OLG Düsseldorf 12 U 43/23
Keine Vormerkungsfähigkeit des insolvenzanfechtungsrechtlichen Anspruchs auf (Rück-)Übertragung eines Erbanteils

19.08.2024

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Düsseldorf
31.10.2023
12 U 43/23
NJW-RR 2024, 137

Leitsatz | OLG Düsseldorf 12 U 43/23

Der anfechtungsrechtliche Rückübertragungsanspruch, der auf Rückübertragung eines Erbteils gerichtet ist, ist nicht vormerkungsfähig, auch wenn zum Nachlass Grundstücksrechte gehören.

Sachverhalt | OLG Düsseldorf 12 U 43/23

Der Insolvenzschuldner und die Antragsgegner sind Mitglieder in einer ungeteilten Erbengemeinschaft, die Eigentümer eines Grundstücks sind. Der Erbanteil des Insolvenzschuldners und demnach auch der Anteil am Gesamthandseigentum am Grundstück betrug 19/39. Mittels notariellem Erbteilsübertragungsvertrag vom 12.10.2015 übertrug der Insolvenzschuldner seinen Erbanteil je hälftig auf seine beiden Kinder. Diese wiederum übertrugen den Erbanteil auf ihre Mutter. Infolgedessen wurden die Mutter und die übrigen Erben des Erblassers im Grundbuch als Eigentümer in ungeteilter Erbengemeinschaft eingetragen.

Später wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet. Der Insolvenzverwalter des Schuldners ist der Auffassung, dass die Übertragung des Erbteils als unentgeltliche Leistung nach § 134 Abs. 1 InsO auf die Kinder der Insolvenzanfechtung unterliegt. Den aus § 143 Abs. 1 S. 1 InsO folgenden Rückgewähranspruch könne er nach § 145 Abs. 2 Nr. 3 InsO auch gegen die Mutter geltend machen. Zur Sicherung des anfechtungsrechtlichen Anspruchs auf Rückgewähr in Natur beantragt der Insolvenzverwalter im Wege der einstweiligen Verfügung die Eintragung einer Vormerkung im Grundbuch des im Nachlass befindlichen Grundstücks anzuordnen.

Das LG erließ die einstweilige Verfügung und ordnete die Eintragung einer Vormerkung an.

Entscheidung | OLG Düsseldorf 12 U 43/23

Die zulässigen Berufungen der Verfügungsbeklagten vor dem OLG haben in der Sache Erfolg. Der für die Eintragung einer Vormerkung erforderliche Verfügungsanspruch bestehe – entgegen der Auffassung des LG – nicht.

Durch den Erlass einer einstweiligen Verfügung gemäß den §§ 935 ff. ZPO könne der insolvenzanfechtungsrechtliche Anspruch auf Rückgewähr in Natur gegen den Anfechtungsgegner, welcher ein schuldrechtlicher Anspruch sei, gesichert werden, wenn der anfechtbar entäußerte Gegenstand potenzieller Massebestandteil i.S.v. § 35 Abs. 1, § 36 Abs. 1 InsO war. Auf diese Weise könne die Eintragung einer Vormerkung im Grundbuch gemäß den Bestimmungen des § 883 Abs. 1 und § 885 BGB nur erreicht werden, wenn der Anspruch auf Rückübertragung des Eigentums an einem Grundstück oder eines beschränkt dinglichen Grundstücksrechts gerichtet ist. Lediglich solche Ansprüche könnten durch Vormerkung gesichert werden, was sich bereits aus der abschließenden Aufzählung im Gesetz ergebe.

Solch ein Anspruch läge hier jedoch nicht vor. Das LG habe verkannt, dass der anfechtungsrechtliche Rückübertragungsanspruchs vorliegend auf die (Rück-)Übertragung des Erbanteils gerichtet ist. Der Anspruch auf (Rück-)Übertragung eines Erbteils sei jedoch nicht vormerkungsfähig, da er die Übertragung des Erbteils selbst betreffe und nicht die einzelnen Grundstücksrechte, die zum Nachlass gehören. Ein Miterbe erwerbe durch seinen Erbteil und die damit verbundene ungeteilte Gesamtberechtigung am Nachlass keine unmittelbare, selbstständig veräußerliche Berechtigung an dem einzelnen Gegenstand, selbst wenn der Nachlass nur aus einer einzigen Sache besteht. Verfügt der Erbe über seinen Miterbenanteil, so verfüge er dabei nicht über den betreffenden Nachlassgegenstand, wie sich aus § 2033 Abs. 2 BGB ergebe. Seine Verfügung müsse lediglich auf die Übertragung des Erbteils gerichtet sein und nicht auch auf die Anteile an einzelnen Nachlassgegenständen, weshalb für sie die Form des § 2033 Abs. 1 S. 2 BGB maßgeblich ist. Selbst wenn der Erbteil nur aus einem Grundstück oder grundstücksgleichen Recht besteht, erfolge die Übertragung des Erbteils nach § 2033 Abs. 1 BGB ohne Auflassung und Eintragung.

Praxishinweis | OLG Düsseldorf 12 U 43/23

Die grundsätzliche Möglichkeit der Sicherung eines insolvenzanfechtungsrechtlichen Rückgewährsanspruch durch eine im Wege der einstweiligen Verfügung erzielte Vormerkung ist in der Rechtsprechung anerkannt. Hierbei ist zu beachten, dass gem. § 885 Abs. 1 S. 2 BGB der Verfügungsgrund – also die Gefährdung des zu sichernden Anspruchs – nicht glaubhaft gemacht werden muss.

Hinsichtlich des für die Eintragung einer Vormerkung erforderlichen Verfügungsanspruches hat das OLG Düsseldorf zutreffend differenziert, welcher Gegenstand aus dem Schuldnervermögen insolvenzrechtlich anfechtbar ausgeschieden ist. Wenn ein Grundstück aus dem Vermögen des Schuldners ausscheidet, kann der Rückübertragungsanspruch durch eine Vormerkung gesichert werden. Im vorliegenden Fall wurde jedoch nicht das Grundstück selbst, sondern lediglich ein Miterbenanteil am Nachlass übertragen. Der hierauf gerichtete insolvenzanfechtungsrechtliche Rückübertragungsanspruch ist nicht vormerkungsfähig.

Neben der Eintragung einer Vormerkung gibt es noch weitere Sicherungsmöglichkeit in (insolvenz)anfechtungsrechtlichen Rückgewährkonstellationen. Der Wertersatzanspruch des Insolvenzverwalters gegen den Anfechtungsgegner gem. § 143 Abs. 1 S. 2 InsO i.V.m. §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 292 Abs. 1, 989 BGB nach einer nicht anfechtbaren Weiterübertragung wird etwa durch einen dinglichen (§§ 916, 917 ZPO) oder persönlichen Arrest (§§ 916, 918 ZPO) gesichert. Die Sicherung eines Anspruchs nach § 11 Abs. 1 S. 1 AnfG erfolgt durch ein im Wege der einstweiligen Verfügung erwirktes Verfügungsverbot, welches im Grundbuch eingetragen wird.