OLG Schleswig 2x W 36/24
Eintragung einer Zwangshypothek zu Lasten einer GbR auch ohne Eintragung im Gesellschaftsregister

17.02.2025

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Schleswig
20.06.2024
2x W 36/24
ZIP 2024, 1597

Leitsatz | OLG Schleswig 2x W 36/24

1. Grundsätzlich kann das Grundbuchamt im Anwendungsbereich des Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB über § 47 Abs. 2 GBO hinaus verlangen, dass die GbR im Gesellschaftsregister eingetragen wird (und gegebenenfalls das Grundbuch berichtigt wird), bevor sie über ein Recht verfügt.

2. Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB ist nicht anwendbar, wenn es um die Eintragung einer Zwangshypothek zu Lasten einer (nicht im Gesellschaftsregister eingetragenen) GbR geht, auch wenn die Vorschrift ihrem Wortlaut nach greift.

3. Die Nichtanwendung von Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB im Wege einschränkender Auslegung für den Fall der Eintragung einer Zwangshypothek ergibt sich aus dem Willen des (historischen) Gesetzgebers, dem Sinn und Zweck der Norm sowie dem Justizgewährungsanspruch des Gläubigers.

Sachverhalt | OLG Schleswig 2x W 36/24

Die Antragsstellerin und Beschwerdeführerin beantragte am 18.03.2024 beim AG (Vollstreckungsgericht) als Vollstreckungsmaßnahme die Eintragung einer Sicherungshypothek auf ein Grundstück, das im Eigentum einer GbR steht.
 
Das Grundbuchamt wies den Antrag mit Zwischenverfügung vom 17.04.2024 zurück mit der Begründung, die GbR müsse vor der Eintragung der Zwangssicherungshypothek im Gesellschaftsregister eingetragen und das Grundbuch entsprechend berichtigt werden (Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB). Der Gesetzgeber habe keine Ausnahmeregelung für Zwangsvollstreckungen gegen eine GbR vorgesehen.

Hiergegen legte die Antragsstellerin am 17.05.2024 Beschwerde ein und argumentierte, das Voreintragungserfordernis sei in solchen Fällen nicht anwendbar, da es die Rechte der Gläubiger beeinträchtige und die Zwangsvollstreckung durch die GbR verzögert oder vereitelt werden könne. Ihr müsse zumindest ein Antragsrecht entsprechend § 39 GBO zustehen. Dies ergebe sich aus dem Justizgewährungsanspruch.

Das AG half der Beschwerde mit Beschluss vom 22.05.2024 nicht ab und legte das Verfahren dem OLG Schleswig vor.

Entscheidung | OLG Schleswig 2x W 36/24

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Das Grundbuchamt hätte nicht verlangen dürfen, dass die GbR vor Eintragung der Zwangssicherungshypothek in das Gesellschaftsregister eingetragen und das Grundbuch entsprechend berichtigt wird.

Grundsätzlich könne das Grundbuchamt im Anwendungsbereich des Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB bei Eintragungen in das Grundbuch, die ein Recht einer GbR betreffen, verlangen, dass die GbR im Gesellschaftsregister eingetragen wird (und ggf. das Grundbuch berichtigt wird), bevor sie über ein Recht verfügt. Allerdings sei Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB auf den (vorliegenden) Fall der Eintragung einer Zwangshypothek zu Lasten der GbR nicht anwendbar, auch wenn die Vorschrift ihrem Wortlaut nach greife. Im Ergebnis sei also in entsprechender Anwendung der alten Rechtslage die Eintragung einer Zwangshypothek auch ohne Zutun der (Schuldner-)GbR bzw. ihrer Gesellschafter möglich.

Einerseits folge dieses Auslegungsergebnis aus dem Willen des (historischen) Gesetzgebers, der die hier vorliegende Konstellation, in der ein Dritter in das Grundstück einer nach altem Recht eingetragenen GbR vollstrecken will, gesehen und eine vorherige Eintragung der Schuldner GbR in das Gesellschaftsregister sowie Berichtigung des Grundbuchs gerade nicht für erforderlich gehalten habe (vgl. BT-Drs. 19/27635, S. 219). Andererseits würde der Sinn des Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB, die Gesellschafter dazu anzuhalten, von der Möglichkeit der Eintragung der GbR Gebrauch zu machen, verfehlt werden, da bei Anwendung der Norm gerade der gegensätzliche Anreiz gesetzt werden würde, wenn man eine Eintragung einer GbR in das Gesellschaftsregister fordern würde, bevor Gläubiger in das Grundvermögen der GbR vollstrecken könnten. Schließlich spreche der grundrechtlich geschützte Justizgewährungsanspruch für dieses Auslegungsergebnis, da ansonsten die (Schuldner-)GbR die Möglichkeit hätte, den Gläubigerzugriff auf ihr Grundvermögen zu vereiteln oder zumindest zu erschweren, ohne dass der Gläubiger die Möglichkeit hätte ohne weiteres dagegen vorzugehen.

Praxishinweis | OLG Schleswig 2x W 36/24

Das Urteil des OLG Schleswig-Holstein hat bedeutende Auswirkungen für Gläubiger und Gesellschafter von GbRs. Gläubiger können nun leichter auf den Grundbesitz von GbRs zugreifen, die nicht im Gesellschaftsregister eingetragen sind. Für Gesellschafter von GbRs bedeutet dies, dass sie die Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen nicht mehr durch einfaches Unterlassen der Registereintragung verhindern können.

Die Ansicht des OLG Schleswig stellt einen gerechten Kompromiss zwischen den Interessen der Gläubiger und Schuldner dar. Er verhindert, dass GbRs durch Nichtregistrierung einen faktischen Schutz vor der Vollstreckung erlangen, ohne den Grundsatz der freiwilligen Registereintragung für GbRs aufzugeben.

Der Gesetzgeber vertrat in der Gesetzesbegründung zum MoPeG zur Lösung der Fälle der Eintragung einer Zwangshypothek zu Lasten einer nicht im Gesellschaftsregister eingetragenen GbR eine entsprechende Anwendung des § 14 GBO (vgl. BT-Drs. 19/27635, S. 219). Nach nachvollziehbarer Auffassung des OLG Schleswig jedoch ist die in diesem Zusammenhang denkbare (zwangsweise) Eintragung der GbR in das Gesellschaftsregister auf Betreiben des Gläubigers und Berichtigung des Grundbuchs in der Folge weder im Interesse der Gesellschaft bzw. der Gesellschafter noch im Interesse des Gläubigers. Der (Schuldner-)GbR bzw. deren Gesellschaftern würde andernfalls eine Eintragung ins Gesellschaftsregister aufgezwungen, die zwar vom Gesetzgeber gewollt, jedoch an sich freiwillig ist. Dem Gläubiger wiederum würde trotz der in der Zwangsvollstreckung regelmäßig bestehenden Eilbedürftigkeit ein zeitintensives Vorverfahren auferlegt, das dem Schuldner eine „Vorwarnung“ bietet.