Eigenheimschaukel / Familienheimschaukel

1.    Einleitung

Der Erwerb des selbstgenutzten Familienheims ist in bestimmten Fällen sachlich von der Steuer befreit, wenn es vom Ehegatten, Lebenspartner oder Kindern erworben wird und beim Erwerb von Todes wegen eine zehnjährige Behaltefrist eingehalten wird, § 13 Abs. 1 Nr. 4a, 4b und 4c ErbStG.

Dabei sind drei Fallgruppen zu unterscheiden:

  • Erwerb zu Lebzeiten vom Ehegatten o. Lebenspartner ohne steuerliche Behaltefrist
  • Erwerb von Todes wegen vom Ehegatten o. Lebenspartner unter der Voraussetzung der zehnjährigen Selbstnutzung
  • Erwerb von Todes wegen durch die Kinder (Wohnfläche nicht größer als 200 qm) unter der Voraussetzung der zehnjährigen Selbstnutzung

Beim Erwerb zu Lebzeiten vom Ehegatten (§ 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG) gilt die Steuerbefreiung zusätzlich zum Steuerfreibetrag iHv 500.000,00 € und wird nicht darauf angerechnet. Auch ist die Steuerbefreiung wertmäßig nicht begrenzt und die Beschränkung der Wohnfläche ist nur bei der Vererbung an die Kinder von Bedeutung. Der Güterstand der Ehegatten ist ebenfalls ohne Bedeutung. Es besteht, anders als beim Erwerb von Todes wegen, keine Behaltefrist.


2.    Die Familienheimschaukel

Ehepartner A möchte Ehepartner B das Einfamilienheim im Wert von 1 Million Euro und zusätzlich einen Betrag in Höhe von 1 Million Euro schenken. Der Steuerfreibetrag ist bereits ausgeschöpft. Die Ziele hierfür können unterschiedlicher Natur sein:  

  • Asset protection, also der Schutz des Vermögens des haftungsgefährdeten Ehepartners vor dem Zugriff durch Gläubiger
  • Reduzierung der Pflichtteilsansprüche von einseitigen Kindern
  • Ehegatte ist somit vermögenslos und soll selber Schuldner werden

Ehepartner A könnte Ehepartner B das Einfamilienheim und den Geldbetrag schenkungsweise übereignen. Die unentgeltliche Übertragung der Vermögenswerte kann aber aus folgenden Gründen nicht zielführend sein:

  • Schenkungssteuer:
    Die Schenkung von Geldbeträgen unterliegt grundsätzlich der Schenkungsteuer nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, soweit der Freibetrag in Höhe von 500.000,00 € (§ 16 ErbStG) überschritten ist und keine sachliche Steuerbefreiung erfolgt.
  • Ansprüche von Gläubigern (Stichwort: Asset Protection):
    Die unentgeltliche Übertragung auf den Ehepartner als nahestehende Person im Sinne von § 138 InsO kann von den Gläubigern angefochten werden nach §§ 129 ff. InsO, §§ 2 ff. AnfG. Im Einzelfall kann der Anfechtungszeitraum bis zu zehn Jahre betragen, mindestens jedoch vier Jahre.
  • Pflichtteilsansprüche:
    Die Übertragung unterliegt den Pflichtteilsergänzungsansprüchen des Kindes nach § 2325 BGB. Dies gilt selbst bei einer vorbehaltslosen Übertragung zeitlich unbegrenzt, da die 10-Jahresfrist erst mit Auflösung der Ehe zu laufen beginnt, § 2325 Abs. 3 Satz 3 BGB.

Die Lösung kann, (teilweise) angelehnt an die „Güterstandsschaukel“, die sog. „Familienheimschaukel“ darstellen. Anders als bei der Güterstandsschaukel, bleibt der Güterstand der Ehegatten hierbei jedoch unberührt.

1. Schritt: Ehepartner A ist Eigentümer des Einfamilienheims, in dem die Eheleute wohnen. Ehepartner A überträgt das Einfamilienheim nun schenkungsweise an Ehepartner B. Der Erwerb des Einfamilienheims ist nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG steuerbefreit und wird auch nicht auf den Steuerfreibetrag angerechnet.

2. Schritt: Nach einigen Jahren verkauft Ehepartner B das Einfamilienheim an Ehepartner A zum Verkehrswert (zurück) und erhält dafür den Kaufpreis. Der Verkauf löst keine Schenkungssteuer (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) aus, da der Erwerb entgeltlich erfolgt.  Zudem fällt keine Grunderwerbssteuer (§ 3 Nr. 4 GrEStG) an, da der Erwerb unter Ehegatten grunderwerbssteuerfrei ist und letztlich auch keine Einkommenssteuer (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG), da die Immobilie ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird.

3. Schritt: Wieder einige Jahre später schenkt Ehepartner A Ehepartner B erneut das selbstgenutzte Einfamilienheim. Dieser Vorgang ist erneut steuerbefreit (§ 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG) und es gibt keinen Objektverbrauch (so R E 13.3 Abs. 5 ErbStR 2019).
 
Ergebnis:
Ehepartner B ist nun Eigentümer des Einfamilienheims im Wert von 1 Millionen Euro und des Verkaufserlöses aus Schritt 2 in Höhe von 1 Millionen Euro, ohne dass hierfür eine Steuerzahlung angefallen ist.

 

3.    Praxishinweise

Bei Gestaltung der Verträge sind im Hinblick auf die steuerliche Anerkennung die allgemeinen Grundsätze für Verträge unter nahen Angehörigen zu beachten. Das heißt, dass die Verträge inhaltlich wie unter fremden Dritten gestaltet und vollzogen werden müssen. Insbesondere ist darauf zu achten, dass der (Rück-)Verkauf der Immobilie (Schritt 2) zum tatsächlichen Verkehrswert erfolgt. Hierzu kann die Einholung eines Sachverständigengutachtens empfehlenswert sein.

Auch ist zu beachten, dass die Steuerbefreiung des § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG nur für das Familienheim gilt. Beim Erwerb einer Zweit- oder Ferienwohnung findet die Steuerbefreiung keine Anwendung (BFH, Urteil vom 18.07.2013, II R 35/11, DStR 2013, 2389 = ZEV 2013, 688). Werden mehrere Immobilien zu Wohnzwecken genutzt, kann die Steuerbefreiung nur für eine Immobilie genutzt werden. Insofern muss eine Auswahlentscheidung getroffen werden. Familienheim ist dabei diejenige Immobilie, die den Lebensmittelpunkt darstellt (vgl. FG München, Urteil vom 04.05.2020, 4 K 3287/18, ZEV 2020, 652).

Sind beide Ehegatten jeweils hälftige Miteigentümer des Familienheims, kann eine Übertragung des jeweiligen Miteigentumsanteils auf den anderen Ehegatten unter der Bedingung, dass dieser den übertragenden Ehegatten überlebt, vorgenommen werden. Hierbei handelt es sich um eine Übertragung unter Lebenden im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG.

Teilweise wird darüber hinaus empfohlen, eine Widerrufsmöglichkeit für den Fall der Scheidung oder den Todesfall zu vereinbaren. Im Falle des Todes des beschenkten Ehepartners B erbt der Ehepartner A das Familienheim nicht, sondern erwirbt es aufgrund des Widerrufs, sodass keine Behaltefrist nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG besteht (vgl. Roth/Holtz/Klose, Strategie und Taktik im Erbrecht, Rn. 113).

Die Übertragung des Familienheims ist auch steuerbefreit nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG, wenn die Übertragung unter vorbehaltenem Nutzungsrecht erfolgt (vgl. BFH, Urteil vom 18. 7. 2013 − II R 35/11).
 
Die Familienheimschaukel setzt jedoch einen längeren (Planungs-)Zeitraum voraus. Bislang ist auch  ungeklärt, welche zeitlichen Abstände zwischen den einzelnen Schritten eingehalten werden müssen (sog. „Schamfrist“), damit die Strategie nicht rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 42 AO wird. Dass dieser Konstruktion die Ausnutzung steuerlicher Privilegien und eine mögliche Gläubigerbenachteiligung immanent sind, liegt auf der Hand.

Auch wenn die Familienheimschaukel in der Praxis anerkannt ist, hat der BFH seit langem Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Steuerbefreiung für das selbstgenutzte Familienheim (siehe zuletzt etwa Meßbacher-Hönsch, Vorsitzende Richterin des II. Senats des BFH, ZEV 2015, 382). Die Steuerbefreiung sei eine sachlich nicht gerechtfertigte „Überbegünstigung“ von Ehegatten mit selbstgenutztem Wohneigentum. Der BFH kritisiert darüber hinaus, dass der steuerfreie Erwerb eines Familienheims nicht auf die Freibeträge angerechnet werde und dass die Steuerbefreiung unabhängig vom Wert des Familienheims gewährt wird. Da der Gesetzgeber die Verschonungsregeln im Rahmen der Erbschaftssteuerreform im Jahr 2016 nicht geändert hat, ist mit einer weiteren Vorlage des BFH an das BVerfG zu rechnen. Daher empfiehlt es sich, in entsprechenden Fällen jetzt noch von § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG Gebrauch zu machen.