22.08.2022
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
OLG Frankfurt am Main
25.10.2021
20 W 191/21
juris
Das Grundbuchamt hat im Rahmen des § 20 GBO das der Auflassung zugrunde liegende schuldrechtliche Grundgeschäft nicht zu überprüfen. Von daher darf das Grundbuchamt im Regelfall die Eigentumsumschreibung nicht deshalb ablehnen, weil die Auflassung nicht mit dem schuldrechtlichen Grundgeschäft übereinstimmt. Das Grundbuchamt hat mithin bei dem Vollzug einer Auflassung im Grundbuch auch eine im Rahmen des Kaufvertrags etwa zugesicherte Lastenfreiheit nicht zu prüfen.
Der Verfahrensbevollmächtigte reichte mit Schreiben vom 21.06.2021 eine Ausfertigung seiner notariellen Kaufvertragsurkunde vom 22.02.2021 beim Grundbuchamt ein und beantragte die Löschung des Insolvenzvermerks, die Eintragung des Eigentumswechsels und die Löschung der bereits für den Käufer eingetragenen Vormerkung. In Ziffer V. 2. der Urkunde hieß es, dass der Grundbesitz dem Käufer frei von allen nicht übernommenen im Grundbuch eingetragenen und nicht eingetragenen Belastungen oder Beschränkungen zu verschaffen sei. Unter Ziffer IX. 1. erklärten die Vertragsbeteiligten - die hiesigen Beschwerdeführer - die Auflassung. Unter Ziffer IX. 2. haben sie unter anderem bewilligt und beantragt, die Eigentumsübertragung im Grundbuch einzutragen.
Am 24.06.2021 wies das Grundbuchamt im Wege einer Verfügung mit einer Fristsetzung und unter Bezugnahme auf § 18 GBO darauf hin, dass die Erklärung der Übernahme einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit (Kanalleitung) nicht vorliegt. Das Grundbuchamt forderte daraufhin den Verfahrensbeteiligten auf, Entsprechendes in der Form des § 29 GBO nachzureichen. Mit Schreiben vom 29.06.2021 ist der Verfahrensbevollmächtigte diesem unter Hinweis auf § 44a Abs. 2 S. 1 und S. 2 BeurkG durch Einreichen einer weiteren Ausfertigung der Kaufvertragsurkunde nachgekommen. In der neuen Ausfertigung hieß es abweichen von der zuvor eingereichten Ausfertigung, dass die beschränkte persönliche Dienstbarkeit bestehen bleibe und vom Käufer übernommen werde.
Mit Schreiben vom 08.07.2021 verfügte das Grundbuchamt, dass der beantragten Eintragung ein Hindernis entgegensteht, da es sich bei der am 29.06.2021 eingereichten Ausfertigung der Kaufvertragsurkunde nicht um eine Schreibfehlerberichtigung nach § 44a BeurkG gehandelt habe und das Eintragungshindernis zudem auch nur durch eine entsprechende Ergänzungserklärung gem. § 29 GBO zu beheben sei. Im Anschluss legte der Verfahrensbevollmächtigte am 10.09.2021 Beschwerde gegen die Zwischenverfügung vom 24.06.2021 ein.
Durch Beschluss vom 15.09.2021 half das Grundbuchamt der Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten vom 10.09.2021 gegen die Zwischenverfügung vom 08.07.2021 nicht ab und legte sie dem Senat zur Entscheidung vor. Es begründete diese Entscheidung damit, dass der grundbuchliche Bestimmtheitsgrundsatz eindeutige und zweifelsfreie Erklärungen als Eintragungsgrundlage verlange. Wenn die Bestimmung des lastenfreien Übergangs nur schuldrechtlich Bedeutung haben solle, hätte dies durch den beurkundenden Notar zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht werden müssen. Eine eindeutige Erklärung sei mit Schreiben vom 29.06.2021 durch den Verfahrensbevollmächtigten eingereicht worden. Das gerügte Eintragungshindernis könne jedoch nur durch Ergänzungserklärung in Form des § 29 GBO behoben werden, nicht jedoch als Berichtigung eines Schreibfehlers.
Die Beschwerde ist gem. § 71 Abs. 1 GBO statthaft und in der Sache erfolgreich. Nach Ansicht des Senates sei die Zwischenverfügung zwar nicht formell zu beanstanden. Sie sei demgegenüber jedoch nicht gerechtfertigt, da es einer Ergänzungserklärung zur Bewilligung oder Auflassungserklärung, egal welchen Inhalts, nicht bedürfe.
Der Verfahrensbevollmächtigte hat mit seinem Schreiben vom 21.06.2021 an das Grundbuchamt die Eintragung des Eigentumswechsels aufgrund der von ihm vorgelegten notariellen Urkunde beantragt. Im Falle der Auflassung eines Grundstücks könne die Eintragung nur erfolgen, wenn die erforderliche Einigung des Berechtigten und des anderen Teils erklärt ist. Diese liege hier ausweislich Ziffer IX. 1. der notariellen Urkunde mit eindeutigem Inhalt vor; Gleiches gelte für die diesbezügliche Eintragungsbewilligung in Ziffer IX. 2. der notariellen Urkunde.
Demgegenüber habe das Grundbuchamt eine Ergänzung hinsichtlich der Verpflichtung des Beschwerdeführers, der Käuferin den betroffenen Grundbesitz frei von allen nicht übernommenen Belastungen zu verschaffen, verlangt. In der ursprünglichen Ausfertigung der notariellen Urkunde sei eine Übernahme der im Grundbuch noch eingetragenen Dienstbarkeit nicht enthalten gewesen und eine Löschung dieses Rechts auch nicht bewilligt oder beantragt worden, sodass zutreffend auf dieser Grundlage die Auflassung auch nicht dem übrigen notariellen Kaufvertrag entspräche. Nach Ansicht des Senates habe das Grundbuchamt i.R.d. § 20 GBO aber nicht das der Auflassung zugrundliegende schuldrechtliche Grundgeschäft zu überprüfen, sodass eine Ablehnung der Eigentumsumschreibung durch das Grundbuchamt aufgrund der mangelnden Übereinstimmung zwischen Auflassung und schuldrechtlichem Grundgeschäft nicht zulässig sei. Dies beziehe sich auch auf die Überprüfung einer zugesicherten Lastenfreiheit im Kaufvertrag. Eine Ausnahme bestehe nur in denjenigen Fällen, in denen ein Mangel des schuldrechtlichen Grundgeschäfts auch auf das dingliche Erfüllungsgeschäft übergreift, das heißt das schuldrechtliche Geschäft für nach dem Willen der Beteiligten für die Wirksamkeit oder den Inhalt verfahrensrechtlicher Eintragungsvoraussetzungen erforderlich ist. Dies sei beispielsweise der Fall, wenn einzelne schuldrechtliche Vereinbarungen zur Bedingung für ein dingliches Recht gemacht werden.
In Bezug auf den konkreten Sachverhalt käme es mithin nicht darauf an, ob und inwieweit sich das schuldrechtliche Grundgeschäft aufgrund der mit Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten vom 29.06.2021 vorgelegten weiteren Ausfertigung der notariellen Kaufvertragsurkunde anders darstellt und ob eine Berichtigung nach § 44a BeurkG möglich bzw. zulässig gewesen ist. Zudem liege im Ausgangsfall auch keine Ausnahme vor, insbesondere da die Auflassung bedingungsfeindlich ist.
Auch ein Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz sei nicht gegeben, da die in Ziffer IX. der notariellen Urkunde angegegebenen Grundbucherklärungen eindeutig seien und keinen Zusammenhang mit an anderer Stelle des Vertrages aufgenommenen schuldrechtlichen Vereinbarungen erkennen ließen. Im konkreten Fall seien die Grundbucherklärungen zusammen mit der Auflassung in einem eigenen Abschnitt zusammengefasst und in seinem solchen Fall dürfe mithin der Antrag auf Eintragung der Auflassung nicht von der Übernahme von Grundpfandrechten abhängig gemacht werden.
Mit dieser Entscheidung hat das OLG Frankfurt eine Grundsatzentscheidung dahingehend gefällt, inwieweit das schuldrechtliche Grundgeschäft für die Eigentumsüberschreibung relevant ist. Da eine Auflassung nicht mit dem schuldrechtlichen Grundgeschäft übereinstimmen muss, müssen Notare künftig bei der Beurkundung von Grundstückskaufverträgen, insbesondere in Bezug auf die Lastenfreiheit, nicht mehr beachten, als es in der notariellen Praxis bisher ohnehin erforderlich gewesen ist.