07.11.2024
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
BFH
28.02.2024
II R 25/21
DStR 2024, 1296
Freibetrag bei Übertragung von Vermögen auf eine Familienstiftung [ PDF ]
Die Klägerin und ihr Ehemann errichteten eine Familienstiftung und statteten diese mit Vermögen aus. Als Stiftungszweck wurde die Versorgung der Klägerin und ihres Ehemannes sowie eine finanzielle Unterstützung der gemeinsamen Tochter festgelegt. Darüber hinaus sollten nach dem Ableben der vorherigen Generation auch weitere Nachkommen finanzielle Unterstützung erhalten. Für die Berechnung der Schenkungssteuer stufte das FA die weiteren Nachkommen als „entferntest Berechtigte“ iSd. § 15 Abs. 2 S. 1 ErbStG ein und den Erwerb somit als Steuerklasse I. Gegen die festgesetzte Schenkungssteuer legte die Klägerin einen Einspruch ein, welcher als unbegründet abgelehnt wurde.
Die Revision ist unbegründet. Die Festsetzung des FG ist zutreffend. Die Steuerklasse sowie der Freibetrag sind nach den Bestimmungen für Urenkel zu wählen.
§ 7 Abs. 1 Nr. 8 S. 1 ErbStG definiert den Vermögensübergang bei der Errichtung der Stiftung als Schenkung unter Lebenden. Sofern die Stiftung wesentlich im Familieninteresse gegründet wird, ist gem. § 15 Abs. 2 S. 1 ErbStG das Verhältnis zwischen dem Schenker und dem „entferntest Berechtigten“ entscheidend.
Für die Bestimmung des „entferntest Berechtigten“ ist allein ausschlaggebend, welche Person nach der Stiftungssatzung Vermögensvorteile aus der Stiftung erlangen kann. Entsprechend des Wortlauts des § 15 Abs. 2 S.1 ErbStG liegt es allein in der Verantwortung des Stifters, den Kreis der potenziell Begünstigten zu wählen. Je nachdem wen der Schenker begünstigt, kann eine günstigere Steuerklasse und ein höherer Freibetrag auch hinsichtlich zeitlich weiter entfernter direkter Abkömmlinge geltend gemacht werden. Weitere Privilegien werden vom Wortlaut des § 15 Abs. 2 S. 1 ErbStG nicht geregelt.
Da der Begriff des „entferntest Berechtigten“ die Person bezeichnet, die potenzielle finanzielle Vorteile empfangen soll, übereinstimmen die Begriffe des „potenziell Begünstigten“ (Stiftungssatzung) und des „Berechtigten“ (§ 15 Abs. 2 S. 1 ErbStG). Eine Unterscheidung der beiden Begriffe „Begünstigter“ und „Berechtigter“ kann der Norm nicht entnommen werden. Die Ermittlung des „entferntest Berechtigten“ erfolgt nicht nach dem Kriterium, ob diesem ein klagbarer Anspruch auf finanzielle Vorteile aus der Stiftung zusteht. Dies hat den Hintergrund, dass dem Gesetzeswortlaut (§ 15 Abs. 2 S. 1 ErbStG) nicht zu entnehmen ist, dass der potenziell Begünstigte zum Zeitpunkt der Übertragung des Vermögens schon existieren muss oder überhaupt jemals zur Welt kommen muss und Ansprüche haben wird. Dementsprechend muss zum Zeitpunkt des Stiftungsgeschäfts noch keine unmittelbare Bezugsberechtigung des „entferntest Berechtigte“ vorliegen. Diese kann erst in der Generationenfolge entstehen. Mithin ist unbedeutend, dass die Nachkommen erst nach dem Wegfall der vorherigen Generation finanzielle Vorteile erhalten sollen. Diese Gestaltung der Satzung ist allein als eine Bedingung und ein zeitliches Aufschieben der Begünstigung zu verstehen. Die potenzielle Begünstigung der Enkel sowie Urenkel ist somit vorhanden.
Sofern man für die Steuerberechnung darauf abstellen würde, ob die Nachkommen bei der Vermögensübertragung schon geboren sind, würde eine Überprivilegierung der später geborenen Nachkommen entstehen. Zwar könnte diesem Problem eine Änderungsvorschrift abhelfen, hierfür wäre jedoch eine Überwachung notwendig, welche in § 15 Abs. 2 S. 1 ErbStG nicht vorgesehen ist.
Das Urteil verdeutlicht, dass die Gestaltung der Stiftungssatzung sorgfältig bedacht werden sollte. Für die Besteuerung und den Freibetrag ist das Verwandtschaftsverhältnis des Schenkers zu dem „entferntest Berechtigten“ entscheidend (§ 15 Abs. 2 S. 1 ErbStG). Der Bundesfinanzhof ist hier zu dem Ergebnis gekommen, dass eine potenzielle Begünstigung ausreichend ist. Dabei ist unerheblich, ob diese zum Zeitpunkt der Übertragung des Vermögens schon existieren oder überhaupt jemals zur Welt kommen und Ansprüche haben werden.