06.11.2024
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
OLG Brandenburg
03.11.2021
7 U 194/20
ZPG 2023, 378
(Kein) Ausschluss eines ständig gegen die GbR klagenden Gesellschafters [ PDF ]
An einer grundstückshaltenden GbR sind der Kläger (6 %), die Beklagte zu 1) (92 %) und die Beklagte zu 2) (2 %) beteiligt. Seit Jahren laufen diverse Rechtsstreitigkeiten, die sämtlich vom Kläger angestrengt wurden. Vergleichsweise abgeschlossene Verfahren hatten den Streit um fehlende Auszahlung von Gewinnen, die streitige Höhe von Gesellschaftsanteilen, sowie die Gewinn- und Verlustverteilung zum Gegenstand.
Zwischenzeitlich wurde zudem ein Vergleichsentwurf vor dem OLG Brandenburg protokolliert, der die Abtretung des Gesellschaftsanteils des Klägers zum Gegenstand hatte. Der daraufhin anberaumte Notartermin scheiterte jedoch, wofür sich die Beteiligten gegenseitig die Schuld gaben.
Der Beklagte zu 1), der die Geschäfte der Gesellschaft führte, lud den Kläger daraufhin zu einer Gesellschafterversammlung ein, worin der Ausschluss des Klägers beschlossen wurde. Der Kläger habe seine Treuepflichten erheblich und vorsätzlich verletzt. Das Vertrauensverhältnis zu den übrigen Gesellschaftern sei zerstört. Die Klagen des Klägers hätten die Gesellschaft bereits mit insgesamt 13.000 € Prozesskosten belastet, obwohl die streitgegenständlichen Fragen jeweils ohne Kosten in Gesellschafterversammlungen hätten geklärt werden können.
Der Kläger habe zudem als Gesellschafter einer anderen Gesellschaft die Rückzahlung eines Kredites an die GbR ohne Grund verweigert. Deshalb kann die Gesellschaft Vergleichszahlungen an den Kläger nicht bedienen. Der Kläger drohe nun, die Zwangsvollstreckung zu betreiben und die GbR „zu ruinieren“.
Der Ausschluss des Klägers wurde von den Beklagten zu 1) und 2) einstimmig beschlossen. Gegen diesen richtet sich der Kläger mit seiner Klage.
Inzwischen betreibt der Kläger die Zwangsvollstreckung gegen die GbR.
Erstinstanzlich wurde die Nichtigkeit des Ausschlussbeschlusses festgestellt. Die Beklagten zu 1) und 2) verfolgen mit ihrer Berufung die Aufhebung des Urteils.
Die Berufung ist unbegründet und erfolglos.
Es war nicht gerechtfertigt, den Kläger aus der Gesellschaft auszuschließen.
Laut BGH setzt ein wichtiger Grund zum Ausschluss eines Gesellschafters gem. § 737 BGB aF im Falle eines tiefgreifenden Zerwürfnisses zwischen den Gesellschaftern voraus, „dass das Zerwürfnis von dem betroffenen Gesellschafter zumindest überwiegend verursacht worden ist und in der Person der die Ausschließung betreibenden Gesellschafter keine Umstände vorliegen, die deren Ausschließung oder die Auflösung der Gesellschaft rechtfertigen“. Nur das überwiegende Verschulden des auszuschließenden Gesellschafters rechtfertige sein Hinausdrängen. Bei etwa gleichen Verursachungsbeiträgen aller Gesellschafter ist die Gesellschaft als solche infrage zu stellen und durch Kündigung zu beenden, § 723 Abs. 1 S. 2 BGB aF. Die Ausschließung eines Gesellschafters ist ultima ratio, wenn die Gesellschaft fortbestehen soll.
Der Senat kommt hier zu dem Ergebnis, dass sich die generell von den Beklagten erhobenen Vorwürfe gegen den Kläger als „ausgesprochen zweischneidig“ erweisen. Dem Kläger sei nicht vorzuwerfen, er habe die GbR mit unnötigen Prozessen und den damit einhergehenden Kosten belastet, denn ansonsten hätte er diese Prozesse schließlich verlieren müssen. Die befassten Gerichte haben jedoch Mediationen und Vergleiche angeraten - dies zeige, dass der Kläger nicht ohne jede Berechtigung vorgegangen sei. Die gerichtliche Geltendmachung einer Forderung, die in Zukunft nicht infrage steht, ist zwar für sich genommen geeignet, eine etwaige Treuwidrigkeit zu begründen. Jedoch hat sich die GbR auch hier vergleichsweise auf Ratenzahlung eingelassen und nicht versucht, eine entsprechende Klausel des Gesellschaftsvertrages entgegenzuhalten, in der die Liquidität der Gesellschaft höher gewichtet wird, als der Gewinnentnahmeanspruch einzelner Gesellschafter.
Auch die Entwicklungen nach dem Beginn der Zwangsvollstreckung sprechen nicht dafür, dass der Kläger die Gesellschaft hätte ruinieren wollen. Jedenfalls ist die GbR nicht zahlungsunfähig geworden.
Schlussendlich bewertet das OLG das Verhalten des Klägers zwar weder als zweckdienlich, noch als gesellschaftsfreundlich, jedoch hat es kein solches Übergewicht an Illoyalität des Klägers gegenüber der Gesellschaft und/oder gegenüber den Beklagten zu 1) und 2) festgestellt, das einen Ausschluss rechtfertigen würde.
Der Ausschluss eines Gesellschafters ist ultima ratio. Die Einschätzung, ob Gerichte diesen als gerechtfertigt ansehen oder nicht, gleicht oftmals dem Blick in die Glaskugel. Daher ist es in der Praxis ratsam, sofern konkretisierbar, eine Aufzählung an „wichtigen Gründen“ iSd § 737 BGB aF (jetzt im überwiegend inhaltsgleichen, jedoch um zwei Regelbeispiele erweiterten § 727 BGB nF) gesellschaftsvertraglich festzuhalten.
Im Übrigen ist das Urteil des OLG Brandenburg (richtigerweise) nicht ohne Kritik geblieben. Die Argumentation des Obergerichts ist an manchen Stellen verwirrend und verkennt mitunter die tatsächliche Lage - dies zeigt jedoch erneut wie unberechenbar gerichtliche Entscheidungen bzgl. der Feststellung etwaiger Nichtigkeit von Gesellschafterausschlüssen sein können.