KG 2 W 63/21; 22 W 72/21
Löschung der Eintragung einer Löschung wegen Vermögenslosigkeit bei doch noch vorhandenem Vermögen

29.05.2023

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

KG
04.10.2021
2 W 63/21; 22 W 72/21
NZG 2022, 217

Leitsatz | KG 2 W 63/21; 22 W 72/21

  1. Eine naheliegende Auslegung, dass mit der Erklärung „gegen eine bestimmte Registereintragung werde Beschwerde eingelegt“ tatsächlich nur die Einleitung eines Amtslöschungsverfahrens angeregt werden soll, scheidet aus, wenn davon ausgegangen werden kann, dass die rechtliche Bedeutung der Erklärung zutreffend eingeordnet worden ist.
  2. Die Löschung einer Eintragung einer Löschung wegen Vermögenslosigkeit wegen ihrer Unzulässigkeit nach § 395 FamFG kommt nicht allein wegen Vorhandenseins von Vermögen in Betracht, sondern weil das gelöschte Unternehmen tatsächlich noch werbend am Markt tätig war.

Sachverhalt | KG 2 W 63/21; 22 W 72/21

Der geschäftsführende Alleingesellschafter einer UG (haftungsbeschränkt) (Antragsteller) legt Beschwerde ein gegen die Amtslöschung der Gesellschaft im Handelsregister von Amts wegen aufgrund Vermögenslosigkeit. Der Antragsteller trägt vor, dass die UG noch Aktionärin einer AG sei. Das Handelsregister vertritt die Ansicht, dass allein mit dem Hinweis auf die Aktionärsstellung weder im Einzelnen dargelegt noch nachgewiesen worden sei, dass die Gesellschaft über Vermögen verfüge. In einem solchen Fall käme ggf. eine Nachtragsliquidation in Frage.

Entscheidung | KG 2 W 63/21; 22 W 72/21

Das KG entschied, die gegen die Eintragung der Löschung wegen Vermögenslosigkeit gerichtete Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Soweit sich der Antragsteller gegen die Entscheidung des AG wendet, ein Amtslöschungsverfahren sei nicht durchzuführen, hat die Beschwerde aber Erfolg.

ie Eintragung der Löschung der Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit vom 21.05.2021 sei wegen eines wesentlichen Mangels unzulässig, so dass die Voraussetzungen für die Durchführung eines Löschungsverfahrens nach § 395 Abs. 1 FamFG vorliegen.

Allein das – nachträglich bekannt gewordene – Vorhandensein von Vermögen rechtfertige allerdings eine Löschung der Eintragung nach § 394 FamFG nicht. Denn insoweit wäre eine weitere Abwicklung durch eine Nachtragsliquidation durchzuführen, wie sich etwa aus § § 66 Abs. 5 GmbHG ergebe. Hierauf habe das AG zu Recht hingewiesen.

Ob eine Löschung der Löschung schon dann gerechtfertigt sei, wenn das Registergericht bei der Ermittlung der Vermögenslosigkeit Verfahrensfehler begangen habe, etwa wenn wie hier die Vermögensverhältnisse überhaupt nicht aufgeklärt werden, könne offenbleiben. Denn die Löschung nach § 394 FamFG sei jedenfalls dann wegen eines wesentlichen Mangels unzulässig, wenn es nicht nur an einer Vermögenslosigkeit fehle, sondern darüber hinaus auch eine Gesellschaft betreffe, die noch werbend tätig ist.

Das KG geht davon aus, dass die UG (haftungsbeschränkt) noch werbend tätig war. Die Gesellschaft sei nicht als vermögenslos i.S.d. § 394 FamFG anzusehen, weil sie jedenfalls über 9,43 % der Aktien der S L AG verfüge. Dass diese Gesellschaft ausweislich der vorgelegten Bilanz einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag ausweise, stehe der Annahme eines Vermögenswertes nicht entgegen. Der Antragsteller habe ua dargelegt, dass es sich bei der Gesellschaft um ein Start-up-Unternehmen handele, dass über aktuelle Finanzierungszusagen der Investitionsbank Berlin verfüge. Eine Stellungnahme der Gesellschaft sei im Löschungsverfahren unterblieben. Die angehörte IHK habe mitgeteilt, dass sie keine Erkenntnisse über die Vermögensverhältnisse habe. Soweit sich das AG im Nichtabhilfeverfahren darauf bezogen habe, dass das Finanzamt mitgeteilt habe, dass die Gesellschaft über keine Vermögenswerte, insbesondere auch nicht über Grundvermögen verfüge, übersehe es, dass diese Erklärungen im Zusammenhang mit dem Hinweis stehen, dass das Finanzamt keine Informationen über die Gesellschaft habe, weil bisher keine Bilanz eingereicht und auch keine anderweitigen Erklärungen abgegeben worden seien. Auch die Tatsache, dass die Gesellschaft die vom AG verlangten Unterlagen nicht vorgelegt habe, rechtfertige die Annahme einer Vermögenslosigkeit nicht.

Die Gesellschaft sei noch als werbend tätig anzusehen. Ausweislich ihres Unternehmensgegenstands sei sie im Bereich des Erwerbs, der Verwaltung und Veräußerung von Beteiligungen und anderen Vermögenswerten tätig. Eine solche halte sie an der S L AG. Diese Tätigkeit als Investor bedeutet weiter, dass Geschäftsräume nicht zwingend nötig seien, so dass ihre zeitweise Nichterreichbarkeit nicht den Schluss auf eine Unternehmenshülle zulasse.

Praxishinweis | KG 2 W 63/21; 22 W 72/21

Der Fall ist interessant, da es nicht ganz erklärlich ist, wie das HR nur aufgrund der mangenden Informationen der IHK und des FA der Auffassung sein konnte, dass hier eine Vermögenslosigkeit vorliege. Die UG (haftungsbeschränkt) war noch eine werbende Gesellschaft.