11.02.2022
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
KG
07.10.2021
1 W 342/21
EWiR 2021, 726
Veräußert der Eigentümer ein Grundstück unter gleichzeitiger Bestellung eines Wohnungsrechts daran zu seinen Gunsten und wird das Eigentum, nachdem das Insolvenzverfahren über sein Vermögen
eröffnet worden ist, auf Anfechtung des Insolvenzverwalters auf ihn zurückübertragen, fällt nicht nur das Eigentum, sondern auch das Wohnungsrecht in die Insolvenzmasse und der Insolvenzverwalter ist
befugt, gegenüber dem Grundbuchamt die Löschung des Wohnungsrechts im Grundbuch zu bewilligen (Abgrenzung zu OLG München ZIP 2010, 2520 = FGPrax 2011, 17).
Der spätere Insolvenzschuldner übereignete sein Grundstück an einen Dritten und bestellte für sich selbst zugleich ein dingliches Wohnrecht. Der Insolvenzverwalter titulierte im Insolvenzverfahren einen Anfechtungsanspruch auf Rückübereignung gegen den Dritten. Das Grundbuchamt trug den Insolvenzschuldner schließlich auf Antrag des Insolvenzverwalters in das Grundbuch ein und löschte das Wohnrecht.
Die Beschwerde des Insolvenzschuldners gegen die Löschung des Wohnrechts wurde zurückgewiesen. Der Insolvenzverwalter sei zur Löschung berechtigt gewesen, da sich der Insolvenzschuldner nicht auf den Pfändungsschutz des § 857 Abs. 3 ZPO berufen könne.
Das KG teilt die Ansicht des Gerichts nicht, dass der Insolvenzschuldner als Eigentümer und Wohnberechtigter nicht schutzwürdig sei, da er als Eigentümer jederzeit Einfluss auf die Ausübung des Wohnrechts habe. Die Löschung sei somit nicht ohne weiteres zulässig gewesen.
Grundsätzlich seien die Grenzen des Vollstreckungsschutzes nach § 36 InsO erheblich, wenn der Schuldner vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Rechtsgeschäft eine Immobilie veräußert und zugleich ein unpfändbares dingliches Wohnrecht i.S.d. § 1092 Abs. 1 BGB übereignet. Einer Löschung dergleichen stünden demnach vollstreckungsrechtliche Bedenken entgegen. Mithin soll der geschützte Eigentümer, bzw. hier dessen Insolvenzverwalter (s. § 80 InsO), nicht ohne Zustimmung des dinglich wohnberechtigten Schuldners auf die den Pfändungsschutz begründete Zweckverbindung verzichten können. Vielmehr sei § 851 Abs. 2 ZPO auf durch Rechtsgeschäft begründete Zweckverbindungen nicht anwendbar.
Allerdings könne dieses Rechtsgeschäft einen Anfechtungsanspruch des Insolvenzverwalters gegen den Insolvenzschuldner gemäß §§ 129 ff. InsO, §§ 1 ff. AnfG begründen, sofern auch der Tatbestand der §§ 133 Abs. 1, 129 InsO, § 3 Abs. 1 AnfG erfüllt sei. Der Insolvenzschuldner habe durch die anfechtbaren Handlungen auch Vermögen aufgegeben. Der Anfechtungsanspruch könne auch erfüllt werden, indem der Insolvenzschuldner dem Verzicht des Insolvenzverwalters auf die Zweckbindung zustimme, sodass die Pfändbarkeit eintrete und die Löschungsbewilligung wirksam werden. Die gläubigerbenachteiligende Wirkung der Rechtshandlungen sei nur durch Aufhebung des die unpfändbaren Ansprüche oder Recht begründenden Rechtsgeschäft zu beseitigen, § 894 ZPO. Sollte der Schuldner die Rechte oder Ansprüche durch Vertrag erworben habe, müsse auch ein Anfechtungsanspruch gegen den Vertragspartner begründet sein, um Wertungswidersprüche zu den gegen Dritte begründeten Anfechtungsansprüchen zu verhindern.
Das Urteil verdeutlicht, dass die Unpfändbarkeit eines dinglichen Wohnrechts des Insolvenzschuldners nicht grenzenlos gewährleistet ist. Sofern es durch Rechtsgeschäft entstanden ist, welches vom Insolvenzverwalter erfolgreich angefochten wurde, kann vielmehr die Aufhebung der Unpfändbarkeit herbeigeführt werden.