26.11.2024
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
BFH
01.02.2024
IV R 9/20
ZIP 2024, 2203
Der Kläger war seit Januar 2011 als alleiniger Kommanditist an der T-KG beteiligt. Unternehmensgegenstand der T-KG war die Erbringung von Leistungen im Bereich der Haustechnik für Privat- und Geschäftskunden. Persönlich haftende Gesellschafterin der T-KG war die T-GmbH. An dieser waren zu Beginn des Jahres 2011 der Kläger zu 44,75 %, die T-KG zu 5,25 % und die T-GmbH selbst zu 50 % beteiligt. Die durch die eigenen Anteile vermittelten Stimm- und Gewinnbezugsrechte waren durch Vertrag vom 22.11.2007 auf den Kläger übertragen worden. Geschäftsführer der T-GmbH war unter anderem der mit Einzelvertretungsmacht ausgestattete Kläger. Mit Datum vom 01.01.2011 schloss der Kläger mit der T-KG einen Konsortialvertrag hinsichtlich der Einheitlichkeit der Ausübung der Stimmrechte an der T-GmbH. Zum Konsortialführer wurde die T-KG bestimmt. Für diese handelten deren Kommanditisten, d.h. im Jahr 2011 der Kläger. Er nahm die Rechte für die T-KG in diesem Konsortium und die Rechte als Gesellschafter der T-GmbH wahr.
Mit notariellem Vertrag vom 03. Juni 2011 brachte der Kläger (neben weiteren Beteiligungen an Personengesellschaften) seine Kommanditbeteiligung an der T-KG in die B-KG ein. Alleiniger Kommanditist der B-KG war der Kläger. Die Einbringung der Anteile an der T-KG erfolgte als Gutschrift auf dem Festkapitalkonto und auf dem variablen Kapitalkonto. Die jeweiligen Geschäftsanteile des Klägers, der T-KG und der T-GmbH an der T-GmbH wurden nicht in die B-KG eingebracht. Erst mit Vertrag vom 14. Februar 2012 trat der Kläger seinen gesamten Anteil an der T-GmbH „rückwirkend zum 01.01.2011“ an die B-KG ab. Dabei sollte das Gewinnbezugsrecht ebenfalls rückwirkend zum 01.01.2011 auf die B-KG übergehen. Die übrigen Geschäftsanteile an der T-GmbH waren nicht Gegenstand des Vertrags.
Im Rahmen einer Außenprüfung gelangte der Prüfer zu der Auffassung, dass der Kläger u. a. wegen des Zurückbehaltens seiner Anteile an der T-GmbH als funktional wesentliches Sonderbetriebsvermögen seines Mitunternehmeranteils einen Aufgabegewinn erzielt habe. Dem folgte das zuständige Finanzamt. Gegen den entsprechend geänderten Gewinnfeststellungsbescheid legte der Kläger erfolglos Einspruch ein und erhob anschließend Klage vor dem FG Hessen. Das Gericht sah in der Umstrukturierung eine steuerneutrale Einbringung nach § 24 UmwStG und das Zurückbehalten der Anteile als unschädlich. Hiergegen richtet sich die Revision des Finanzamts.
Die Revision hat vor dem BFH Erfolg. Der BFH verwies die Sache dennoch für einen zweiten Rechtsgang mangels Spruchreife an das FG zurück, da auf Grundlage der vom FG getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden konnte, ob die Tatbestandsvoraussetzungen des § 24 UmwStG insgesamt erfüllt sind.
Nach Ansicht des Senats ist das FG zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger seinen Mitunternehmeranteil nach § 24 Abs. 1 UmwStG ohne Rückbehalt einer funktional wesentlichen Betriebsgrundlage auf die B-KG übertragen hat. Die Beteiligung des Klägers an der T-GmbH war, selbst wenn sie notwendiges Sonderbetriebsvermögen II des Klägers bei der T-KG gewesen sein wollte, nach der funktionalen Betrachtungsweise weder infolge nachhaltiger Stärkung seines Einflusses auf die Geschäftsführung der T-KG noch aufgrund ihrer Erforderlichkeit zur Aufrechterhaltung der zweigliedrigen Struktur der T-KG eine funktional wesentliche Betriebsgrundlage seines Mitunternehmeranteils.
Die Kapitalbeteiligung des Kommanditisten an der Komplementär-GmbH ist dann keine funktional wesentliche Betriebsgrundlage, wenn im Einzelfall infolge gesellschaftsvertraglicher oder schuldrechtlicher Vereinbarungen nicht seine Kapitalbeteiligung, sondern seine Stellung als Kommanditist den Einfluss auf die laufende Geschäftsführung der KG begründet.
Bei isolierter Betrachtung der sich aus dem Kapitalanteil des Klägers an der T-GmbH ergebenden Stimmrechte, wäre die Kapitalbeteiligung eine funktional wesentliche Betriebsgrundlage. Nach den §§ 161 Abs. 2, 116 Abs. 1 HGB erstreckt sich die Geschäftsführungsbefugnis der Komplementärin auf alle Handlungen, die der gewöhnliche Betrieb des Handelsgewerbes der KG mit sich bringt. Unter einem gewöhnlichen Geschäft versteht man dabei das, was in dem Handelsgewerbe der KG und dem Handelszweig, der den Unternehmensgegenstand bildet, normalerweise nach Inhalt und Umfang vorkommen kann. Die Geschäftsführung der Komplementär-GmbH unterliegt wiederum kraft Gesetzes dem Weisungsrecht ihrer GmbH-Gesellschafter. Der Kommanditist, der zugleich als Gesellschafter über die Mehrheit der Stimmen in der Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH verfügt, kann bei isolierter Betrachtung der Stimmrechte über die laufenden Geschäfte der KG bestimmen. Dem Kommanditisten kommt, sofern nichts Abweichendes vereinbart ist, ein solches Weisungsrecht aufgrund seiner Stellung als Kommanditist nicht zu. Dies gilt auch dann, wenn die Komplementär-GmbH keinen Kapitalanteil hält.
Der Kläger würde demnach aufgrund seiner Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung der T-GmbH über die laufende Geschäftsführung der T-KG bestimmen können. Er ist zwar nur zu 44,75 % am Stammkapital der T-GmbH beteiligt. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die T-GmbH eigene Anteile i.H.v. 50 % des Stammkapitals gehalten hat. In einem solchen Fall ruhen die Rechte und Pflichten aus diesen Anteilen. Somit waren dem Kläger 89,5 % und der T-KG 10,5 % der Stimmrechte zuzurechnen.
Abweichendes ergibt sich allerdings aus dem geschlossenen Konsortialvertrag. Darin haben sich die Gesellschafter der T-GmbH (der Kläger und die T-KG) verpflichtet, insbesondere bei Beschlüssen, welche die Geschäftsführung der T-GmbH betreffen, ihre Stimmen einheitlich abzugeben. Maßgeblich ist dabei die Stimmabgabe der T-KG als Konsortialführerin. Diese wird durch den Kläger als Kommanditisten der T-KG vertreten. In der Gesellschafterversammlung der T-GmbH wird somit das Stimmrecht der T-KG durch den Kommanditisten und nicht durch die Komplementärin ausgeübt. Die Stimmabgabe des Kommanditisten gibt den Inhalt für die Stimmabgabe des Klägers vor. Mithin versetzt nicht die Kapitalbeteiligung den Kläger in die Lage, über Fragen der laufenden Geschäftsführung der T-KG zu bestimmen, sondern seine Stellung als Kommanditist der T-KG.
Ob § 24 UmwStG insgesamt zur Anwendung kommt, kann der BFH mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen nicht abschließend beurteilen. Der Senat betont, dass es für die Beurteilung der Gesellschafterkonten im Hinblick auf ihren Eigen- oder Fremdkapitalcharakter maßgeblich auf ihre zu ermittelnde zivilrechtliche Rechtsnatur ankommt.
Mit Blick auf das Urteil des BFH ist dringend zu empfehlen, im Zuge von Umstrukturierungen von Personengesellschaften bereits im Voraus alle funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen sorgfältig zu identifizieren, die relevanten Kapitalkonten steuerlich zu würdigen sowie alle erforderlichen Buchwertanträge explizit zu stellen (Wiemeyer, DStRK 2024, 132).