26.02.2010
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
KG Berlin
19.09.2009
Az. 23 U 15/09 – noch nicht rechtskräftig –
Grenzen für den Mehrheitsaktionär bei der Ausübung seiner Rechte [ PDF ]
Im entschiedenen Fall wurde mit den Stimmen des Mehrheitsaktionärs (93,4%) beschlossen, dass die nicht börsennotierte AG ihre wesentlichen Betriebsteile auf eine neu zu gründende gemeinnützige GmbH & Co. KGaA ausgliedert.
Die AG sollte nur deren Kommanditistin sein, während der Mehrheitsaktionär gleichzeitig die Stellung als Alleingesellschafter der Komplementärin innehatte.
Zudem sollte die AG künftig nur noch Einnahmen aus dem nicht auf die KGaA ausgegliederten Betriebsvermögen erzielen, indem eben dieses an die KGaA verpachtet würde. Über die geplanten Pachtverträge enthielt der Spaltungsplan aber keine genauen Angaben. In der Hauptversammlung wurde den Minderheitsaktionären lediglich beschieden, dass diese Verträge „marktüblich“ seien.
Der der Ausgliederung zustimmende Beschluss des Mehrheitsaktionärs wurde von den Minderheitsaktionären mit der Anfechtungsklage angegriffen. Die Klage hatte in der Berufungsinstanz Erfolg.
Das Kammergericht sah die Informationsrechte der Kläger verletzt und erklärte die gefassten Beschlüsse bereits aus diesem Grunde für nichtig. Darüber hinaus war das Verhalten des Mehrheitsaktionärs treuwidrig.
Da durch die Ausgliederung die AG ihrer wesentlichen Einnahmequelle verlustig gehe, sei es für die Aktionäre unabdingbar, dass diese Einzelheiten über die Pachtverträge erführen. Der Hinweis auf die „Marktüblichkeit“ sei in keiner Weise ausreichend.
Vielmehr hätte eine Prognose über die zu erwartenden Pachteinnahmen bereits im Ausgliederungsbericht enthalten sein müssen.
Darüber hinaus war der durch den Mehrheitsaktionär eingeschlagene Weg auch treuwidrig, denn er führte mittelbar zu einem vollständigen Verlust des Gewinnbezugsrechts der Minderheitsaktionäre bezüglich des ausgegliederten Betriebsteils.
Der besondere Clou des Vorgehens bestand nämlich darin, dass die KGaA als gemeinnützige Gesellschaft keinerlei Gewinne ausschütten durfte. Die Beteiligung als Kommanditistin an der KGaA ist daher wirtschaftlich vollkommen wertlos. Gegen den Willen der Minderheitsaktionäre hätte der Mehrheitsaktionär diese Vorgehensweise daher nicht beschließen dürfen.
Für die Praxis verdeutlicht die Entscheidung sehr eindrucksvoll, dass auch der absolut dominierende Aktionär sich nicht über die Mitgliedschaftsrechte der anderen Gesellschafter hinwegsetzen kann sondern diese auch bei allen scheinbar formaljuristisch wirksamen Beschlüssen zu beachten hat.
Bei Strukturmaßnahmen ist darüber hinaus besonderes Augenmerk darauf zu legen, dass die vorgeschriebenen Berichte substantiiert und konkret Auskunft über die wirtschaftlichen Konsequenzen der Maßnahme für die Gesellschaft geben.