01.06.2022
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
OLG München
22.09.2021
7 U 2434/20
GWR 2022, 27
Die vormals Beklagte zu 1 ist die B&P mbB Patentanwälte, deren jetzige Partner die Beklagten 3 und 4 sind. Ihre Gesellschaftsanteile haben sie am 01.01.2018 von den Streitverkündeten S und P erworben. Der vormals Beklagte zu 2 ist ehemaliger Partner der vormals Beklagten zu 1. Der Kläger schied aus der Gesellschaft aus und begehrt aufgrund dessen von den Beklagten die Zahlung von Abfindungsbeträgen. Der Kläger hatte mit seiner erstinstanzlich erhobenen Klage neben den vormals Beklagten zu1 und 2, auch die Beklagten 3 und 4 auf Zahlung eines Betrages in Höhe von 24.000 Euro verklagt, sowie auf Nebenforderungen.
Der Partnerschaftsvertrag vom 24.07.2003 hält fest, dass die Abfindung eines Partners ausschließlich von den übrigen Partnern im Verhältnis ihrer Überschussanteile im Fälligkeitszeitpunkt des Betrages oder jeweiligen Rate desselben getragen werde. Mit Vereinbarung vom 20.05.2016 schied der Kläger zum Stichtag 31.05.2016 aus der MbB aus und erhielt eine pauschale Abfindung in Höhe von 240.000 Euro. Unter anderem hielten die Parteien fest, dass die Summe der Abfindung das Ergebnis der geführten ausführlichen Verhandlungen und jedwede Anpassung ausgeschlossen sei und verwies zudem auf die Abfindungsregelung im Partnerschaftsvertrag.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Zahlung der zum 31.05.2008 fälligen Rate der Abfindung in Höhe von 24.000 Euro zuzüglich Zinsen, Mahn- und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Das Gericht verurteilte die Beklagten zu 2, 3 und 4 zur anteiligen Zahlung des beantragten Betrages. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten zu 3 und 4.
Die Berufung der Beklagten hat Erfolg, da die Klage (inzwischen) unbegründet ist. Deshalb haften die Beklagten nicht als Teilschuldner.
Der Senat folge dem Gericht hinsichtlich der Inhalte und Wirkungen der Ausscheidungsvereinbarung nicht. Vielmehr habe der Kläger einen Anspruch auf Schuldbefreiung nach § 1 Abs. 4 PartGG i.V.m. § 738 Abs. 1 S. 1 Var. 2 BGB. Als Surrogat für den Verlust seiner Partnerstellung erhalte er einen gegen die Partnergesellschaft gerichteten schuldrechtlichen Anspruch auf Abfindung gemäß § 738 Abs. 1 S. 2 Fall 3 BGB, welcher sich zudem gleichzeitig gegen die in der Sozietät gebliebenen Gesellschafter richte. Dies folge daraus, dass zu den Verbindlichkeiten, für die die Gesellschafter persönlich haften, auch der Abfindungsanspruch eines ausgeschiedenen Gesellschafters gehöre.
Die Ausscheidungsvereinbarung nimmt ausdrücklich auf die Abfindungsregelung im Partnerschaftsvertrag Bezug. Letzterer komme nach Beurteilung des Senats allerdings lediglich eine interne Verteilungsregelung zu. Es gebe keine Hinweise darauf, dass die Parteien eine Abweichung von der gesetzlichen Regelung und die Hinderung der Inanspruchnahme der Gesellschaft gewollt haben. Auch spreche die Zahlung früherer Raten durch die Gesellschaft und die Tatsache, dass Abfindungen anderer ausscheidenden Gesellschafter von der Gesellschaft selbst gezahlt wurden, dafür, dass die Vertragsparteien die Klausel ebenfalls in der Vergangenheit so verstanden haben. Mit Blick auf die praktische Umsetzung der Abfindungszahlung wäre es zudem für den ausgeschiedenen Gesellschafter nicht vorteilhaft die noch vorhandenen Gesellschafter in Anspruch zu nehmen, da er die jeweiligen Überschussanteile nicht kenne. Materiell-rechtlich hafte somit die vormals Beklagte zu 1. Der vormals Beklagte zu 2 und die Beklagten zu 3 und 4 haften hierfür akzessorisch.
Das Gericht hält allerdings fest, dass die Beklagten 3 und 4 die Rechtskraft des klageabweisenden Urteils gegen die Gesellschaft eingewandt hätten. Die Entscheidung bezüglich der Beklagten zu 1 sei in Rechtskraft erwachsen, da der alleinig beschwerte Kläger keine Berufung innerhalb der Berufungsfrist eingelegt habe. Die Beklagten zu 3 und 4 können entgegen der Meinung des Klägers ihre Berufung auch nicht auf die Bekämpfung der Abweisung gegen die Beklagte zu 1 erweitern.
Ein Abfindungsanspruch eines ausscheidenden Gesellschafters richtet sich nach den gesetzlichen Vorschriften gegen die Gesellschaft. Sollte gewollt sein, dass sich der Anspruch ausschließlich gegen die Gesellschafter persönlich richten soll, dann sollte dies ausdrücklich im Gesellschaftsvertrag dargelegt werden. Dabei könnte zur Klarstellung eine ausdrückliche Abweichung vom gesetzlichen Normalfall hilfreich sein. Darüber hinaus sollte innerhalb der Berufungsfrist Berufung eingelegt werden, falls ein Gericht einen Anspruch gegen die Gesellschaft ablehnt. Dies ist zwar mit Prozesskosten verbunden, verhindert aber eine Enttäuschung, sollte ein Gericht hinterher anders entscheiden als das erstinstanzliche Gericht.