OLG Karlsruhe 19 W 21/24 (WX)
Eventualeinberufung der Mitgliederversammlung eines Vereins

31.01.2025

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Karlsruhe
29.04.2024
19 W 21/24 (WX)
ZIP 2024, 1334

Leitsatz | OLG Karlsruhe 19 W 21/24 (WX)

Eine Eventualeinberufung zur Mitgliederversammlung für den Fall fehlender Beschlussfähigkeit ist nur bei entsprechender Satzungsgrundlage zulässig (Anschluss an BayObLG, Beschl. v. 18.09.2002 – 3Z BR 148/02 –, juris, Rn. 12; LG Bremen, Beschl. vom 14.10.1998 – 2 T 736/98 –, juris [Ls.]).

Sachverhalt | OLG Karlsruhe 19 W 21/24 (WX)

Die Satzung des Vereins enthält in der seit Dezember 1991 geltenden Fassung u.a. folgende Regelungen:

„§ 7
(5) Die Mitgliederversammlung ist, soweit es die Satzung nicht anders bestimmt, ohne Rücksicht auf die Zahl der anwesenden Mitglieder beschlussfähig (…).
§ 8
(3) Den Verein vertritt gerichtlich und außergerichtlich der/die Vorsitzende und sein/e ihr/e Stellvertreter/in. Jeder ist allein vertretungsberechtigt.
§ 16
(1) Über Satzungsänderungen entscheidet die Mitgliederversammlung
a) auf Antrag des Vorstands
b) auf schriftlichen Antrag von mindestens 1/4 der Mitglieder.
(2) Die Änderung bedarf der Zustimmung von 2/3 der in der Mitgliederversammlung anwesenden Mitglieder und der beiden Gemeinden. Die Hälfte der Mitglieder muss anwesend sein. Sollte dies nicht der Fall sein, ist eine weitere Mitgliederversammlung einzuberufen, die berechtigt ist, die Satzung ohne Mitgliedermindestanzahl zu ändern.“

Der Antragsteller meldete im Dezember 2023 zur Eintragung in das Vereinsregister an, dass § 16 der Satzung des Vereins geändert sei. Folgende Unterlagen legte er vor:

Einladung zur vom 27. Juni 2023 zur Jahreshauptversammlung am den 11. Juli 2023, 18.00 Uhr, ein. Darin hieß es: „Sollte die erforderliche Anzahl von der Hälfte der Mitglieder nicht anwesend sein und wir somit nicht beschlussfähig sein, erfolgt eine weitere ordentliche Jahreshauptversammlung im Anschluss am 11. Juli 2023, 18.15 Uhr“

In der auf 18 Uhr geladenen Versammlung waren nur 18 von 72 Vereinsmitgliedern erschienen. Es wurden keine Beschlüsse gefasst. In der auf 18.15 Uhr anberaumten Versammlung wurde eine Änderung des § 16 der Satzung einstimmig beschlossen.

Das Amtsgericht hat die Anmeldung – nach vorhergehendem Hinweis, dem der Antragsteller entgegengetreten ist – zurückgewiesen. Der satzungsändernde Beschluss sei nicht wirksam gefasst worden, weil die zu diesem Zeitpunkt geltende Satzung keine Regelung zu einer Eventualeinberufung vorsehe. Die Anmeldung beruhe daher unter einem nicht behebbaren Mangel.
 
Der Antragsteller wendet sich gegen die Zurückweisung der Anmeldung einer Satzungsänderung des Vereins.
 

Entscheidung | OLG Karlsruhe 19 W 21/24 (WX)

Das OLG Karlsruhe wies die Beschwerde zurück. Das Amtsgericht habe die Eintragung der Satzungsänderung zu Recht verweigert. Bei Anmeldung einer Satzungsänderung habe das Registergericht nicht nur die formelle Ordnungsmäßigkeit zu prüfen, sondern auch, ob der satzungsändernde Beschluss mit der nach dem Gesetz oder der Satzung erforderlichen Mehrheit gefasst worden sei. Dass der Beschluss über die Satzungsänderung nicht ordnungsgemäß gefasst worden sei, ergebe sich schon aus den vom Verein bei der Anmeldung vorgelegten Unterlagen.

Die nach § 16 Absatz 2 Satz 2 der bisherigen Satzung (Dezember 1991) für einen Beschluss über eine Satzungsänderung erforderliche Zahl von Vereinsmitgliedern sei nicht anwesend gewesen. Bei 72 Mitgliedern habe es der Anwesenheit von mindestens 36 Mitgliedern bedurft, anwesend seien nur 18 stimmberechtigte Personen gewesen.

Die Satzungsänderung habe auch nicht in der zweiten Mitgliederversammlung um 18.15 Uhr ohne Mindestanwesendenzahl beschlossen werden können. Die Satzung habe zum Zeitpunkt der Beschlussfassung für diese Situation vorgesehen, dass eine „weitere Mitgliederversammlung“ einzuberufen sei, die dann auch für Satzungsänderungen ohne Mitwirkung eines bestimmten Quorums von Mitgliedern beschlussfähig sei. Eine Eventualeinberufung bereits mit der ursprünglichen Einladung sei in der Satzung nicht vorgesehen gewesen. Sie habe eben mit der streitigen Änderung gerade erst eingeführt werden sollen. Das OLG Karlsruhe führt aus, dass nach h.M. in Rechtsprechung und Literatur das Verfahren der Eventualeinberufung nur dann zulässig sei, wenn die Satzung dies vorsehe.

Daran ändere die Entscheidung des BGH (v. 10. Oktober 1988 –II ZR 51/88 –, juris), auf die sich der Antragsteller berufe, nichts, da der zu entscheidende Fall ein anderer war – die Satzung zum Zeitpunkt der Beschlussfassung die Eventualeinberufung bereits vorsah. Die von dem Antragsteller angenommene Divergenz zwischen den Entscheidungen des BGH und des BayOblG bestehe vor diesem Hintergrund nicht.

Beschlüsse, die in einer Mitgliederversammlung gefasst wurden, die auf Grund einer nicht durch die Satzung zugelassenen Mitgliederversammlung gefasst worden sind, seien grundsätzlich nichtig. Aus diesem Grund habe das Registergericht die Eintragung zu Recht verweigert.
 

Praxishinweis | OLG Karlsruhe 19 W 21/24 (WX)

Dieser Fall zeigt deutlich, dass es auch für Vereine sinnvoll ist, eine Rechtsberatung bei Erstellung und Änderung der Vereinssatzung in Anspruch zu nehmen. Eine vorausschauende Satzungsgestaltung kann im Laufe der Zeit viel Ärger und Zeit ersparen.