BGH V ZB 8/20
Kein Anspruch auf Löschung einer Grundschuld aufgrund eines eingezogenen Erbscheins (§ 35 Abs. 1 GBO)

28.12.2021

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BGH
17.09.2020
V ZB 8/20
ZEV 2020, 773

Leitsatz | BGH V ZB 8/20

Mit einem eingezogenen Erbschein kann der Nachweis der Erbfolge gem. § 35 Abs. 1 GBO nicht geführt werden.

Sachverhalt | BGH V ZB 8/20

Die Beteiligten zu 1 und 2 sind eingetragene Eigentümer eines Grundstücks. Zugunsten des Vaters V von den Beteiligten zu 3 und 4 ist im Grundbuch eine Grundschuld in Höhe von 219.000 Euro eingetragen. Die Beteiligten zu 3 und 4 bewilligten die Löschung und legten zur Beantragung der Löschung eine Kopie des Erbscheins des Amtsgerichts D vom 11.05.2016 vor, wonach V von der Mutter M und den Beteiligten zu 3 und 4 beerbt und Testamentsvollstreckung angeordnet wurde. Dieser Erbschein wurde am 21.10.2016 eingezogen. Darüber hinaus legten sie einen gemeinschaftlichen Erbschein des Amtsgerichts G vom 15.11.2016 vor, wonach die Beteiligten zu 3 und 4 Miterbinnen je zu 1/2 nach M sind.

Das Grundbuchtamt hat eine Zwischenverfügung mit dem Inhalt erlassen, dass ein Erbnachweis nach V zur Grundbuchberichtigung erforderlich sei. Das OLG weist die hiergegen erhobene Beschwerde zurück. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig.

Entscheidung | BGH V ZB 8/20

Das Beschwerdegericht ersieht die Rechtsbeschwerde als unbegründet an. Die Löschung eines Grundpfandrechts erfordere entweder die Bewilligung des von der Löschung Betroffenen (§ 19 GBO) und die Zustimmung des Eigentümers des Grundstücks (§ 27 S. 1 GBO) oder den Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs (§ 22 Abs. 1 S. 1, § 27 S. 2 GBO).

Die Einreichung der beiden Erbscheine kann noch keine Unrichtigkeit des Grundbuchs und damit die Löschung der Grundschuld begründen.

Auch eine Löschung durch Bewilligung des Betroffenen und Zustimmung der Eigentümer gelingt im vorliegenden Fall nicht, da die Beteiligten zu 3 und 4 mit dem Einreichen der Erbscheine nicht den Übergang der Grundschuld im Wege der Erbfolge nach V als im Grundbuch eingetragenen Berechtigten nachweisen können. Zwar kann ein solcher Nachweis grundsätzlich gemäß § 35 Abs. 1 GBO durch das Einreichen eines Erbscheins erbracht werden, eine Kopie des vom Amtsgericht D erteilten Erbscheins ist jedoch für einen solchen Nachweis ungeeignet. Vielmehr sei die Vorlegung der Urschrift oder einer Ausfertigung des Erbscheins zu führen. Als Nachweis könne grundsätzlich zwar auch auf die Nachlassakten verwiesen werden, wenn diese beim selben Amtsgericht geführt werden wie die Grundakten. Dies sei jedoch dann nicht möglich, wenn der Erbschein eingezogen oder für kraftlos erklärt wurde, was in der vorliegenden Rechtssache der Fall ist. Der Grund dafür liege im Schutz des Rechtsverkehrs, da ein unrichtiger Erbschein eingezogen und damit kraftlos wird. Der Gedanke liefe jedoch ins Leere, wenn ein eingezogener Erbschein als Nachweis in einem besonders formalisierten Grundbuchverfahren als ausreichend angesehen werden würde. Es sei zudem für das Grundbuchamt unerheblich, aus welchem Grund der Erbschein eingezogen wurde.

Dieser Entscheidung stünden insbesondere nicht die Urteile des OLG München vom 14.03.2014 – 34 Wx 502/13 und des OLG Hamm vom 11.06.2002 – 15 W 170/02 entgegen. Die Rechtsbeschwerde wurde zurückgewiesen.

Praxishinweis | BGH V ZB 8/20

§ 35 GBO dient vor allem dem Schutz des Rechtsverkehrs, weshalb der Gesetzgeber eine enge Auslegung seines Wortlauts gewollt hat. Ist im § 35 GBO mithin von der Vorlage eines Erbscheins die Rede, so sollten sich Rechtsanwender grundsätzlich auf die Verpflichtung zur Vorlage einer Urschrift oder einer Ausfertigung des Erbscheins einstellen. Ist also schon eine beglaubigte Abschrift als Nachweis nicht ausreichend, so gelingt der Nachweis erst recht nicht mithilfe einer einfachen Fotokopie.