20.09.2024
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
OLG Brandenburg
02.01.2024
7 W 66/23
BeckRS 2024, 204
Zwei Gesellschafter waren zu 51 % bzw. 49 % an einer GmbH beteiligt, wobei der Mehrheitsgesellschafter auch der alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer war. Dieser verstarb im März 2023. Die Erben sind nicht bekannt. In einer Gesellschafterversammlung am 04.05.2023 beschloss die überlebende Gesellschafterin unter Verzicht auf alle gesetzlichen und/oder satzungsrechtlich vorgeschriebenen Formen und Fristen der Einberufung, Ankündigung und Durchführung einer Gesellschafterversammlung, dass sie zur allein vertretungsberechtigten Geschäftsführerin unter Befreiung von § 181 BGB bestellt wird. Mit Antrag vom selben Tag begehrt sie die Löschung des verstorbenen alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführers als solchen aus dem Handelsregister und anstelle dessen ihre Eintragung als Geschäftsführerin. Sie beruft sich in diesem Rahmen auf § 13 des Gesellschaftsvertrages, der die Folgen des Todes eines Gesellschafters regelt. Die Vorschrift lautet:
„§ 13 Tod eines Gesellschafters
Das Registergericht hat mit Zwischenverfügung vom 15.05.2023 (AG Neuruppin – HRB 9780 NP, BeckRS 2023, 039619) angeordnet, dass die GmbH eine Nachlasspflegschaft anregen und den Nachlasspfleger zur Versammlung zu laden habe. Dies gelte unabhängig davon, dass § 13 IV des Gesellschaftsvertrags das Ruhen der Gesellschafterrechte im Fall des Todes eines Gesellschafters vorsehe. Das Teilnahmerecht an der Gesellschafterversammlung sei – anders als das Stimmrecht – nicht entziehbar. Gegen diese Zwischenverfügung wenden sich sowohl die GmbH als auch die überlebende Gesellschafterin. Die Beschwerde hatte Erfolg.
Die Beschwerde hat allein deshalb Erfolg, weil die Voraussetzungen für die Entscheidung durch eine Zwischenverfügung gemäß § 382 Abs. 4 Satz 1 FamFG nicht vorliegen. Der Umstand, dass in der Gesellschafterversammlung vom 04.05.2023 nicht wirksam über die Bestellung der Antragstellerin zu 2. als Geschäftsführerin beschlossen werden konnte, weil die Erben des verstorbenen Mitgesellschafters nicht zu der Versammlung geladen worden sind, ist nicht behebbar. Nach der Auffassung des Registergerichts ist vielmehr nach Bestellung eines Nachlasspflegers eine neue Gesellschafterversammlung einzuberufen und über die Bestellung eines Geschäftsführers in der dann wirksam einberufenen Gesellschafterversammlung zu beschließen. Die vom Registergericht aufgezeigten Mängel der Beschlussfassung vom 04.05.2023 sind danach nicht zu heilen, sondern bedürfen einer neuen Beschlussfassung und der erstmaligen Schaffung der einzutragenden Tatsachen (vgl. Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG § 382 Rn. 15). Das Registergericht hätte mithin auf die Mängel der Beschlussfassung hinweisen und den Antrag nach Anhörung der Antragstellerinnen zurückweisen müssen.
Gemäß § 241 Nr. 1 AktG analog ist die Nichtladung eines Gesellschafters ein Einberufungsmangel, der zur Nichtigkeit der in der Versammlung gefassten Beschlüsse führt. Das Recht zur Teilnahme an den Gesellschafterversammlungen ist auch bei Ruhen der Gesellschafterrechte nicht entziehbar (Henssler/Strohn – Hillmann, Gesellschaftsrecht, § 51 Rn. 27; MüKoGmbHG-Liebscher, § 51 GmbHG Rn. 72). Denn auch für die zunächst kraft Erbfolge zur Rechtsnachfolge berufenen Gesellschafter ist von Interesse, welche Entscheidungen in der Gesellschaft bis zur endgültigen Klärung des Gesellschafterbestandes bzw. des Fortbestehens der Gesellschaft getroffen werden. Dabei ist beispielsweise denkbar, dass die Gesellschaft mit den Erben fortgeführt wird oder dass – entsprechend § 7 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages für die Kündigung – die Gesellschaft in Liquidation tritt. § 13 des Gesellschaftsvertrages trifft hierzu entgegen der Auffassung der Antragstellerin keine Regelung. Daher ist die Unterrichtung und die Berechtigung zur Teilnahme an Gesellschafterversammlungen eklatant für die Erben, auch wenn das Abstimmungsrecht durch § 13 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages wirksam zum Ruhen gebracht wird.
Die Bestellung einer Geschäftsführerin kann nicht ohne Ladung eines Vertreters der unbekannten Erben zur Gesellschafterversammlung wirksam beschlossen werden (OLG Brandenburg, Beschl. v. 02.01.2024 – 7 W 66/23, BeckRS 2024, 204, beck-online). Beschränkungen des Teilnahmerechts durch die Anordnung der gemeinsamen Vertretung mehrerer an einem Geschäftsanteil Berechtigter sind zwar zulässig, das sich aus der Mitgliedschaft ergebende Teilnahmerecht ist aber unverzichtbar, soweit dem Gesellschafter die willensgetragene Wahrnehmung der Gesellschafterrechte insgesamt nicht mehr zugestanden wird (BGH, NJW-RR 1989, 347 = GmbHR 1989, 120 Rn. 5). Jedenfalls das Teilnahmerecht der Erben an Gesellschafterversammlungen bleibt somit erhalten, weshalb sie oder vor deren Ermittlung ein zu ihrer Vertretung berechtigter Nachlasspfleger stets zu Gesellschafterversammlungen zu laden sind. Ein vollständiger Entzug der Gesellschafterrechte ist daher auch im Todesfall eines Gesellschafters nicht möglich (Leuering/Rubner, NJW-Spezial 2024, 144, beck-online).