26.02.2025
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
BFH
25.09.2024
II R 2/22
BeckRS 2024, 41482
Alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin), einer GmbH, ist Frau Y. Letztere war Eigentümerin eines inländischen Grundstückes. Das Grundstück befand sich im Betriebsvermögen des Einzelunternehmens von Y. Mit notariell beurkundetem Vertrag 2018 übertrug das Einzelunternehmen im Wege der Ausgliederung sein Vermögen als Ganzes auf die mit Gesellschaftsvertrag vom selben Tag neu gegründete Klägerin. Die Ausgliederung zur Neugründung nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 UmwG wurde 2018 in das Handelsregister eingetragen.
Das Finanzamt (Beklagter) setzte daraufhin Grunderwerbsteuer fest. Gegen diesen ursprünglichen Bescheid von 2019 legte die Klägerin keinen Einspruch ein. Nach einer Neubewertung des Grundbesitzes wurde die Grunderwerbssteuer mit einem Änderungsbescheid erhöht, woraufhin die Klägerin Einspruch einlegte, der jedoch zurückgewiesen wurde.
Das Finanzgericht entschied teilweise zugunsten der Klägerin und erkannte die Grunderwerbsteuerpflicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG an, sah jedoch die Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG als erfüllt an. Eine vollständige Steueraufhebung lehnte das Gericht mit Verweis auf den bestandskräftigen ursprünglichen Bescheid ab.
Das Finanzamt legte Revision ein und argumentierte, dass § 6a GrEStG nur auf Vorgänge innerhalb eines bestehenden Konzerns anwendbar sei, nicht jedoch auf die Ausgliederung des Unternehmens eines Einzelkaufmanns auf eine neugegründete Gesellschaft. Eine natürliche Person, die erst durch Umwandlung zum Alleingesellschafter einer GmbH werde, könne, auch wenn sie eine Firma unterhalte, keinen bestehenden Konzern bilden. § 6a Satz 3 und 4 GrEStG setzten für eine Steuerbegünstigung nach § 6a Satz 1 GrEStG zudem ein bestehendes Beherrschungsverhältnis voraus, eine natürliche Person könne aber nicht sich selbst „beherrschen“. Die Klägerin beantragte die Zurückweisung der Revision.
Die Revision wurde als unbegründet zurückgewiesen, da die Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG für die Ausgliederung des Einzelunternehmens der Y auf die zu diesem Zweck neu gegründete Klägerin im vorliegenden Fall anwendbar sei. Der durch die Ausgliederung bewirkte Eigentumsübergang des Grundstücks unterliege zwar der Grunderwerbsteuer gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG, jedoch griffen aus Sicht des BFH die Befreiungsvoraussetzungen des § 6a GrEStG.
Der BFH stellte klar, dass der Wortlaut von § 6a Satz 1 Halbsatz 1 GrEStG keine Einschränkung auf bestimmte Umwandlungsfälle vorsehe. Die Vorschrift erfasse alle Umwandlungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UmwG, einschließlich der Ausgliederung eines einzelkaufmännisch betriebenen Unternehmens auf eine Kapitalgesellschaft nach § 123 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 152 UmwG. Bereits zuvor habe der BFH entschieden, dass auch Umwandlungsvorgänge zwischen einem Alleingesellschafter und einer von ihm beherrschten Kapitalgesellschaft von der Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG umfasst seien. Der Alleingesellschafter einer Kapitalgesellschaft könne sehr wohl herrschendes Unternehmen im Sinne des § 6a GrEStG sein.
Dies gälte ebenso für den umgekehrten Fall der Ausgliederung eines Einzelunternehmens zur Neugründung einer Kapitalgesellschaft nach § 123 Abs. 3 Nr. 2 UmwG. Nach § 124 Abs. 1 UmwG könnten verschiedene Rechtsträger, darunter Einzelkaufleute, wirtschaftliche Vereine oder Gebietskörperschaften, als übertragende Rechtsträger an einer solchen Ausgliederung beteiligt sein. Gemäß § 152 UmwG sei die Ausgliederung eines im Handelsregister eingetragenen Einzelunternehmens oder von Teilen desselben aus dem Vermögen dieses Kaufmanns u.a. zur Neugründung von Kapitalgesellschaften zulässig. Da es sich hierbei um eine Umwandlung nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 UmwG handele, falle dieser Vorgang ebenfalls in den Anwendungsbereich der Steuerbefreiung nach § 6a Satz 1 GrEStG.
Die fehlende Einhaltung der fünfjährigen Vorbehaltensfrist nach § 6a Satz 4 GrEStG (d.h. Bestand des dort bestimmten Abhängigkeitsverhältnisses innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren vor dem Umwandlungsvorgang) stehe der Steuerbefreiung ebenfalls nicht entgegen, da bei der hier vorliegenden Ausgliederung zur Neugründung nur die Nachbehaltensfrist von fünf Jahren in Bezug auf das durch den Umwandlungsvorgang begründete Abhängigkeitsverhältnis einzuhalten sei. Nach der Rechtsprechung des BFH müssten die Fristen nämlich nur soweit eingehalten werden, wie es aufgrund des begünstigten Umwandlungsvorgangs möglich sei. Die Vorbehaltensfrist müsse bei der Abspaltung oder Ausgliederung zur Neugründung aber gerade nicht eingehalten werden, um die Steuerbegünstigung zu erlangen. Denn eine vor der Umwandlung nicht existente Gesellschaft könne die in § 6a Satz 4 GrEStG bestimmten zeitlichen Voraussetzungen der Abhängigkeit aus rechtlichen Gründen nicht erfüllen.
Mit der Eintragung der Ausgliederung eines Unternehmens eines Einzelkaufmanns auf eine zu diesem Zweck neu gegründete Kapitalgesellschaft im Handelsregister erlösche das Einzelunternehmen, sodass die Einzelfirma umwandlungsbedingt nicht weiter an der Kapitalgesellschaft beteiligt sein könne, wohl aber der (frühere) Einzelkaufmann als Alleingesellschafter der Kapitalgesellschaft. Der frühere Einzelunternehmer müsse deshalb als Alleingesellschafter der neuen Kapitalgesellschaft (wie hier) dennoch mindestens fünf Jahre in Höhe von 95 % beteiligt bleiben, die Nachbehaltensfrist also eingehalten werden.
Dies entspreche auch dem gesetzgeberischen Ziel, Umstrukturierungen innerhalb von Konzernen steuerlich zu begünstigen, um Unternehmen mehr Flexibilität bei Marktveränderungen zu ermöglichen. Dies gelte nicht nur für bestehende Konzerne, sondern auch für deren Begründung oder Beendigung. Eine Beschränkung der Begünstigung auf bestimmte Umwandlungsvorgänge, etwa Verschmelzungen auf Schwestergesellschaften, wäre sachlich nicht gerechtfertigt und würde den erklärten Zweck der Vorschrift, alle Begünstigungsadressaten (und damit alle Umwandlungsvorgänge im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UmwG) möglichst gleichmäßig zu begünstigen, verfehlen.
Die Auslegung des § 6a GrEStG stehe zudem auch im Einklang mit dem Ziel des § 6a Satz 3 und 4 GrEStG, ungewollte Mitnahmeeffekte zu verhindern, indem in Verschmelzungsfällen die Vorbehaltensfrist und bei Abspaltungen oder Ausgliederungen zur Neugründung (jeweils unter Beteiligung von Einzelunternehmen) die Nachbehaltensfrist von fünf Jahren eingehalten werden müsse, sodass kurzfristige steuerliche Gestaltungen hier ausgeschlossen blieben.
Der BFH hält damit an seiner Rechtsprechung aus August 2019 fest, nur in Fällen, in denen die Frist system- bzw. umwandlungsbedingt nicht eingehalten werden kann, Ausnahmen von den in § 6a Satz 4 GrEStG vorgesehenen Fristen zuzulassen. Dies stellt unter Rechtssicherheitsgesichtspunkten eine begrüßenswerte Entwicklung dar.
Letztlich sei darauf hingewiesen, dass der Senat mit Entscheidung vom gleichen Tag entschieden hat, dass die Steuerbefreiung bei der Übertragung auf eine bereits bestehende (ggf.Vorrats ) Gesellschaft nicht zu gewähren ist (BFH v. 25.09.2024 – II R 46/22). Die Ausgliederung zur Aufnahme oder die Einbringung zur Aufnahme sind nicht von der Grunderwerbsteuer befreit.