27.11.2024
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
BGH
31.01.2024
II ZB 5/22
ZIP 2024, 1070
Börsenwert als geeignete Methode zur Bestimmung des Wertes eines Unternehmens [ PDF ]
Die Antragsteller waren Aktionäre der K-AG. Das Grundkapital der K-AG betrug 88.522.939€, aufgeteilt in ebenso viele Aktien. Antragsgegnerin ist die V-GmbH. K und V vereinbarten in der Folge eine Übernahme der K durch V, sowie einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. V verpflichtete sich hierbei zur Zahlung einer Barabfindung von 84,53€ je Aktie und einem Ausgleich für außenstehende Aktionäre in Höhe von jährlich 3,77€. Die Höhe der Barabfindung entspricht betragsmäßig einem der letzten Kurse der Aktien an der Frankfurter Börse. Die erforderliche Kartellfreigabe wurde erteilt. Dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag wurde in der Hauptversammlung der K zugestimmt. Der Beschluss wurde sodann ins Handelsregister eingetragen.
Die Antragsteller begehren mit dem eingeleiteten Spruchverfahren vor dem LG die Festsetzung einer höheren Abfindung und eines höheren Ausgleichs. Das LG hat die Anträge jedoch erstinstanzlich zurückgewiesen. Auch die Beschwerde vor dem OLG blieb erfolglos. Die Antragsteller verfolgen ihre Anträge mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde weiter.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, aber unbegründet und hat daher keinen Erfolg.
Die Barabfindung in Höhe von 84,53€ ist angemessen - eine Erhöhung daher nicht angezeigt. Hier ergab sich die Berechnung maßgeblich aus dem zugrunde gelegten Börsenkurs der Aktien. Darauf konnte im Rahmen der Beurteilung der Angemessenheit der Abfindung gem. § 305 AktG zurückgegriffen werden. Dabei markiert der Börsenkurs nicht etwa nur eine Untergrenze, sondern ist Ausdruck einer zutreffenden Marktbewertung durch die Marktteilnehmer und daher grundsätzlich eine geeignete Methode zur Schätzung des Unternehmenswertes. Lediglich in Fällen gestörten Wettbewerbes, etwa wenn lange Zeit mit den Aktien kein Handel betrieben wurde, tauge der Börsenwert nicht zur Bestimmung des von Art. 14 GG verlangten „wirklichen“ Wertes des Unternehmens. Eine solche Marktenge ist jedoch nicht ersichtlich. Rechtsfehlerfrei hat das Beschwerdegericht auf den Durchschnittskurs innerhalb eines Referenzzeitraumes von drei Monaten vor der Bekanntmachung der Strukturmaßnahme abgestellt. Hier konnte jedoch offenbleiben wann genau dieser Zeitraum endete, da sich das Angebot jedenfalls auf den höchsten Börsenkurs im relevanten Zeitraum beläuft.
Auch der festgelegte Ausgleich in Höhe von 3,77€ ist angemessen. Dabei kann im Rahmen des § 304 AktG ebenso wie bei der Bemessung der Abfindung nach § 305 AktG auf den Börsenwert abgestellt werden. Dabei ergibt sich der feste Ausgleich aus der Zugrundelegung eines Verrentungszinssatzes von 3,75%. Die Ermittlung dieses Zinssatzes muss dabei nicht einer bestimmten Regel folgen, vielmehr ist jede praktisch gebräuchliche und den Bewertungszielen der Wirtschaftswissenschaft entsprechende Bewertungsmethode geeignet. Die Wahl der Bewertungsmethode im Einzelfall ist obliegt der tatrichterlichen Tatsachenfeststellung. Hier wurde der Zinssatz mittels der sog. Bond-Spread-Methode bestimmt. Diese Methode entspricht den zuvor genannten Kriterien und ist daher geeignet. Der Vortrag der Rechtsbeschwerde, dass eine andere Methode zwingend sei, kann daher nicht durchgreifen.
Das Urteil zeigt, dass im Rahmen der §§ 304, 305 AktG der sich im Börsenkurs wiederspiegelnde Wert des Unternehmens zugrunde gelegt werden kann. Lediglich in Fällen nicht funktionierenden Wettbewerbes kann hierauf nicht abgestellt werden.