OLG Karlsruhe 1 W 14/24 (Wx)
Stellvertretung bei Abgabe einer Versicherung nach § 707 Abs. 2 Nr. 4 BGB

04.02.2025

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Karlsruhe
13.01.2025
1 W 14/24 (Wx)
n. v.

Leitsatz | OLG Karlsruhe 1 W 14/24 (Wx)

Eine (General-) Vollmacht ohne jeden Bezug zu einer Registereintragung und ohne Hinweis auf eine Vertretungsbefugnis bei der Antragstellung zur Eintragung in das Gesellschaftsregister und den dafür erforderlichen persönlichen Versicherungen stellt keine wirksame Bevollmächtigung zur Abgabe der Versicherung nach § 707 Abs. 2 Nr. 4 BGB dar. 

Sachverhalt | OLG Karlsruhe 1 W 14/24 (Wx)

Ein Urkundsnotar beantragte am 08.02.2024 die (Neu-) Eintragung einer GbR beim Registergericht. Dieser Antrag stützte sich auf die Erklärungen des Vaters der beiden Gesellschafter, der dabei aufgrund notariell beurkundeter Generalvollmachten der Gesellschafter handelte. Das Gericht beanstandete am 09.02.2024 und erneut am 13.02.2024 per Zwischenverfügung, dass die nach § 707 Abs. 2 Nr. 4 BGB erforderliche Versicherung lediglich höchstpersönlich und nicht durch Vertreter abgegeben werden könne, da diese strafbewehrt sei. Der Notar widersprach und legte hiergegen am 20.02.2024 Beschwerde ein. Das Registergericht half der Beschwerde jedoch nicht ab und legte die Sache dem Beschwerdegericht vor. 

Entscheidung | OLG Karlsruhe 1 W 14/24 (Wx)

Die zulässige Beschwerde blieb in der Sache ohne Erfolg. Nach Ansicht des Beschwerdegerichts hat das Registergericht zu Recht die Vorlage einer höchstpersönlichen Versicherung der Gesellschafter gemäß § 707 Abs. 2 Nr. 4 BGB verlangt.

Nach § 707 Abs. 2 Nr. 4 BGB bedürfe es der Versicherung, dass die Gesellschaft nicht bereits im Handels- oder Partnerschaftsregister eingetragen sei. Zwar ließe sich aus dem Wortlaut nicht ausdrücklich entnehmen, dass eine Stellvertretung ausgeschlossen sei, jedoch spräche der systematische Zusammenhang mit § 707 Abs. 1 BGB, wonach die Anmeldung durch die Gesellschafter selbst zu erfolgen habe, dafür, dass auch die zugehörige Versicherung persönlich abgegeben werden müsse.

Eine Möglichkeit zur Stellvertretung ergäbe sich auch nicht aus einer in § 707b Nr. 2 BGB angeordneten entsprechenden Anwendung des § 12 HGB über die registerrechtliche Behandlung, da dies nur für bereits eingetragenen Gesellschaften und nicht für Ersteintragungen angeordnet sei. 

Aus Sicht des Gerichts könne eine Vertretung bei der Abgabe der Versicherung nach § 707 Abs. 2 Nr. 4 BGB aber auch nicht unmittelbar aus § 12 Abs. 1 Satz 3 HGB hergeleitet werden, da § 12 Abs. 1 Satz 3 HGB ausschließlich die Verfahrenshandlung der Anmeldung selbst betreffe, nicht jedoch die zusätzlich einzureichenden (persönlichen) Erklärungen, insbesondere Wissenserklärungen wie die Versicherung nach § 707 Abs. 2 Nr. 4 BGB.

Soweit vertreten werde, dass eine analoge Anwendung von § 12 Abs. 1 S. 3 HGB i.V.m. §§ 10 Abs. 2, 378 Abs. 1 FamFG auf alle mit der Registeranmeldung verbundenen Erklärungen möglich sei, fehle es bereits an einer überzeugenden Auseinandersetzung mit dem Wortlaut der Vorschrift. Zudem sei eine Vertretung nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen nur bei der Abgabe von Willenserklärungen möglich, nicht jedoch zwingend bei Wissenserklärungen, deren Stellvertretung in der Literatur umstritten sei.

Selbst wenn eine Stellvertretung bei der Abgabe der Versicherung grundsätzlich zulässig wäre, müsste eine entsprechende Vollmacht ausdrücklich auch die Erklärungsabgabe und damit auch die Abgabe der Versicherung nach § 707 Abs. 2 Nr. 4 BGB im Rahmen der Registeranmeldung umfassen, wobei an eine mögliche Auslegung einer solchen Vollmacht mit Blick auf die durch die Registerführung bezweckte Verkehrssicherheit strenge Anforderungen zu stellen seien. Die vorgelegte „General- und Vorsorgevollmacht“ enthielte keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte dafür, dass sie sich auf die Anmeldung zum Gesellschaftsregister und die damit verbundene Versicherung nach § 707 Abs. 2 Nr. 4 BGB erstreckte. Weder enthalte der Wortlaut der vorgelegten „General- und Vorsorgevollmacht“ überhaupt einen Bezug zur Registereintragung noch einen Hinweis darauf, dass Anträge zur Eintragung in das Gesellschaftsregister sowie die dafür erforderliche persönliche Versicherungen bzw. Wissenserklärungen der Gesellschafter umfasst sein könnten. Auch das allgemeine Ziel, zur Vertretung in allen vermögensrechtlichen Angelegenheiten zu befugen, könne ohne weitere Anhaltspunkte im Text zur Umschreibung der Vollmacht nicht ohne Weiteres auf die hier erforderliche Versicherung übertragen werden.

Da eine wirksame Bevollmächtigung aus Sicht des Gerichts nicht festgestellt werden konnte, bedürfe es keiner Entscheidung, ob eine Vertretung bereits deshalb ausgeschlossen war, weil es sich bei der Abgabe der Versicherung um eine höchstpersönliche Erklärung handelte. Ebenso könne dahinstehen, ob das Registergericht im Rahmen seines Ermessens gemäß § 28 Abs. 1 FamFG berechtigt gewesen wäre, die persönliche Versicherung der Gesellschafter zu verlangen mit der Folge, dass bei einer Weigerung die Eintragung abgelehnt werden könnte. 

Praxishinweis | OLG Karlsruhe 1 W 14/24 (Wx)

Bedauernswerterweise hat das OLG Karlsruhe hier keine abschließende Entscheidung darüber getroffen, ob eine Stellvertretung bei der Abgabe der Versicherung nach § 707 Abs. 2 Nr. 4 BGB generell zulässig ist. Es hat jedoch klargestellt, dass selbst bei Annahme einer solchen Vertretungsmöglichkeit einer ausdrücklichen Bevollmächtigung bedarf bzw. eine solche zumindest eindeutig durch Auslegung ermittelbar sein muss. Allgemeingehaltene (General-)vollmachten reichen hiernach nicht aus. Zur Vermeidung von Eintragungshindernissen sollten Vollmachten daher präzise gefasst und ausdrücklich auf die Abgabe der erforderlichen Versicherung erstreckt werden.