KG 22 W 16/24
Keine Unterscheidungskraft der Firma durch Anhängen einer Internetdomain „.de“

19.09.2024

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

KG
13.05.2024
22 W 16/24
AG 2024, 594 = ZIP 2024, 1895

Leitsatz | KG 22 W 16/24

Einer Bezeichnung kommt nicht allein deshalb Namensfunktion i.S.d. § 18 Abs. 1 HGB zu, weil sie nur einmal vergeben wird. Eine Internetdomain kann daher nur dann als Firma verwandt werden, wenn ihr auch Unterscheidungskraft zukommt. Das ist bei einem Gattungsbegriff, dem die first-Level-Domain .de angehängt ist, nicht der Fall.

Sachverhalt | KG 22 W 16/24

In einer eingereichten Anmeldung in notariell beglaubigter Form wurde – neben weiteren Satzungsänderungen – die Firma geändert. Die neue Firma sollte auf „xxxxxxx.de AG“ (im Urteil anonymisiert) lauten. Im Rahmen einer Zwischenverfügung beanstandete das Registergericht die Firma mit Verweis auf die fehlende Individualisierung, die jedoch nach §§ 18, 30 HGB erforderlich sei. Gegen die Zwischenverfügung legte die Beschwerdeführerin durch ihren Verfahrensbevollmächtigte Beschwerde ein. Dabei verwies sie darauf, dass der Zusatz „.de“ Individualisierungsmerkmal sei, sodass es auf den sonstigen Namen nicht ankomme. Die first-Level-Domain mit dem Zusatz „.de“ könne auch nur einmal vergeben werden und sei der einzigartig.

Entscheidung | KG 22 W 16/24

Das Kammergericht hat die Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen. Eine Firma muss nach §§ 18 Abs. 1 i.V.m. 6 HGB neben der Kennzeichnungseignung auch Unterscheidungskraft besitzen. Daran fehlt, wenn diese rein beschreibender Natur sei, wie dies bei Gattungsbezeichnungen der Fall ist. Dies war vorliegend der Fall, was auch von dem Beschwerdeführer nicht angegriffen wurde.

Daran ändere sich auch nichts durch das Anhängen des Zusatzes „.de“. Auch wenn die Domain nur einmal vergeben werde und daher einzigartig sei, schreibe der Rechtsverkehr der Ergänzung keine prägende Bedeutung zu. Dabei komme es nicht nur auf die Verwendung im Internet an, sondern auch auf die Verwendung in Geschäftsbriefen und Verträgen. Ferner bestehe ein Freihaltebedürfnis für die allgemeine Bezeichnung Vertrieb, die die Bildung anderer Firmen übermäßig beeinträchtigen könne.

Die zugelassene Rechtsbeschwerde ist derzeit beim BGH anhängig.

Praxishinweis | KG 22 W 16/24

Der Entscheidung kann beigepflichtet werden. Für die Unterscheidungskraft im Verkehr kommt es auf die Verwendung einer einzigartigen Domain nicht an. Dies zeigt sich auch daran, dass internationale Unternehmen im Internet über gleichartige Domains mit verschiedenen Endungen auftreten, die jedoch alle derselben Firma zuzuordnen sind. So präsentieren sich Unternehmensgruppen im Internet häufig über gleichartige Webseiten mit verschiedenen Domainendungen, um in verschiedenen Märkten gleichermaßen präsent sein. Eine Unterscheidungskraft soll damit gerade nicht verbunden werden. Ferner bestehen viele gleichartige Domain-Endungen, die nur geringfügig voneinander abweichen, vgl. „.eu“ und „.es“ und im Verkehr keine eindeutige Unterscheidungswirkung haben.

Zutreffend ist es auch, dass damit die Verwendung anderer Firmen, die „Vertrieb“ neben anderen individualisierenden Kennzeichen verwenden beeinträchtigt wäre, da eine eindeutige Unterscheidung zumindest erschwert wäre. Es besteht daher ein Freihaltebedürfnis.

Für die Praxis ist daher zu beachten, dass eine Unterscheidung nicht alleine aufgrund der Domain-Endung erfolgen kann. Dies gilt auch für die Gründung verschiedener Gesellschaften innerhalb einer Gruppe, die demnach nicht mit gleichlautenden Firmen und lediglich abweichenden Domain-Endungen gegründet werden können. Demnach ist eine Gründung verschiedener Schwestergesellschaften mit den Bezeichnungen „Schneider.es“; „Schneider.com“ und „Schneider.de“ nicht möglich. Vielmehr müssen weitere und für den Markt prägende Unterscheidungsmerkmale hinzukommen.

Im Einzelfall kann jedoch etwas anderes gelten, wenn die Webseite und die Domain weithin unter einem bestimmten Namen bekannt ist und die Bezeichnung daher Verkehrsgeltung besitzt.