OLG Naumburg 2 Wx 55/20
Fehlende Unterschrift unter einem Testament

28.06.2023

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Naumburg
30.07.2021
2 Wx 55/20
NotBZ 2022, 397

Leitsatz | OLG Naumburg 2 Wx 55/20

Eine eigenhändige Unterschrift unter einem Testament i.S.v. § 2247 Abs. 1 Satz 1 BGB muss räumlich so zu der letztwilligen Verfügung stehen, dass diese von ihr gedeckt ist. Diese für die Wirksamkeit des Testaments notwendige und unverzichtbare Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn sich die zeitgleich zur Errichtung des Testamentstextes geleistete Unterschrift auf einem anderen Blatt Papier befindet, welches weder körperlich mit dem Testament verbunden ist noch aus den Umständen des Einzelfalls ohne weiteres als äußere Fortsetzung und Abschluss der Testamentsurkunde verstanden werden kann.

Sachverhalt | OLG Naumburg 2 Wx 55/20

Die Erblasserin E war in zweiter Ehe mit dem vorverstorbenen W verheiratet. Ihre Tochter T stammt aus erster Ehe mit dem H und ist die Beteiligte zu 1. Am 13.02.2019 hatte die E ein notariell beurkundetes Testament errichtet und dieses auch in amtliche Verwahrung gegeben. Dieses Testament wurde dann am 08.10.2019 auf Antrag der Notarin an die E herausgegeben und sie wurde darauf hingewiesen, dass das Testament damit als widerrufen gilt. Am 08.10.2019 verfasste die E handschriftlich unter dem Schriftstück folgendes:

„Testament. Hiermit hebe ich alle Verfügungen von Todes wegen auf und testiere wie folgt neu: Ich setze als meine Erben die deutsche Krebshilfe für Kinder ein. In jedem Fall enterbe ich meine Tochter und meinen Enkel. S. D., den 08.10.2019“

Dieses Schriftstück ist nicht unterzeichnet.

Nach dem Tod der E eröffnet das Nachlassgericht (AG Merseburg) am 21.02.2020 das vorgenannte Schriftstück als Testament und weist im Protokoll daraufhin hin, dass mit der Eröffnung jedoch keine Klärung der Wirksamkeit des Testaments erfolgt. Im Mai desselben Jahres beantragt die T die Erteilung eines Erbscheins, der sie als Alleinerbin ausweist und beruft sich auf den Eintritt der gesetzlichen Erbfolge. Das Nachlassgericht stellte darauf fest, dass der Antrag der T zurückzuweisen sei und setzte die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses aus. Dabei stützte sich das AG vorrangig darauf, dass die Erblasserin am Tag der Testamentserrichtung ein weiteres Schreiben verfasst und unterzeichnet habe, mit dem die Herausgabe des notariellen Testaments vom 13.02.2019 begehrt worden sei, sowie die Entgegennahme eines neuen handschriftlichen Testaments. In der Gesamtbetrachtung der beiden Schriftstücke müsse man deshalb das zweite Schriftstück als eine neue Testamentserrichtung § 2247 BGB betrachten. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der T.

Entscheidung | OLG Naumburg 2 Wx 55/20

Das OLG Naumburg entschied zu Gunsten der T, die AG Entscheidung wurde aufgehoben und der begehrte Erbschein wurde angewiesen.

Der Erbschein, welchen die T begehrte, gebe die Erbfolge der E korrekt wieder. Die T sei im Wege der gesetzlichen Erbfolge § 1924 I BGB Erbin der E geworden. Das Nachlassgericht sei in seiner Entscheidung zu Unrecht davon ausgegangen, dass die gesetzliche Erbfolge durch Errichtung eines neuen Testaments ausgeschlossen worden sei.

Das notariell beurkundete und amtlich verwahrte Testament war durch die Rücknahme aus der Verwahrung widerrufen worden § 2256 I BGB, sowie auch eventuell bestehende frühere Testamente.

Weiterhin wurde das Testament vom 08.10.2019 nicht wirksam errichtet. Ein eigenhändiges Testament muss nach § 2247 I BGB vom Erblasser eigenhändig geschrieben und unterschrieben werden. Dabei ist die Unterschrift eine notwendige und unverzichtbare Voraussetzung für die Wirksamkeit der letztwilligen Verfügung, sie garantiert die Ernstlichkeit und die Willensbildung des Erblassers. Vorliegend mangelt es jedoch an eben diesem Merkmal, das Testament ist somit nichtig § 125 I BGB. Dies gilt auch dann, wenn bezüglich der Urheberschaft der Erblasserin keine Zweifel bestehen.

Dass der Namenszug auf dem eigenhändigen Schreiben der E als eigenhändige Unterschrift in Bezug auf die Herausgabe des Testaments gilt, ändere in Bezug auf die Errichtung des Testaments nichts. Die Unterschrift muss i.S.v. § 2247 I BGB in engem Bezug, auch räumlich, zu dem Testament stehen. Eben jener enge Bezug fehlt vorliegend, da sich die Unterschrift auf einem anderen Blatt Papier befindet und dieses auch nicht eng mit dem in Rede stehenden Schriftstück verbunden ist. Weiterhin bestünde auch kein anderer enger Zusammenhang zwischen den beiden Schriftstücken, der etwas an der Betrachtungsweise der Unterschrift der E ändern würde.

Zwar wurde in der Vergangenheit eine Unterschrift auf einem Begleitschreiben aus ausreichend anerkannt, allerdings nur dann, wenn dem Begleitschreiben keine eigenständige Bedeutung zugekommen ist. Dies war z,B. dann der Fall, wenn das Begleitschreiben ein bloßes Anschreiben an den Notar anlässlich der Übersendung des Testaments war. Dies ist damit zu begründen, dass an die Annahme eines inneren Zusammenhangs zwischen Unterschrift und Testament besonders hohe Anforderungen zu stellen sind wegen dessen Funktion. Vorliegend hatte der Herausgabeantrag einen eigenen Erklärungswert, damit keinen engen inneren Zusammenhang zu dem Testament vom 8.10.2019. Auch dass es im Herausgabeantrag heißt „(…) Ich bitte um Herausgabe des Testaments und in amtlicher Verwahrung des alten neuen Testaments“ ändert daran nichts. Ein ernsthafter Wille zu einer neuen Testamentserrichtung durch die E ist weder durch den Antrag, noch durch andere Umstände zu erkennen.

Aufgrund der Formunwirksamkeit des Testaments vom 08.10.2019 ist das Testament nichtig, ob der Inhalt des Schriftstücks zu unbestimmt ist, könne damit dahinstehen.

Praxishinweis | OLG Naumburg 2 Wx 55/20

Bei eigenhändigen Testamenten muss unbedingt auf den inneren/räumlichen Zusammenhang zwischen dem Inhalt der letztwilligen Verfügung und der Unterschrift geachtet werden. Weiterhin muss bei einem Herausgabeantrag eines amtlich verwahrten Testaments bedacht werden, dass dieses in der Folge widerrufen wird und ein neues Testament erneut verwahrt werden müsste.