25.03.2025
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
OLG Celle
14.03.2024
6 W 106/23
ErbR 2024, 800
Der im Oktober 2020 verstorbene Erblasser war bis zu seinem Tod mit der Beteiligten zu 1 verheiratet. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor, die Beteiligten zu 2 und 3. Im Oktober 1993 errichtete das Ehepaar eine letztwillige Verfügung, die von der Beteiligten zu 1 eigenhändig geschrieben und von beiden Eheleuten eigenhändig unterschrieben wurde.
Im Juni 2018 verfasste die Beteiligte zu 1 eigenhändig ein weiteres Testament, das beide eigenhändig unterschrieben. Das Testament enthielt die Erklärung, das Testament von 1993 durch Zerreißen einvernehmlich vernichtet zu haben und (vorsorglich erneut) durch das neue Testament aufzuheben. Im Juli 2018 folgte eine ebenfalls von der Beteiligten zu 1 eigenhändig geschriebene und von beiden eigenhändig unterschriebene Ergänzung, die Regelungen zur Vor- und Nacherbschaft enthielt.
Die Beteiligte zu 1 lebte zu diesem Zeitpunkt bereits seit 2016 wegen einer Demenzerkrankung in einem Pflegeheim. Der Erblasser hatte 2017 seine Schwester im Affekt getötet und war daraufhin wegen eines sich anschließenden Suizidversuchs psychiatrisch untergebracht worden. Im Anschluss wurde er wegen Totschlags zu einer Haftstrafe verurteilt.
Nach dem Tod des Erblassers beantragte die Beteiligte zu 1, vertreten durch die Beteiligte zu 2, einen Erbschein unter Berufung auf die Testamente von 2018. Der Beteiligte zu 3 wandte dagegen ein, sowohl der Erblasser als auch die Beteiligte zu 1 seien zum Zeitpunkt der Testamentserrichtungen nicht mehr geschäftsfähig und damit testierunfähig gewesen. Das Amtsgericht stellte nach Einholung eines Sachverständigengutachtens fest, dass die Beteiligte zu 1 testierunfähig, der Erblasser aber testierfähig gewesen sei. Die 2018 errichteten Testamente seien daher in Einzeltestamente des Erblassers umdeutbar. Das Amtsgericht gab dem Antrag in der Folge statt.
Dagegen wendete sich der Beteiligte zu 3 mit seiner Beschwerde, mit der er die Zurückweisung des Erbscheinantrags der Beteiligten zu 1 begehrt.
Das OLG Celle gab der Beschwerde statt. Die Entscheidung stützt sich auf die Unwirksamkeit der von der Beteiligten zu 1) vorgelegten letztwilligen Verfügungen vom 20. Juni 2018 und 6. Juli 2018, die aus Sicht des Gerichts die gesetzlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen für ein gemeinschaftliches Testament nicht erfüllten. Ein gemeinschaftliches Testament setze nach §§ 2265, 2267 Satz 1 BGB voraus, dass beide Ehegatten bei Testamentserrichtung testierfähig seien. Da ein gemeinschaftliches Testament auf dem (übereinstimmenden) Willen beider Ehepartner beruhe und eine wirksame Verfügung beider Ehegatten voraussetze, führe auch die Testierunfähigkeit eines Ehegatten dazu, dass ein wirksames gemeinschaftliches Testament nicht zustande komme.
Der abweichenden Literaturmeinung, wonach ein gemeinschaftliches Testament, das unter Beachtung von § 2267 Satz 1 BGB errichtet worden ist, immer auch den Formvorschriften eines Einzeltestaments entspreche, sofern es nur von dem testierunfähigen Ehegatten geschrieben worden sei, folgte das Gericht nicht. Die Formerleichterung des § 2267 Satz 1 BGB gelte nur für die Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments, woran es aber im Falle der Testierunfähigkeit eines Ehegatten, wie zuvor ausgeführt, fehle.
Auch eine Umdeutung des unwirksamen gemeinschaftlichen Testaments in ein wirksames Einzeltestament des Erblassers (§ 140 BGB) sei im vorliegenden Fall ausgeschlossen. Voraussetzung für eine solche Umdeutung sei nämlich, dass die betreffende Verfügung selbst formwirksam sei. Bei gemeinschaftlichen Testamenten setze dies insbesondere voraus, dass die Verfügung eigenhändig geschrieben und unterschrieben wurde (§ 2247 BGB). Hätten die Beteiligten jedoch ein gemeinschaftliches Testament unter Rückgriff auf die Formerleichterung des § 2267 BGB errichtet, könne die bloße Beitrittserklärung bzw. Mitunterzeichnung eines Beteiligten nicht als eigenes Testament angesehen werden. Die Umdeutung als Einzeltestament komme hier nur für den Teil in Betracht, der die Verfügung eigenhändig niedergelegt und somit die in § 2247 BGB genannten Voraussetzungen erfüllt habe.
Folglich komme es im Ergebnis auch nicht mehr darauf an, ob der Erblasser im Juni bzw. Juli 2018 tatsächlich testierunfähig war, da sich die Unwirksamkeit der Verfügungen als Einzeltestament bereits aus §§ 2247 Abs. 1, 125 Satz 1 BGB ergebe.
In der Praxis wird häufig übersehen, dass ein gemeinschaftliches Testament nur dann wirksam ist, wenn beide Ehegatten testierfähig sind. Ist einer der Ehepartner zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung beispielsweise wegen Demenz oder psychischer Erkrankung nicht mehr testierfähig, ist das gesamte gemeinschaftliche Testament unwirksam – selbst dann, wenn beide unterschrieben haben. Eine Umdeutung in ein Einzeltestament hilft nur dann weiter, wenn der testierfähige Ehegatte den Text eigenhändig geschrieben und unterschrieben hat. Die bloße Unterschrift unter einem fremdverfassten Text reicht dafür nicht aus. Wer rechtssicher testieren will, sollte daher nicht nur auf Inhalt und Absprache achten, sondern auch auf die formalen Anforderungen, weshalb im Zweifel juristischer Rat geboten ist.