24.05.2023
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
KG
26.08.2022
10 W 8/21; 1 W 262/22
DNotI-Report 2022, 140
Die im Jahr 2021 verstorbene Erblasserin bestimmte durch öffentliches Testament die Beteiligten 1 bis 3 zu ihren Erben. Der Beteiligte zu 3 ist der Sohn der Beteiligten zu 2 [Tochter der Erblasserin] und der Enkel der Erblasserin. Die Erblasserin traf zu dem Beteiligten zu 3 folgende Regelung:
„2. Soweit mein Enkel [Beteiligter zu 3] Erbe wird, ist er nur von den gesetzlichen Beschränkungen befreiter Vorerbe. Nacherbe auf seinen Tod sind seine gewillkürten eigenen Erben, ersatzweise meine Tochter [Beteiligte zu 2]. Als Nacherbe ausgenommen ist der Vater meines Enkels, dessen Abkömmlinge aus anderen Verbindungen und seine Verwandten aufsteigender Linie. […]“
Im November 2021 beantragte der Beteiligte zu 1 [Sohn der Erblasserin] Grundbuchberichtigung durch Eintragung seiner Person und der Beteiligten zu 2 und 3. Das Grundbuchamt beanstandete im Wege der Zwischenverfügung den eingereichten Antrag und forderte zum Nachweis des Erbrechts die Vorlage eines Erbscheins, da das Testament hinsichtlich der Regelung zur Nacherbfolge gegen § 2065 Abs. 2 BGB verstoße. Außerdem sei das Testament sittenwidrig, da der Beteiligte zu 3 hierdurch in seiner Erbenbestimmung beschränkt werde. Hiergegen legt der Beteiligte zu 1 Beschwerde ein.
Die Beschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
Die vom Grundbuchamt aufgezeigten Eintragungshindernisse liegen nicht vor, die Voraussetzungen für eine Grundbuchberichtigung, aufgrund zulässiger Nacherbenregelung, auf Basis der vorgelegten Unterlagen sind gegeben.
Ein Testament gem. § 2064 BGB kann ein Erblasser nur persönlich errichten und sich dabei über sämtliche wesentliche Teile seiner Verfügung von Todes wegen alleine schlüssig werden. So ist es ihm nicht gestattet seinen letzten Willen unvollständig zu äußern, sodass es einem Dritten überlassen bleibt diesen in wesentlichen Teilen zu ergänzen. Es ist ihm in diesem Rahmen allerdings nicht verwehrt seinen letzten Willen hinsichtlich der Person des Bedachten und des Gegenstandes der Zuwendung bedingt zu äußern. Die im konkreten Fall beschriebene Erbeinsetzung entspricht der sog. „Dieterle-Klausel“, wonach zu Nacherben diejenigen Personen eingesetzt werden, die ein anderer (bspw. der Vorerbe) zu seinen gewillkürten Erben einsetzt. Dies geschieht oft bei sog. Geschiedenentestamenten, deren Ziel es ist, zu verhindern, dass der geschiedene Ehegatte über den gemeinsamen Abkömmling am Nachlass des Erblassers partizipiert.
Das KG verweist auf die in Rechtsprechung und Literatur vertretene Ansicht, dass diese Regelung wegen Verstoßen gegen § 2065 II BGB nichtig ist, wonach von einer solchen Regelung in dem notariellen Usus meist abgeraten wird, folgt dieser jedoch gleichzeitig nicht. Die Erbeinsetzung sei zulässig; es sei lediglich erforderlich, dass die Bestimmung des Erbens durch einen Dritten für jede sachkundige Person objektiv möglich sei. Das KG räumt die Nähe dieser Klausel zu § 2065 II BGB ein, jedoch werde der Beteiligte zu 3 durch seine eigene Verfügung von Todes wegen nur seine eigenen Erben bestimmen, sodass damit lediglich mittelbar Einfluss auf die Nacherben der Erblasserin genommen werde. Damit liegt keine sittenwidrige Einflussnahme seitens der Erblasserin auf die Testierfreiheit des Beteiligten zu 3 vor.
Bei Errichtung einer Verfügung von Todes wegen, in Form eines öffentlichen Testaments, ist weiterhin auf eine solche Einsetzung der Vor- und Nacherben zu achten. Es besteht eine gewisse Rechtsunsicherheit. Diese Entscheidung ist, soweit ersichtlich, die erste in diese Richtung, wobei die bisherigen in dieser Entscheidung referenzierten Entscheidungen andere Gestaltungen betrafen oder von einer Unzulässigkeit der Klausel ausgingen. Somit bleibt bis zu einer höchstrichterlichen Klärung eine solche Erbeinsetzung anderweitig zu gestalten.