Zusammenfassung des Beitrags von Jan Lieder/Raphael Hilser in:
Festschrift für Heribert Heckschen zum 65. Geburtstag, 2024, S. 395
I. Einleitung
Die Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie in nationales Recht (UmRUG) reformierte nicht nur grenzüberschreitenden Verschmelzungen (§§ 305 ff. UmwG) und Spaltungen (§§ 320 ff. UmwG) sowie Formwechsel (§§ 333 ff. UmwG), sondern brachte auch erhebliche Neuerungen für das nationale Umwandlungsrecht mit sich, insbesondere durch eine Neuordnung des Rechtsschutzsystems und der Einführung einer neuartigen Ersetzungsbefugnis. Problematisch ist jedoch, dass die Vorgaben für grenzüberschreitende Umwandlungen unter den Vorbehalt gestellt wurden, dass mindestens eine der beteiligten Gesellschaften dem Recht eines (anderen) EU/EWR-Mitgliedsstaat unterliegen muss. Die grenzüberschreitende Gesellschaftsmobilität für Drittstaatensachverhalte stellt daher trotz jahrelanger Diskussion weiterhin einen blinden Fleck im UmwG dar. Insbesondere vor dem Hintergrund des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union zum 31.01.2020 und der daraufhin partiell eröffneten Zulässigkeit grenzüberschreitender Hereinverschmelzungen aus diesem Drittstaat (vgl. § 319 UmwG) zeigt sich jedoch die Relevanz dieses aktuellen Themas. Der vorliegende Beitrag gibt einen Überblick über die umstrittene Rechtslage und formuliert rechtspolitische Vorschläge für eine mobilitätsfreundliche Reform.
II. Zur geltenden Rechtslage
Die Zulässigkeit grenzüberschreitender Gesellschaftsmobilität ergibt sich aus einem Zusammenspiel der Kollisions- und Sachrechte von Wegzugs- und Zuzugsstaat. Eine grenzüberschreitende Transaktion ist demnach nur wirksam möglich, wenn beide Staaten dies auf beiden Ebenen gestatten.
1. Grundlagen
Die Grundvoraussetzung für eine grenzüberschreitende Gesellschaftsmobilität ist ein Statutenwechsel und daher ein gelungenes Zusammenspiel der beteiligten Kollisionsrechte. Das Gesellschaftskollisionsrecht entscheidet darüber, welche Verfahrensvorschriften maßgeblich sind und welche Voraussetzung an die Verbundenheit mit der nationalen Rechtsordnung zu stellen sind. Eine zentrale Frage ist hierbei, ob eine Sitzaufspaltung der Gesellschaft zulässig und erwünscht ist. Die Zulässigkeit der konkreten Verfahrensschritte der grenzüberschreitenden Umwandlung bestimmt sich nach Maßgabe des Sachrechts (vgl. § 5 AktG, § 4a GmbHG), wonach zwar der Verwaltungs- aber nicht der Satzungssitz ins Ausland verlegt werden kann. Wird die Verlegung des Satzungssitzes gleichwohl angestrebt, so bewirkt dies einen Rechtsformwechsel in eine entsprechende Verbandsform des Zuzugsstaats, andernfalls ist der Beschluss über die Satzungssitzverletzung in das Ausland nichtig. Der Verwaltungssitz kann demgegenüber von Anfang an im Ausland sein oder nachträglich dorthin verlegt werden.
2. Gesellschaftskollisionsrecht
Das Kollisionsrecht zielt allgemein darauf ab, die Vorschriften desjenigen nationalen Rechts zu identifizieren, die zum relevanten gesellschaftsrechtlichen Vorgang und zu den berührten Interessen die engste Verbindung aufweisen. Hierbei stehen sich für die Bestimmung der Gesellschaftsstatuts die Sitztheorie und die Gründungstheorie gegenüber.
a) Sitztheorie versus Gründungstheorie
Die Sitztheorie knüpft an den tatsächlichen Verwaltungssitz einer Gesellschaft an. Die Sitzverlegung führt demnach zum Wechsel des anwendbaren Rechts, wobei dieser Ansatz auf Kontroll- und Schutzaspekten beruht. Die Gründungstheorie bezieht sich demgegenüber auf den Gründungsstaat der Gesellschaft und das dortige Gesellschaftsstatut. Eine Verlegung des Verwaltungssitzes ändert nicht das anwendbare Recht, sodass hier die Gestaltungsfreiheit sowie die Privatautonomie im Vordergrund stehen. Nachdem in Deutschland ursprünglich die Sitztheorie vertreten wurde, vertreten die Rechtsprechung und das Schrifttum seit 2002 eine modifizierte Version, welche sich aufgrund der EuGH-Rechtsprechung stärker an die unionsrechtliche Niederlassungsfreiheit anlehnt. Für EU/EWR-Staaten wird daher zunehmend die Gründungstheorie angewandt, während für Drittstaaten weiterhin an der modifizierten Sitztheorie festgehalten wird. Es empfiehlt sich jedoch eine einheitliche Anwendung der modifizierten Gründungstheorie auch auf Drittstaaten, um eine gespaltene Rechtslage zu vermeiden und das Gesellschaftskollisionsrecht zu vereinheitlichen.
b) Nicht privilegierte Drittstaaten
Dass für nicht privilegierte Drittstaaten die modifizierte Sitztheorie die Regel bleibt, wird damit begründet, dass es im Unterschied zu EU/EWR-Sachverhalten an einer höherrangigen Vorgabe mangele, vom deutschrechtlichen Dogma der Sitzungstheorie abzuweichen. In Wegzugfällen wird eine schleichende Anpassung an die Gründungstheorie durch Neufassungen (z.B. § 5 AktG, § 4a GmbHG) beobachtet, die eine flexible Handhabung ermöglichen. Teile der Rechtsprechung und Literatur plädieren dagegen für die uneingeschränkte Anwendung der Gründungstheorie, insbesondere um Zwangsauflösungen bei Wegzügen in Drittstaaten zu vermeiden. Darüber hinaus würde die Sitztheorie den grenzüberschreitenden Verkehr erschweren, was komplexe Doppelstrukturen bei Verwaltungssitzverlagerungen schafft.
Mit der MoPeG-Reform hat sich zum 01.01.2024 die freie Sitzwahl und Sitzspaltungsfreiheit erleichtert (§ 706 BGB), was eine Angleichung zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften fördert und grenzüberschreitende Transaktionen effizienter ermöglicht. Auch hier bleibt umstritten, ob ein (implizierter) Übergang zur Gründungstheorie bewirkt wurde. Bei Geltung der Sitztheorie führt die grenzüberschreitende Umwandlung einer deutschen Gesellschaft dazu, dass diese lediglich durch eine Verwaltungssitzverlegung durchgeführt werden kann und auch nur dann zulässig ist, wenn der Zuzugsstaat ebenfalls der Sitztheorie anhängt.
c) Privilegierte Drittstaaten
Nach Art. 3 Nr. 2 EGBGB unterliegt das deutsche Internationale Privatrecht völkerrechtlichen Verträgen, welche die Sitztheorie zugunsten der Gründungstheorie außer Kraft setzen können. Bilaterale und multilaterale Verträge können die rechtsformwahrende Verwaltungssitzverlegungen explizit ermöglichen und damit implizit auch die kollisionsrechtlichen Voraussetzungen für grenzüberschreitende Umwandlungen mitregeln. Beispiele hierfür sind der Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika aus dem Jahr 1954 oder Abkommen wie CETA (Kanada) und die Wirtschaftspartnerschaft der Europäischen Union mit Japan. Diese setzen voraus, dass die Gesellschaft eine tatsächliche Verbindung („genuine link“) zu ihrem Gründungsstaat aufweist, wobei die hieran zu stellenden Anforderungen als niedrig anzusehen sind. Im Sonderfall des Vereinigten Königreichs bestehen nach einem staatsvertraglichen Interimszeitraum, in dem weiterhin noch die Niederlassungsfreiheit für britische Gesellschaften galt, keine gegenseitigen Anerkennungspflichten mehr. Da britische Gesellschaften sich nicht auf Vertrauensschutz berufen können, findet im Ergebnis die modifizierte Sitztheorie Anwendung.
3. Sachenrechtliche Zulässigkeit internationaler Umwandlungen
Das kollisionsrechtlich ermittelte Sachrecht legt die Voraussetzungen für grenzüberschreitende, identitätswahrende Umwandlungen von Gesellschaften fest und regelt, ob und wie eine deutsche Gesellschaft mit einer Gesellschaft aus einem Drittstaat verschmolzen werden kann. Dabei werden die beteiligten Rechtsordnungen und ihr jeweiliges Sachrecht durch das Umwandlungskollisionsrecht eng miteinander verzahnt, indem es die Zuständigkeiten für die einzelnen Verfahrensschritte klar zuweist. Nach der modifizierten Vereinigungstheorie kommen die Normen der jeweils betroffenen Rechtsordnung sukzessive zur Anwendung, wodurch eine Anwendung der sachnäheren Normen gewährleistet wird.
a) Staatsvertragliche Gewährleistungen
Die Zulässigkeit grenzüberschreitender Umwandlungen unter Beteiligung privilegierter Drittstaaten ist umstritten. Befürworter argumentieren, dass staatsvertraglich gewährte Rechte zur Niederlassung auch grenzüberschreitende Umwandlungen umfassen würden. Eine solche Auslegung ist jedoch abzulehnen, da diese Rechte sich laut Vertragstext auf spezifische Freiheiten beschränken und keine ausdrücklichen Regelungen für Umwandlungen enthalten. Historisch und rechtlich erscheint es darüber hinaus unwahrscheinlich, dass der Gesetzgeber beim deutsch-amerikanischen Freundschaftsvertrag von 1954 beabsichtigte, eine wechselseitige Umwandlung von US-amerikanischen und deutschen Gesellschaften zu ermöglichen. Grenzüberschreitende Umwandlungen wurden erst Jahrzehnte später im unionsrechtlichen Kontext höchstrichterlich anerkannt. Im Ergebnis sind daher privilegierte und nicht privilegierte Drittstaaten bei grenzüberschreitenden Umwandlungen sachrechtlich grundsätzlich gleich zu behandeln, da staatsvertragliche Anerkennungspflichten keine erweiterte Umwandlungsfreiheit begründen.
b) Sachlicher Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 UmwG
Der sachliche und räumliche Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 UmwG bildet einen zentralen Diskussionspunkt im Kontext grenzüberschreitender Umwandlungen, insbesondere im Hinblick auf Drittstaatenkonstellationen. Die Vorschrift beschränkt sich auf „Rechtsträger mit Sitz im Inland“, was zahlreiche rechtliche Fragen aufwirft. Unklar bleibt auch, ob diese Bedingungen für alle an der Umwandlung beteiligten Rechtsträger gilt oder lediglich für den übertragenden bzw. übernehmenden Rechtsträger. Der EuGH hat in seinem SEVIC-Urteil von 2005 lediglich klargestellt, dass eine pauschale Versagung grenzüberschreitender Umwandlungen durch § 1 Abs. 1 UmwG unionsrechtswidrig ist und daher solche Vorgänge im Rahmen der unionsrechtlichen Niederlassungsfreiheit innerhalb der EU/EWR zulässig sein müssen. Für Drittstaaten bleibt diese Frage jedoch ungelöst, da die unionsrechtlichen Vorgaben auf diese Konstellationen keine Anwendung finden. Am meisten umstritten ist die Frage, ob § 1 Abs. 1 UmwG an den Satzungs- oder an den Verwaltungssitz anknüpft. Bei Maßgeblichkeit des Satzungssitzes wären nur deutsche Rechtsträger umwandlungsfähig, da ein im Ausland belegener Satzungssitz für deutsche Gesellschaften nicht in Betracht kommt. Im Gegensatz dazu kämen im Falle der Anknüpfung an den Verwaltungssitz auch ausländische Rechtsträger mit deutschem Verwaltungssitz als umwandlungsfähige Rechtsträger in Betracht. Befürworter der Verwaltungssitzanknüpfung sehen es als widersprüchlich an, auf ausländische Gesellschaften mit deutschem Verwaltungssitz kein deutsches Sachrecht anzuwenden, obwohl dieses kollisionsrechtlich Anwendung finden müsse. Die Gegenansicht argumentiert, dass die Satzungssitzanknüpfung sachlich und kollisionsrechtlich konsistenter sei, da das UmwG an verschiedenen Stellen den Begriff „Sitz“ unstreitig an den Satzungssitz anknüpfe. Nach vorzugswürdiger Ansicht ist § 1 Abs. 1 UmwG als sachrechtliche Norm ohne kollisionsrechtlichen Gehalt zu verstehen und enthält damit eine Anknüpfung an den Satzungssitz. Die historische Entwicklung des UmwG von 1994 zeigt, dass der Gesetzgeber grenzüberschreitende Umwandlungen bewusst nicht in den Regelungsbereich einbezogen hat, um drohende Abstimmungsprobleme bei der Anwendung der Sitztheorie zu vermeiden.
Hinsichtlich des räumlichen Anwendungsbereichs werden zwei grundlegende Ansätze vertreten. Die restriktive – herrschende – Auslegung interpretiert den Zusatz „im Inland“ strikt und schließt somit Drittstaatenkonstellationen vollständig aus. Danach können grenzüberschreitende Umwandlungen nur dann stattfinden, wenn alle beteiligten Rechtsträger ihren Sitz in Deutschland haben. Dies wird sowohl mit den Gesetzgebungsmaterialien als auch im Umkehrschluss aus der nachträglichen Implementierung der §§ 122a ff. UmwG 2007 mit der Beschränkung auf EU/EWR-Sachverhalte begründet. Demgegenüber plädiert die extensive Auslegung für eine offene Interpretation des § 1 Abs. 1 UmwG, die auch internationale Umwandlungen unter Beteiligung von Drittstaaten ermöglichen würde. Danach sei die Frage der Zulässigkeit grenzüberschreitender Gesellschaftsmobilität vom Gesetzgeber bewusst offengelassen worden, sodass Rechtsprechung und Schrifttum die Gesetzeslücken schließen müssten.
4. Verletzung umwandlungsrechtlicher Strukturprinzipien
Selbst wenn grenzüberschreitende Umwandlungen nach § 1 Abs. 1 UmwG für zulässig erachtet werden, muss darüber hinaus die rechtliche und praktische Durchführbarkeit geprüft werden, da das umwandlungsrechtliche Numerus-clausus-Prinzip sowie das Analogieverbot nach § 1 Abs. 2 UmwG als Hindernis entgegenstehen könnten. Die extensive Auffassung sieht in dem umwandlungsrechtlichen Analogieverbot kein Hindernis für grenzüberschreitende Umwandlungen, da sich dieses nur auf den numerus clausus der Umwandlungsformen beschränke und nicht auf die Herkunft der beteiligten Rechtsträger beziehe. Weder der Wortlaut noch der Wille des UmwG-Gesetzgebers erforderten eine Differenzierung zwischen den Gesellschaften. Die restriktive – herrschende – Meinung interpretiert das Analogieverbot demgegenüber als unüberwindbares Hindernis für grenzüberschreitende Umwandlungen in Drittstaatensachverhalten und fordert eine ausdrückliche gesetzliche Regelung, um solche Vorgänge zu legitimieren. Im Ergebnis ist dieser Auffassung zuzustimmen, da eine Erweiterung auf Drittstaatenkonstellationen eine neue Umwandlungsform erfordern würde, die im UmwG nicht angelegt ist. Zudem fehlen harmonisierte Mindeststandards zwischen deutschen und drittstaatlichen Rechtsordnungen, was zu potenziellen Rechtskonflikten und Unsicherheiten führen würde. Darüber hinaus liegt keine planwidrige Regelungslücke vor, da der Gesetzgeber die Möglichkeit von Umwandlungen im Rahmen des UmwG abschließend regeln wollte. Auch die Beschränkung der §§ 122a ff. UmwG 2007 auf EU/EWR-Gesellschaften spricht hierfür, was nochmals durch das 4. UmwGÄndG sowie das UmRUG unterstrichen wurde. Im Ergebnis sind daher grenzüberschreitende Umwandlungen unter Beteiligung von Drittstaaten ohne ausdrücklich verankerte Gesetzesgrundlage als unzulässig anzusehen.
III. Überlegungen de lege ferenda
Die aktuelle Unzulässigkeit grenzüberschreitender Umwandlungen mit Drittstaatenbezug erfordert dringend Reformen, um die bestehenden Hindernisse auf kollisions- und sachrechtlicher Ebene zu überwinden und die Gesellschaftsmobilität zu fördern.
1. Kodifizierung und Harmonisierung der Gründungstheorie mit Sonderanknüpfungen
Die Einführung einer an Sonderanknüpfungen orientierten Gründungstheorie bietet Mobilitätsvorteile, indem sie die Verlegung des Verwaltungssitzes erleichtert, ohne schwere Rechtsfolgen für die betroffenen Unternehmen auszulösen. Dadurch wird Rechtssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit gefördert, indem den Gesellschaften eine freie Rechtsformwahl nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten ermöglicht und so die „Exportfähigkeit“ deutscher Gesellschaften erhöht wird. Gleichzeitig werden berechtigte Interessen Dritter durch spezifische Schutzmechanismen berücksichtigt, da ihnen auch auf sachrechtlicher Ebene Rechnung getragen werden kann. Eine Harmonisierung sollte nicht isoliert auf nationaler Ebene erfolgen, sondern durch europäische oder internationale Abstimmungen ergänzt werden, um einen einheitlichen Rechtsrahmen zu schaffen. Die Rechtsprechung des EuGH zeigt allerdings, dass Sonderanknüpfungen nur unter strengen Voraussetzungen primärrechtskonform sind.
2. Sachrecht
Das zentrale Hindernis für grenzüberschreitende Gesellschaftsmobilität mit Drittstaatenbezug ist das Fehlen einer sachrechtlichen Grundlage, daher muss der Gesetzgeber rechtliche Regelungen schaffen, um Wettbewerbsnachteile deutscher Unternehmen gegenüber liberaleren Rechtsordnungen zu verhindern. Die Gefahr eines gesellschaftsrechtlichen „race to the bottom“ kann dabei durch angemessene Schutzvorkehrungen und Verfahrensvorschriften abgewendet werden. Bereits bestehende Regelungen, wie die modifizierte Vereinigungstheorie, bieten eine bereits vorhandene Grundlage, die durch Kodifizierung weiter gestärkt werden kann.
Grenzüberschreitende Umwandlungen mit Drittstaatenbezug sollten durch eine ausdrückliche Normierung in das UmwG aufgenommen werden. Die bestehenden Herausforderungen, die bereits für EU/EWR-Umwandlungen durch die „Baukastentechnik“ bewältigt werden, sind überschaubar. Eine bloße Streichung des Zusatzes „mit Sitz im Inland“ in § 1 Abs. 1 UmwG reicht jedoch nicht aus, um Drittstaatenumwandlungen zu ermöglichen. Notwendig ist eine gezielte Regelung, die grenzüberschreitende Umwandlungen mit Drittstaatenbezug ausdrücklich legitimiert. Die §§ 305 ff. UmwG bieten eine flexible Grundlage für grenzüberschreitende Umwandlungen mit Drittstaatenbezug, indem sie Stakeholderinteressen wie Gläubigerschutz und Missbrauchsvermeidung ausreichend berücksichtigen. Beispielsweise gibt § 314 Abs. 1 UmwG den Gläubigern das Recht auf Sicherheitsleistungen, um Risiken bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen zu minimieren. Ebenso wird erwartet, dass Drittstaatengesellschaften, die weniger strenge Kapitalvorgaben als EU/EWR-Mitgliedstaaten erfüllen, dennoch geprüft werden, um Missbrauch zu verhindern. Das Umwandlungsrecht ermöglicht hier durch gezielte Schutzmechanismen wie § 316 Abs. 3 S. 1 UmwG die Verhinderung missbräuchlicher oder betrügerischer Umwandlungen.
Allein nationale Regelungen für internationale Umwandlungen stellen jedoch noch keine ausreichende Lösung dar, da die Herausforderung in der Kompatibilität mit den Rechtssystemen von Drittstaaten liegt, die oftmals keine vergleichbaren Regelungen oder Strukturen wie das deutsche Recht bieten. Dies betrifft insbesondere die Anerkennung von universalsukzessiven Vermögensübertragungen oder identitätswahrenden Rechtsformwechseln. Zusätzlich zeigen praktische Erfahrungen, wie die Schwierigkeiten mit Verschmelzungsbescheinigungen für den Zuzug nach Deutschland, die Notwendigkeit eines Abkommens auf. Deutschland sollte daher zusätzlich aktiv darauf hinarbeiten, mit Drittstaaten harmonisierte Mindeststandards für Umwandlungsvorgänge zu etablieren und bestehende völkerrechtliche Verträge mit sachrechtlichen Regelungen zu ergänzen, um die grenzüberschreitende Gesellschaftsmobilität zu fördern und Stakeholderinteressen besser zu schützen.
IV. Fazit
Grenzüberschreitende Umwandlungen unter Beteiligung von Drittstaatengesellschaften sind nach aktueller Rechtslage de lege lata unzulässig. Hauptgründe dafür sind das Numerus-clausus-Prinzip sowie das Analogieverbot im Umwandlungsrecht, wodurch Unternehmen mit Drittstaatenbezug keine Gestaltungsfreiheit nutzen können. Diese Einschränkungen stehen im Widerspruch zu den Anforderungen der Unternehmenspraxis, daher wirkt die bisherige Argumentation für den Erhalt dieser Rechtslage überholt. Es wird empfohlen, kollisions- und sachrechtliche Hindernisse abzubauen, um die Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland zu verbessern. Die hier dargestellten Aspekte bieten jedoch lediglich einen Überblick über die komplexen rechtlichen Fragestellungen und verschiedenen Ansichten in Bezug auf die Gesellschaftsmobilität von Drittstaaten. Für eine vertiefte Analyse der Problematik verweisen wir auf den vollständigen Beitrag von Jan Lieder und Raphael Hilser in der Festschrift Heckschen, 2024, S. 395.