26.11.2024
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
KG
22.05.2024
22 W 14/24
BeckRS 2024, 17299
Fehlende Unterscheidungskraft übereinstimmender Firmen [ PDF ]
Bei gleichlautendem Firmenbeginn mit zwei Buchstaben und jeweils nachfolgenden Begriffen, die phonetisch und inhaltlich nah beieinander liegen (hier: Invest und Investment) kommt auch dem Rechtsformzusatz keine ausreichende Unterscheidungskraft zu. Dies gilt gerade auch bei den Zusätzen GmbH und UG.
Die streitgegenständliche Gesellschaft begehrte die Anmeldung im Handelsregister bei dem Amtsgericht Charlottenburg. Hierzu meldete der die Gründungsverhandlung beurkundende Notar unter Vorlage der notariellen Urkunde mit elektronischer Erklärung vom 29.01.2024 die Anmeldung der Gesellschaft unter der Firma … Invest UG (haftungsbeschränkt) an. Diese Änderungsanmeldung sollte und ist erst erfolgt, nachdem die Beteiligte unter der Firma … Invest … UG angemeldet worden ist.
Mit Beschluss vom 15.02.2024 wies das Amtsgericht diese Anmeldung mit dem Hinweis zurück, dass die Firma wegen der eingetragenen Gesellschaft „…. Investment GmbH“ keine hinreichende Unterscheidungskraft nach § 30 HGB habe. Zur Begründung führte das Amtsgericht an, dass zwar phonetisch eine Unterscheidung bestehe. Es komme jedoch auf den Gesamteindruck und das Wortbild an. Hierbei könne eine Verwechslung mit der bereits eingetragenen GmbH nicht ausgeschlossen werden. Auch der Gesellschaftszusatz begründe keine ausreichende Unterscheidbarkeit.
Gegen den zurückweisenden Beschluss legte der Notar mit Schreiben vom 12.03.2024 Beschwerde ein. Er führte an, dass eine Unterscheidbarkeit sowohl in den Bestanteilen Invest und Investment liege als auch in den Rechtsformzusätzen.
Das Amtsgericht hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Die Beschwerde ist nach § 58 FamFG statthaft und zulässig, aber unbegründet.
Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt worden. Die Beteiligte ist auch gemäß § 59 Abs. 1 und 2 FamFG beschwerdebefugt.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das Amtsgericht hat die Eintragung zu Recht abgelehnt.
Keine Bedenken bestehen dahingegen, dass der Notar die Firmenänderung anmeldete. Hierzu war er gemäß § 378 Abs. 2 FamFG ermächtigt, weil er die der Anmeldung zugrundeliegende Beurkundung der Satzungsänderung durchführte. Der Eintragung stand auch nicht entgegen, dass die Firmenänderung unter die Bedingung gestellt war, dass zunächst die Gesellschaft und die vom Amtsgericht unbeanstandete Firma eingetragen worden ist. Denn Rechtsunsicherheit besteht dann nicht, wenn der Bedingungseintritt bei der Anmeldung nachgewiesen werden kann und die Eintragung selbst unbedingt erfolgen soll. So lag es hier. Auch lagen die weiteren formalen Anforderungen an die Anmeldung vor.
Allerdings verstößt die gewählte Firma gegen § 30 Abs. 1 HGB, da sie sich nicht ausreichend von der eingetragenen Gesellschaft „… Investment GmbH“ unterscheidet. Der jeweilige Firmenbeginn ist mit „…“ identisch. Die Zusätze Invest und Investment sind Begriffe mit demselben Wortstamm, wobei Invest das Verb und Investment das zugehörige Substantiv ist. Auch lässt sich das Wort Invest als abgekürzte deutsche Version des Wortes Investment verstehen. Die Begriffe liegen sowohl inhaltlich als auch phonetisch nah beieinander und sind bei flüchtiger Betrachtung kaum zu unterscheiden. Hierbei ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass der Verkehr zu Verkürzungen tendiert. Gerade bei Überschneidungen im Tätigkeitsbereich und den gewählten Sachfirmen sind jedoch deutlichere Abstände der Firmen erforderlich, um eine Verwechslung zu verhindern.
Lediglich der Rechtsformzusatz könnte grundsätzlich eine Unterscheidung ermöglichen. So wird jedoch die Annahme vertreten, Rechtsformzusätze spielten hierbei nie eine Rolle. Hier muss zusätzlich noch die sich aus der Gesetzeslage ergebende Verwechslungsgefahr beachtet werden. Denn auch eine UG ist eine GmbH. Daher könnte angenommen werden, die GmbH sei aus der UG erwachsen. Es spielt dann auch keine Rolle, dass aufgrund der Thesaurierungspflicht nach § 5a Abs. 3 GmbHG bei positivem Geschäftsverlauf davon auszugehen ist, dass die Beteiligte später ohnehin den Rechtsformzusatz „GmbH“ führen würde. In diesem Fall wäre es zudem nicht mehr möglich, die Firma zu beanstanden.
Gesellschaften sollten bei der Gründung oder Firmenänderung ausdrücklich darauf hingewiesen werden, wenn eine Gesellschaft mit einem gleichen Namen und ähnlich lautenden Zusätzen wie „Invest“ oder „Investment“ bereits eingetragen ist, da dies eine Ablehnung der Eintragung der Firma nach sich ziehen kann. Zwar handelt es sich hierbei um einen Einzelfall. Es sollte jedoch insgesamt auf Zusätze übertragbar sein, die dem gleichen Wortstamm entspringen und die gleiche Bedeutung tragen und dadurch für den Großteil des Rechtsverkehrs de facto identisch sind. Bei der Verwechslungsgefahr und der Wahl der Firma kommt es genau darauf an, wie diese Begriffe gewöhnlich verwendet werden und wie diese auf den Betrachter wirken. Dass es sich für den ausgebildeten Juristen oder Germanisten um verschiedene Begriffe handelt, ist dabei häufig nicht ausschlaggebend. Die Entscheidung verdeutlicht auch, dass eine Unterscheidung lediglich durch unterschiedliche Rechtsformzusätze eine Verwechslungsgefahr und damit die Ablehnung der Eintragung nicht ausschließt.