I. Einführung
Um einen Nachlass ordnungsgemäß verwalten zu können, ist es erforderlich, im Vorfeld nachlassplanerische Überlegungen anzustellen und etwaig bestehende Risiken zu analysieren und vorzubeugen. Dabei kann es insbesondere ratsam sein, eine Gesellschaft als Testamentsvollstrecker einzusetzen. In der Praxis werden in diesen Fällen häufig Gesellschaften mit beschränkter Haftung von Steuerberatern und Rechtsanwälten sowie Kreditinstituten eingesetzt.
II. Möglichkeiten und Ausgestaltung der Einsetzung
Gesellschaften werden als Testamentsvollstrecker eingesetzt, um der Testamentsvollstreckung beispielsweise Stabilität zu verleihen und etwaig auftretende Problematiken bezüglich der Nachfolge für einen ausgefallenen Testamentsvollstrecker zu vermeiden. Bei der Einsetzung einer juristischen Person als Testamentsvollstrecker hat dies den Vorteil, dass diese nicht versterben kann. Nur bei der Löschung der Gesellschaft aus dem Handelsregister endet die Testamentsvollstreckung. Auch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft beendet die Testamentsvollstreckung nach herrschender Meinung in der Regel nicht automatisch, es sei denn, die Auslegung des Erblasserwillens ergibt, dass die Ausübung durch einen insolventen Testamentsvollstrecker nicht im Sinne des Erblassers ist (Heckschen in: Burandt/Rojahn, ErbR, BGB, § 2197 BGB Rn. 7d). Daneben können zudem Haftungsrisiken eine ausschlaggebende Rolle spielen, da durch das Einsetzen z.B. einer GmbH ein aufwändiger Versicherungsfall vermieden werden kann (vgl. Reimann, ZEV 2021, 742 (742) m.w.N.).
Nach herrschender Meinung besteht die Möglichkeit zur Einsetzung einer juristischen Personengesellschaft oder Personenhandelsgesellschaft als Testamentsvollstrecker und ergibt sich aus dem Verweis auf § 2163 Abs. 2 BGB in § 2210 S. 3 BGB. Die Organe der juristischen Personen nehmen in diesen Fällen das Amt im Namen der Gesellschaft wahr (vgl. Heckschen in: Burandt/Rojahn, ErbR, BGB § 2197 BGB Rn. 4, 7a m.w.N.). Dies gilt aufgrund der neueren BGH-Rechtsprechung, nach der der GbR eine beschränkte Rechtsfähigkeit zugebilligt wird, auch für die BGB-Gesellschaft (vgl. Palandt/Weidlich, BGB, 80. Aufl. 2021, § 2197 Rn. 5 m.w.N.; BeckOK BGB/Lange, 61. Ed. 1.2.2022, BGB, § 2197 Rn. 32; BGH, NJW 2001, 1056).
Für diese Ansicht spricht auch, dass gegen eine Beteiligung eines Testamentsvollstreckers an einer Gesellschaft nach den Grundsätzen der Kapitalaufbringung insbesondere dann keine Bedenken bestehen, wenn er die Erben aufgrund gesonderter Ermächtigungen persönlich verpflichten kann oder als Treuhänder persönlich unbeschränkt haftet bzw. die Kapitalaufbringung gesichert ist (Ulmer/Löbbe, in: Habersack/Casper/Löbbe, GmbHG Großkomm, 3. Aufl. 2019, § 2 Rn. 40 m.w.N.).
Möchte der Erblasser mit seinem Testament eine haftungsbeschränkte Gesellschaft als Testamentsvollstrecker einsetzen, muss für jeden Einzelfall geprüft werden, ob er dadurch den zwingenden Schutz des Erben verletzt. Dies ist erforderlich, damit es zu keinem Wertungswiderspruch zu der zwingenden Haftung des Testamentsvollstreckers gegenüber den Nachlassbeteiligten (§§ 2219, 2220 BGB) kommt, von der auch der Erblasser keine Befreiung erteilen kann (vgl. Heckschen, in: Burandt/Rojahn, ErbR, BGB, § 2197 BGB Rn. 7a m.w.N.). Soweit die Einzelfallprüfung ergibt, dass der Schutz des Erben verletzt ist, ist die Ernennung einer derartigen Gesellschaft unwirksam. Ist die Unwirksamkeit der Ernennung einer Gesellschaft zum Testamentsvollstrecker festgestellt, ist anschließend zu prüfen, ob ein Ersatztestamentsvollstrecker bestimmt wurde oder das Nachlassgericht in der Verfügung ausdrücklich oder konkludent gem. § 2200 BGB ersucht wurde. Soweit keiner dieser Fälle vorliegt, entfällt die Anordnung der Testamentsvollstreckung selbst. Dadurch, dass über die Anordnung nur das Streitgericht entscheiden kann, können sich für einen längeren Zeitraum Unsicherheiten ergeben, die bereits bei der Anordnung bedacht werden sollten (vgl. Reimann, ZEV 2021, 742 (743) m.w.N.).
Nach §§ 2218 Abs. 1, 664 Abs. 1 S. 1 BGB ist der Testamentsvollstrecker, mithin auch eine juristische Person, zur persönlichen Amtsführung verpflichtet, d.h. er darf sein Amt nicht im Ganzen auf einen Dritten übertragen. Bei einer GmbH sind die Geschäftsführer zur Durchführung der Testamentsvollstreckung berufen (Heckschen, in: Burandt/Rojahn, ErbR, BGB § 2197 BGB Rn. 7a m.w.N.). Dass Gesellschaften nur durch ihre Organe handeln können, verstößt nicht gegen diesen Grundsatz, da die Vertretung der Gesellschaft durch ihre Organe zwingend ist [vgl. DNotl-Report 2022, 4 (4 f.)].
Nach einer Ansicht kann der Erblasser keine bestimme Person der Gesellschaft als Testamentsvollstrecker auswählen, da dies in die Autonomie der Gesellschaft eingreifen würde. Die Gesellschaft soll selbst entscheiden dürfen, wer ihr Geschäftsführer ist. Ist der Erblasser damit unzufrieden, muss er die Ernennung der betreffenden Gesellschaft als Testamentsvollstrecker unter eine aufschiebende Bedingung stellen. Zudem sollte geregelt werden, dass ein Wechsel in der Person des Organs als auflösende Bedingung für die Ernennung des Testamentsvollstreckers gelten soll (vgl. Reimann, ZEV 2021, 742 (744) m.w.N.).
Der herrschenden Meinung nach kann der Erbe gem. § 2208 I 1 BGB analog zulässigerweise auf die Person des Organs Einfluss nehmen und den Kreis der natürlichen Personen als Organ beschränken (vgl. Heckschen, in: Burandt/Rojahn, ErbR, BGB § 2197 BGB Rn. 7a; DNotl-Report 2022, 4 (5)). Soweit ein gänzlicher Ausschluss einzelner Rechte gem. § 2208 I 1 BGB möglich ist, besteht kein Anlass dazu, nicht auch die Testamentsvollstreckung auf eine bestimmte natürliche Person als Organ zu beschränken. Dafür spricht zudem, dass sich diese Beschränkung als Minus zur Entziehung der Testamentsvollstreckerbefugnis insgesamt darstellt und der Erblasser die Testamentsvollstreckung sogar unter eine auflösende Bedingung stellen kann (Heckschen, in: Burandt/Rojahn, ErbR, BGB § 2208 BGB Rn. 2a m.w.N.). Daneben ist die Anordnung, die Fortdauer der Testamentsvollstreckung von dem Verbleib der gewünschten natürlichen Person in der Geschäftsführung abhängig zu machen, empfehlenswert, um eine unzulässige Fremddisposition des Testamentsvollstreckers zu verhindern (vgl. Heckschen, in: Burandt/Rojahn, ErbR, BGB, § 2197 BGB Rn. 7a; BeckOK BGB/Lange, 61. Ed. 1.2.2022, BGB, § 2197 Rn. 32a).
Eine wirksam als Testamentsvollstrecker ernannte Gesellschaft kann nach allgemeiner Ansicht Bevollmächtigte (z.B. Prokuristen) für sich handeln lassen, soweit sie nach wie vor die Herrschaft über die Ausführung der Testamentsvollstreckung hat, da das Organ selbst die Vollmacht erteilt und somit nicht in die Autonomie der Gesellschaft eingegriffen wird. Zudem muss der maßgebliche Wille des Erblassers beachtet werden (vgl. Reimann, ZEV 2021, 742 (744); OLG Köln v. 09.12.2019 – 2 Wx 346/19, ZEV 2020, 175 mAnm. Reimann; KG v. 05.07.2021 – 1 W 26/21, BeckRS 2021, 17457, ZEV 2021, 776).
Es ist strittig, ob auch Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder einer AG Testamentsvollstrecker sein können, soweit Aktien der Gesellschaft Bestandteil des Nachlasses sind. Nach einer Ansicht ist dies aufgrund der Gefahr von Interessenskonflikten unzulässig (vgl. Frank, NZG 2002, 898). Nach einer anderen Ansicht ist dies mangels Interessenkonflikts zulässig, da ein Aktionär der Gesellschaft sonst auch gleichzeitig Organmitglied sein kann und Ämter bei einer GmbH grundsätzlich kumuliert werden können (vgl. Gursky, ZEV 2008, 1 (4); Heckschen, in: Burandt/Rojahn, ErbR, BGB § 2197 BGB Rn. 7c).
Auch die Auswirkungen von Umwandlungen von Gesellschaften und Veränderungen im Gesellschafterbestand auf die vorliegende Thematik sind umstritten.
Einer Ansicht nach wird die Thematik folgendermaßen gehandhabt: Wird eine juristische Person oder Handelsgesellschaft, die mit einer Testamentsvollstreckung betraut ist, umgewandelt und bleibt der Rechtsträger, dem die Testamentsvollstreckung übertragen ist, bestehen, dann bleibt auch die Testamentsvollstreckung selbst grundsätzlich bestehen.
Begründet wird dies damit, dass die Stellung als Amtswalter grundsätzlich personengebunden ist. Soweit der Erblasser also nicht von dem Ernennungsmechanismus gem. §§ 2198 bis § 2200 BGB Gebraucht gemacht hat, endet das Testamentsvollstreckeramt, wenn der betraute Rechtsträger erlischt.
Die herrschende Meinung geht demgegenüber davon aus, dass das persönliche Element in solchen Konstellationen nachrangig ist und es vielmehr auf eine Gewähr für fachmännische Ausführung ankommt (Heckschen, in: Burandt/Rojahn, ErbR, BGB, § 2225 BGB Rn. 4). Dies ist damit zu begründen, dass es maßgeblich auf den Willen des Erblassers ankommt und die Auslegung des Willens des Erblassers häufig ergeben wird, dass dieser im Falle einer Umwandlung mit Gesamtrechtsnachfolge die Zielgesellschaft als Ersatztestamentsvollstrecker ernannt hat (vgl. Reimann, ZEV 2021, 742 (745); Winter, in Schmitt/Hörtnagl, UmwG, 9. Aufl. 2020, § 20 Rn. 85; Lutter/Grunewald, UmwG, 6. Aufl. 2019, § 20 Rn. 24; Heckschen, GmbHR 2014, 626). Mithin endet das Amt bei einer Verschmelzung, Abspaltung oder Ausgliederung nach dem UmwG ebenso wenig wie das Amt eines Wohnungseigentumsverwalters (vgl. Heckschen, in: Burandt/Rojahn, ErbR, BGB, § 2197 BGB Rn. 7d; BGH, NJW 2014, 1447). Sofern ein als Testamentsvollstrecker eingetragener Einzelkaufmann eine Ausgliederung vollzieht, geht das Amt des Testamentsvollstreckers wie das Amt des Wohnungseigentumsverwalters über (vgl. BGH, ZIP 2021, 1965). Das Testamentsvollstreckeramt endet demgegenüber bei Verlust der Rechtsfähigkeit der juristischen Person gem. § 2225 BGB analog (Heckschen, in: Burandt/Rojahn, ErbR, BGB § 2225 BGB Rn. 1, 4).
Schließlich ist zu beachten, dass, auch wenn eine juristische Person Testamentsvollstrecker ist, die 30-jährige Frist des § 2210 S. 1 BGB gilt (§§ 2210 S. 3, 2163 Abs, 2 BGB), d.h. dass die Optionen zur Verlängerung nicht genutzt werden können. Das gleiche gilt, wenn eine OHG, KG oder BGB-Gesellschaft Testamentsvollstreckerin ist. Etwas anderes gilt nur bei der Kombination der Verlängerungsoptionen gem. § 2210 S. 2 BGB (vgl. Reimann, ZEV 2021, 742 (745) m.w.N.; BGH v. 29.01.2001 – II ZR 331/00, NJW 2001, 1056).
III. Fazit
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die Einsetzung einer Gesellschaft als Testamentsvollstrecker grundsätzlich möglich ist und in einigen Fallkonstellationen durchaus sinnvoll erscheint, insbesondere, um der Testamentsvollstreckung Stabilität zu verleihen und Haftungsrisiken zu vermeiden.
Gerade in Fällen, in denen es auf die Auslegung des Erblasserwillens ankommt, kommt es häufig zum Streit, weshalb es ratsam ist, die maßgeblichen Verfügungen möglichst klar und eindeutig zu formulieren.
Autor: Prof. Dr. Heribert Heckschen, Notar in Dresden