs. 2 Hs. 2 i.V.m. Abs. 1 S. 2 Hs. 1 GBO faktisch entwertet.
Sieht sich das Nachlassgericht jedoch dazu veranlasst, Ermittlungen anzustellen, hat das Grundbuchamt das nachlassgerichtliche Verfahren entsprechend der Aufgaben- und Zuständigkeitsverteilung abzuwarten. Der Ausgang des Verfahrens bereitet sodann den weiteren Weg des Verfahrens beim Grundbuchamt. Allein die Tatsache, dass das Nachlassgericht Ermittlungen anstrebt begründet aber bereits tatsächliche Zweifel i.S.v. § 35 I s. 2 Hs. 2 GBO, sodass das Grundbuchamt ein Testamentsvollstreckerzeugnis verlangen kann.
Anderes ergibt sich auch nicht aus einem möglichen gutgläubigen Erwerb der Auflassungsvormerkung. Der Testamentsvollstreckervermerk im Grundbuch (§ 52 GBO) vermittelt keinen guten Glauben an das Bestehen der Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers. Der Vermerk hat lediglich die (negative) Funktion, den gutgläubigen Erwerb vom nicht verfügungsbefugten Erben zu verhindern, nicht aber, den gutgläubigen Erwerb vom Vollstrecker zu ermöglichen. Insbesondere ist auch der Name der Person des Testamentsvollstreckers nicht eingetragen, weshalb Dritte bereits keinen guten Glauben hinsichtlich der Verfügungsbefugnis der verfügenden Person entwickeln können.
Es besteht kein Gutglaubensschutz für eröffnete Verfügungen von Todes wegen im Bezug auf deren Wirksamkeit.
In Fällen, in denen eine Testamentsvollstreckung vorgesehen ist, ist der gute Glaube in die Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers nur geschützt, wenn ein Testamentsvollstreckungszeugnis oder ein Europäisches Nachlasszeugnis vorliegt. Der Testamentsvollstreckervermerk im Grundbuch begründet jedenfalls keinen guten Glauben, sondern zerstört diesen lediglich in Bezug auf die Verfügungsbefugnis der Erben.