Am 22. November 2024 hat der Bundesrat die Zustimmung zum Jahressteuergesetz (JStG) 2024 erteilt, welches auf eine Vielzahl von aktuellen Erfordernissen, EU-Vorgaben und Entscheidungen der Rechtsprechung reagiert hat. Nach Verkündung des Gesetzes werden im Immobilienbereich insbesondere die folgenden, zahlreichen Neuerungen relevant:
I. Anpassung der Gebäudeabschreibung
Die neue Regelung des § 7a EStG wird in Abs. 9 redaktionell an § 7 Abs. 5a EStG angepasst. Damit ist die Klarstellung verbunden, dass nach Ablauf des maßgebenden Begünstigungszeitraums einer Sonderabschreibung die weitere Abschreibung auf Basis des Restwerts und des im § 7 Abs. 5a EStG festgelegten Prozentsatzes erfolgen kann. Dies ist jedoch nur möglich, wenn der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut bereits vor Ablauf des Begünstigungszeitraums degressiv nach § 7 Abs. 5a EStG abgeschrieben hat. Geltend gemacht werden kann dies rückwirkend ab dem Veranlagungszeitraum 2023.
II. Bauleistungen: Elektronische Antragstellung und Steuerabzug
Ab dem 1. Januar 2026 wird mit § 48c EStG die verbindliche elektronische Antragstellung für die Erstattung des Bausteuerabzugsbetrages eingeführt. Eine Ausnahme besteht lediglich für Härtefälle, in denen die elektronische Antragstellung für den Steuerpflichtigen eine unbillige Härte darstellen würde.
III. Förderung wohngemeinnütziger Zwecke
Eine bedeutende Neuerung betrifft die Einführung der Wohngemeinnützigkeit. Mit der Ergänzung des § 52 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) wird die Förderung wohngemeinnütziger Zwecke aufgenommen. Somit werden künftig Vermieter steuerlich entlastet, wenn sie dauerhaft vergünstigten Wohnraum zur Verfügung stellen. Hierbei muss die Miete dauerhaft unter der marktüblichen Miete angesetzt werden. Die neue Regelung tritt zum 1. Januar 2025 in Kraft.
IV. Erbschaftsteuer: Erweiterte Stundungsregelung bei Wohnimmobilien
Die Steuerstundung für Wohnimmobilien wird auf Antrag auf bis zu 10 Jahre ausgeweitet (§ 28 Abs. 3 ErbStG), soweit die Steuer nur durch Veräußerung des zu Wohnzwecken genutzten Grundbesitzes aufgebracht werden kann. Bislang erfasste die Regelung lediglich Grundstücke, die im Erwerbszeitpunkt die Voraussetzungen des § 13d Abs. 3 ErbStG erfüllten. Die Änderung in § 28 Abs. 3 ErbStG schließt nun sämtliche Fälle ein, in denen Grundbesitz zu Wohnzwecken genutzt wird. Die Stundungsregelung umfasst auch Konstellationen, in denen das vom Erblasser oder Schenker genutzte Grundstück nach dem Erbfall oder der Schenkung zu Wohnzwecken vermietet wird oder sich in einem Drittstaat befindet. Für Grundstücke in Drittstaaten wird die Stundung jedoch nur gewährt, wenn ein geeigneter Informationsaustausch und die Amtshilfe in Bezug auf die Erbschaft- oder Schenkungsteuer mit dem betreffenden Staat gewährleistet sind.
V. Steuerbefreiung bei Kleinunternehmern
Durch die Kleinunternehmerregelung nach § 19 Umsatzsteuergesetz (UStG) wird die Kleinunternehmer-Richtlinie (RL (EU) 2020/285) umgesetzt, da die Vorschrift bisher nur für im Inland ansässige Unternehmer galt. Durch die Gesetzesänderung können ab dem 1. Januar 2025 auch die im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmer die Regelung in Deutschland anwenden. Dafür muss nach § 19a Abs. 3 UStG für jedes Kalendervierteljahr eine Umsatzmeldung abgegeben und diese ausschließlich auf elektronischem Weg an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) übermittelt werden.
Darüber hinaus regelt der neue § 19 Abs. 1 UStG für inländische Kleinunternehmer nun eine echte Steuerbefreiung. Voraussetzung dafür ist, dass der Umsatz im vorangegangenen Jahr nicht über 25.000 Euro (bisher 22.000 Euro) und im laufenden Jahr nicht über 100.000 Euro (bisher 50.000 Euro) liegt.
VI. Grundsteuer: Nachweis des niedrigeren Werts
Der neu eingefügte § 220 Abs. 2 BewG bestimmt, dass der niedrigere gemeine Wert als Grundsteuerwert anzusetzen ist, wenn der Steuerpflichtige nachweisen kann, dass der ermittelte Grundsteuerwert erheblich von dem gemeinen Wert der wirtschaftlichen Einheit im Feststellungszeitpunkt abweicht. Dies ist dann der Fall, wenn der Grundsteuerwert den nachgewiesenen Wert um mindestens 40% übersteigt. Für einen Nachweis kann in der Regel ein Gutachten des zuständigen Gutachterausschusses oder eines zertifizierten Sachverständigen vorgelegt werden. Einzelne Bewertungsgrundlagen, wie beispielsweise eine geringere Miethöhe, reichen jedoch als Nachweis nicht aus.
Dieser Neuerung liegen zwei Beschlüsse des BFH zugrunde, nach welchen der Steuerpflichtige in verfassungskonformer Auslegung im Einzelfall die Möglichkeit haben muss, einen unter dem festgestellten Grundsteuerwert liegenden Wert des Grundstücks nachzuweisen.
VII. Grunderwerbsteuer: Regelung zur Zugehörigkeit
Bisher enthielt das Grunderwerbsteuergesetz keine Regelung zur Zurechnung eines Grundstücks, was in der Praxis ein bedeutendes Problem im Hinblick auf die Verwirklichung der grunderwerbsteuerbaren Ergänzungstatbestände ergab. Sowohl die Finanzverwaltung als auch die Rechtsprechung hielten bisher eine doppelte Zurechnung von Grundstücken mit der Folge der doppelten Besteuerung des Erwerbsvorgangs für möglich.
Der neue § 1 Abs. 4a GrEStG legt nun fest, dass ein Grundstück dann zum Vermögen einer Gesellschaft gehört, wenn diese es entweder durch einen Vorgang nach § 1 Abs. 1 GrEStG erworben hat oder die Verwertungsbefugnis nach § 1 Abs. 2 GrEStG innehat. Die Verwirklichung eines Ergänzungstatbestands führt nicht zur Veränderung der Zugehörigkeit. Um missbräuchliche Gestaltungen zu vermeiden, schließt § 1 Abs. 4a Satz 3 GrEStG die Anwendung der Regelung bei rückgängig gemachten Erwerbsvorgängen und bestimmten Rückerwerben aus, wenn dadurch ein Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 2a bis 3a GrEStG umgangen würde.
Die Neuregelung gilt für Erwerbsvorgänge, die nach der Verkündung des JStG 2024 erfolgen, sowie für bestimmte frühere Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 1 und 2 GrEStG.
VIII. Kürzung wegen Grundbesitzes
Die gewerbesteuerliche Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 1 Gewerbesteuergesetz (GewStG) knüpft ab dem Erhebungszeitraum 2025 an die tatsächlich als Betriebsausgabe erfasste Grundsteuer und nicht mehr an den Einheitswert an. Auf diesem Weg kann die Kürzungsnorm künftig bei allen betroffenen Normadressaten im gesamten Bundesgebiet angewendet werden.
IX. Steuerbefreiungsregelung für Photovoltaikanlagen
Die für die Steuerbefreiung zulässige Bruttoleistung von 15 kW (peak) wird durch die Änderung in § 3 Nr. 72 EStG einheitlich auf 30 kW (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit erhöht. Durch die Änderung wird klargestellt, dass es sich bei der Steuerbefreiung um eine Freigrenze und nicht um einen Freibetrag handelt. Außerdem sind bei Gebäuden mit mehreren Gewerbeeinheiten Photovoltaikanlagen bis zu 30 kW peak pro Gewerbeeinheit erfasst.
Die Änderung kann erstmals für Photovoltaikanlagen in Anspruch genommen werden, die nach dem 31. Dezember 2024 angeschafft, in Betrieb genommen oder erweitert werden.
X. Wertansatz für weltweit vermietete Grundstücke
Die Neuregelung des § 13d Abs. 3 Nr. 2 ErbStG ermöglicht künftig die Gewährung des Befreiungsabschlags nicht nur für Grundstücke im Inland oder in EU-Mitgliedstaaten, sondern auch für solche in Drittstaaten. Voraussetzung ist, dass ein Informationsaustausch und Amtshilfe in Bezug auf die Erbschaftsteuer mit dem betreffenden Drittstaat gewährleistet ist. Das BMF veröffentlicht in diesem Zusammenhang im Bundessteuerblatt eine Liste mit den in Betracht kommenden Staaten.
Die Änderung geht auf eine Entscheidung des EuGHs zurück, in welcher dieser den Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit festgestellt hatte, soweit Grundstücke in Drittstaaten von der Steuerbefreiung für zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke ausgeschlossen waren. Die Neuregelung gilt bereits ab dem Tag nach Verkündung.
XI. Erweiterter Datensatz in der E-Bilanz
Die Übermittlungspflicht zur E-Bilanz nach § 5b EStG wird erweitert und umfasst künftig auch die unverdichteten Kontennachweise, den Anlagenspiegel und das Anlagenverzeichnis. Zudem sind Anhänge, Lage- und Prüfungsberichte sowie Verzeichnisse nach § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG, sofern vorhanden, ebenfalls elektronisch in einem amtlich vorgeschriebenen Format zu übermitteln. Ziel dieser Ergänzungen ist es, Rückfragen der Finanzverwaltung im Rahmen der Veranlagung zu minimieren.
Unverdichtete Kontennachweise müssen ab den Wirtschaftsjahren übermittelt werden, die nach dem 31. Dezember 2024 beginnen. Die weiteren neuen Pflichten treten erst für Wirtschaftsjahre in Kraft, die nach dem 31. Dezember 2027 starten.
XII. Nachbehaltensfristen in der Grunderwerbsteuer
Die Steuervergünstigungen nach §§ 5 und 6 GrEStG regeln grunderwerbsteuerfreie Übergänge von Grundstücken auf eine Gesamthand (z.B. Personengesellschaften) oder zwischen Gesamthandsgemeinschaften. Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) zum 01.01.2024 können diese Steuervergünstigungen über § 24 GrEStG zunächst bis zum 31.12.2026 weiterhin befristet angewendet werden. Zusätzlich regelt der neue § 23 Abs. 27 GrEStG, dass laufende und bis zum 31.12.2026 abgeschlossene Grundstücksübertragungen nicht aufgrund des Inkrafttretens des MoPeG die Nachbehaltensfristen verletzen. Dies bedeutet, dass Übergänge, die auf Grundlage der bisherigen Rechtslage bis 2026 erfolgen, auch nach der Reform als ordnungsgemäß im Sinne der Nachbehaltensfristen gelten. Steuerpflichtige haben somit Planungssicherheit, dass frühere Übergänge nicht nachträglich steuerlich belastet werden.
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