Die Verschärfung der Grunderwerbsteuer durch Neuregelung des GrEStG ab dem 01.07.2021

I.    Einführung

Mit Erlass des Gesetzes zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes hat der Gesetzgeber erneut Verschärfungen vorgenommen. Ziel des Gesetzgebers ist es, grunderwerbsteuerlich relevante Vorgänge zu erfassen und/oder auf Umgehungsstrategien zu reagieren. Insbesondere wurden die Voraussetzungen der bereits bestehenden Ergänzungstatbestände verschärft und der Katalog an grunderwerbsteuerbaren Vorgängen unter Beteiligung von grundbesitzenden Kapitalgesellschaften erweitert. Diese Änderungen sollen in dem folgenden Beitrag näher beleuchtet werden.

Auf Wunsch der Länder, denen das Grunderwerbsteueraufkommen zukommt, wurden vor allem Änderung vorgenommen, die die Share Deals betreffen. Grundsätzlich bedarf es für einen grunderwerbsteuerlichen Vorgang inländischen Grundbesitz und mindestens zwei verschiedene Rechtsträger (vgl. § 1 Abs. 1 GrEStG). Dabei muss es sich nicht zwingend um den häufigeren Fall der rechtsgeschäftlichen Veräußerung eines Grundstücks handeln. Vielmehr umfasst der Tatbestand sogenannte Share Deals, also gesellschaftliche Transaktionen mit Gesellschafterwechsel und Anteilsübertragungen bzw. -vereinigungen. Share Deals lösen die Grunderwerbsteuer aus, sofern sie im Ergebnis dem auf den Erwerb des Grundstückseigentums gerichteten Geschäft wirtschaftlich gleichkommen. In der Vergangenheit konnte die Grunderwerbsteuer bei Übertragung von Gesellschafteranteilen durch Gestaltungen optimiert werden, was die Länder als Grund zur Annahme von Missbrauchsgestaltungen nahm und in der Folge eine Reform anstrebt.

 

II.    Ausweitung der Erfassung von Share Deals

Das GrEStG erfasst Share Deals mithilfe von Ergänzungstatbeständen. Diese erfassen Geschäfte, die zivilrechtlich insoweit keinen Rechtsträgerwechsel darstellen und damit grunderwerbsteuerlich irrelevant würden, und setzt sie mit einer Übereignung eines inländischen Grundstücks nach § 1 Abs. 1 GrEStG gleich.

 

1.    Absenkung der Beteiligungsquoten

Ob bei einem Gesellschafterwechsel einer Personengesellschaft gemäß § 1 Abs. 2a GrEStG, bei Anteilsvereinigungen und Anteilsübertragungen bei Kapital- und Personengesellschaften gemäß § 1 Abs. 3 GrEStG oder bei wirtschaftlichen Beteiligungen nach § 1 Abs. 3a GrEStG, all diese Vorgänge erforderten den Anteil, Übergang oder die Vereinigung von Anteilen in Höhe von 95 %, um grunderwerbsteuerlich relevant zu sein. Dieser erhebliche Prozentsatz wurde mit der Gesetzesänderung nun auf 90% herabgesenkt. Anzumerken ist insbesondere, dass zeitlich gesehen auch für solche Transaktionen der Prozentsatz von 90 ausschlaggebend ist, wenn das Verpflichtungsgeschäft vor dem 01.07.2021, der dingliche Vollzug jedoch erst danach erfolgt ist.

 

2.    Verlängerung der Frist nach § 1 Abs. 2a GrEStG

Darüber hinaus erfährt § 1 Abs. 2a GrEStG eine weitere Änderung bezüglich des beachtlichen Beobachtungszeitraums. Ein grunderwerbsteuerlicher Vorgang lag bisher nur vor, wenn sich innerhalb eines fünfjährigen Beobachtungszeitraums das Verhältnis der Altgesellschafter zugunsten von Neugesellschaftern maßgeblich, das heißt 95 % (ab jetzt 90 %), ändert. Gestaltungen zur Optimierung waren dahingehend möglich, dass der Neugesellschafter durch Abwarten der Behaltensfrist in den Status eines Altgesellschafters wuchs. Da die Beobachtungsfrist nun von fünf auf zehn Jahre ausgedehnt wurde, wird diese Gestaltungsmöglichkeit erschwert. Entscheidend ist für grundbesitzende Gesellschaften und ihre Gesellschafter vor allem wie sich die Fristverlängerung auf den Gesellschafterstatus als Alt- bzw. Neugesellschafter auswirkt. Hat ein Gesellschafter am 01.07.2021 den Status des Altgesellschafters bereits erreicht, so bleibt dieser Status bestehen, sodass die Frist von zehn Jahren in diesem Fall keine Relevanz hat. Gilt ein Gesellschafter jedoch am 01.07.2021 noch als Neugesellschafter, so gilt für ihn die verlängerte Zehnjahresfrist.

 

3.    Gesellschafterwechsel bei Kapitalgesellschaften

Darüber hinaus wurde ein neuer Ergänzungstatbestand für grundbesitzende Kapitalgesellschaften eingeführt. Gern genutzte Co-Investoren-Modelle kommen zur Vermeidung von Grunderwerbsteuer nun nicht mehr in Betracht. § 1 Abs. 2b GrEStG fingiert ein grunderwerbsteuerbares Rechtsgeschäft bei einem Übergang von mindestens 90 % der Anteile an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft innerhalb von zehn Jahren auf neue Gesellschafter. Anteilsübertragungen auf einen Altgesellschafter sind dabei nicht mitzuzählen, was künftig auch bei Kapitalgesellschaften eine Unterscheidung zwischen Alt- und Neugesellschaftern erforderlich macht. Altgesellschafter sind solche Gesellschafter, die bei einer Anteilübertragung entweder schon seit mindestens zehn Jahren oder seit (bzw. vor) dem (fiktiven) Erwerb des Grundstücks durch die Gesellschaft an dieser beteiligt ist. Die Begünstigungen nach § 3 Nr. 4 und 6 GrEStG und die Vorschriften §§ 5 bis 7 GrEStG finden auf § 1 Abs. 2b GrEStG keine Anwendung.

§ 1 Abs. 2b GrEStG ist gegenüber § 1 Abs. 3 GrEStG vorrangig zu behandeln. Die Tatbestände unterscheiden sich dahingehen, dass Abs. 2b die Gesellschaft, und nicht den Gesellschafter, als Steuerschuldner ausweist. Zudem stellt Abs. 2b auf die dingliche Abtretung des Kapitalgesellschaftsanteils, und nicht auf den Abschluss des obligatorischen Rechtsgeschäfts, ab. So kann es zu einer Verzögerung zwischen dem Verpflichtungs- und dem Verfügungsgeschäft und damit zu einer Verwirklichung von erst § 1 Abs. 3 und dann § 1 Abs. 2b GrEStG kommen. Es ist zu hoffen, dass die Finanzverwaltung eine Doppelbesteuerung in einem solchen Fall vermeidet.

Grundsätzlich werden entsprechende Übergänge, die vor dem 01.07.2021 erfolgten, aus Vertrauensschutzgründen zunächst nicht beachtet. Allerdings ist das Verhältnis zu § 1 Abs. 3 und 3a GrEStG zu beachten und die Gefahr einer möglichen doppelten Grunderwerbsteuerbelastung bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen beider Vorschriften.

 

4.    Einführung einer Börsenklausel

Mit § 1 Abs. 2c GrEStG wurde für die Zwecke des § 1 Abs. 2a und 2b GrEStG eine sogenannte Börsenklausel eingeführt. Die Vorschrift lässt bei der Ermittlung der 90%-Grenze Übergänge solcher Anteile unberücksichtigt, die an einem organisierten Markt zum Handel zugelassen sind. Dafür muss der Anteilsübergang insoweit aufgrund eines Geschäfts an einem solchen Markt oder einem multilateralen Handelssystem erfolgt sein. Die Börsenklausel gilt auch für mittelbare Anteilsübertragungen. Erfasst sind somit auch Fälle in denen börsenorientierte Gesellschaften an grundbesitzenden Gesellschaften beteiligt sind.

 

III.    Steuerbefreiungen bei Gesamthandsgemeinschaften

Änderungen gab es auch in Bezug auf die Steuerbefreiungen nach §§ 5 und 6 GrEStG. Diese beziehen sich auf Steuerbefreiungen bei Übertragungen auf eine Gesamthand und von einer Gesamthand. Zur Veranschaulichung: A, B und C sind Miteigentümer eines Grundstücks und übertragen ihr Eigentum am Grundstück auf die ABC-Gesellschaft. Soweit der Bruchteil von A, B und C dem Anteil des einzelnen am Vermögen der ABC-Gesellschaft entspricht, wird gemäß § 5 Abs. 1 GrEStG keine Grunderwerbsteuer erhoben, obwohl es sich um einen Rechtsträgerwechsel handelt. Diese Steuerbefreiung gilt jedoch nur, wenn sich der Anteil von A, B und C an der ABC-Gesellschaft innerhalb von fünf Jahren nach der Übertragung nicht mindert. Entsprechende Regelungen finden sich in § 5 Abs. 2 GrEStG für den Alleineigentümer und für die Übertragung von Grundstücken durch eine Gesamthand auf die an der Gesamthand beteiligten Personen bzw. auf nur einen Gesellschafter gemäß § 6 Abs. 1 und 2 GrEStG.


1.    Verlängerung der Haltefristen

Der erhebliche Zeitraum, in dem sich die Beteiligungsanteile für eine Steuerbefreiung nicht mindern dürfen, wurde nun von fünf auf überwiegend zehn Jahre verlängert. Dies ist insbesondere auch für Personengesellschaften von Bedeutung, da § 6 Abs. 3 GrEStG (Übertragung von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand) auch auf die fiktive Grundstücksübertragung nach § 1 Abs. 2a GrEStG Anwendung findet. In diesem Fall beträgt die neue Haltefrist sogar fünfzehn Jahre.

 

2.    Option nach § 1 KStG

Für Personenhandelsgesellschaften oder Partnerschaftsgesellschaften besteht aufgrund der Neuregelung durch das KöMoG die Möglichkeit der Option gemäß § 1a Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 KStG und damit die Möglichkeit steuerlich wie eine Körperschaft behandelt zu werden. Dies stellt einen fingierten Formwechsel für ertragssteuerliche Zwecke dar, sodass die §§ 1, 25 UmwStG Anwendung finden. Es kommt dadurch allerdings nicht zu einem Rechtsträgerwechsel, weshalb die Personengesellschaft für Grunderwerbsteuerzwecke nicht zur Kapitalgesellschaft wird und keine Grunderwerbsteuer ausgelöst wird. Die Option hat allerdings Auswirkungen auf die Haltefristen gemäß §§ 5 und 6 GrEStG. Denn nach § 5 Abs. 1 Satz 2 GrEStG ist neben dem Anteil des Grundstücksveräußerers in der Folgezeit nach der Übertragung auch die Ausübung der Option durch die Gesamthand nach § 1a KStG zu beobachten, welche länger als zehn Jahre zurückliegen muss und das Bestehen der Beteiligung des Gesellschafters für länger als zehn Jahre voraussetzt. Diese Regelung verdeutlicht, dass Personengesellschaften durch Option den Kapitalgesellschaften für grunderwerbsteuerliche Zwecke nicht völlig gleichgestellt werden. Zu beachten ist auch der neue § 5 Abs. 3 Satz 3 GrEStG, wodurch eine Option die bestehende Haltefrist verletzt.

Darüber hinaus wurden § 5 Abs. 1 und 2 sowie § 6 Abs. 3 GrEStG um einen weiteren Satz ergänzt. Die Steuerbefreiungen finden danach keine Anwendung, wenn die erwerbende Gesellschaft eine Gesellschaft i.S.d. § 1 Abs. 1 KStG mit Sitz im Ausland und Ort der Geschäftsleitung im Inland ist und diese nach inländischem Gesellschaftsrecht als Personengesellschaft behandelt wird. Verhindert werden soll, dass Gesellschaften gleichzeitig die Vorteile der Körperschaftsbesteuerung und die grunderwerbsteuerlichen Begünstigungen für Personengesellschaften in Anspruch nehmen, indem eine Körperschaftsgesellschaft im Ausland gegründet wird und der Geschäftsleitungsort nach Deutschland verlegt wird. Beachtlich ist hingegen, dass nur in Drittstaaten gegründete Gesellschaften von der Neuregelung betroffen sind, wodurch seit dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union auch künftige Neugründungen in Großbritannien und Nordirland erfasst sind. Sollte der grunderwerbsteuerliche Tatbestand bestehender Gesellschaften allerdings allein durch den Austritt des Vereinigten Königreichs ausgelöst worden sein, so fällt die Grunderwerbsteuer gemäß § 4 Nr. 6 GrEStG nicht an.

 

IV.    Zusammenfassung

Mit Wirkung zum 01.07.2021 hat das Grunderwerbsteuergesetz grundlegende Änderungen erfahren, deren Auswirkungen sich in der Praxis widerspiegeln werden. Insbesondere hervorzuheben ist Absenkung der Beteiligungsquote auf 90 % bei Share Deals, die Verlängerung der Überwachungs- und Haltefristen auf überwiegend zehn Jahre, die Einführung eines neuen Besteuerungstatbestands bezüglich der Übertragung von Kapitalgesellschaftsanteilen und die Einführung einer Börsenklausel. Auch werden missbräuchlichen internationalen Gestaltungen entgegengewirkt. Zuletzt ist anzumerken, dass die Regelungen auch auf mittelbare Anteilsübertragungen anzuwenden sind.

 

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