14.08.2023
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
OLG Schleswig
08.12.2021
9 U 86/20
BeckRS 2021, 53243
Überentnahme der Erblasserin als Nießbraucherin an einem Kommanditanteil [ PDF ]
HGB § 177; BGB §§ 2032, 1922, 2041, 488 Abs. 1 S. 2
Der Erblasser E war der einzige Kommanditist einer KG (Klägerin K). Seine Kommanditeinlage hatte er durch Einbringung eines Betriebs erbracht, hierfür wurde ein festes Kapitalkonto geführt. Dieses blieb von den auf E entfallenden Anteilen an Gewinnen und Verlusten und auch von Entnahmen und Einlagen unberührt. Wenn der Wert des eingebrachten Betriebs Es Kommanditeinlage überstieg, sollte der Mehrbetrag in einem Darlehenskonto erfasst werden und von der Gesellschaft als Verbindlichkeit geschuldet werden. E und seine Frau F hatten einen notariellen Erbvertrag, seine Frau ist ebenfalls verstorben. In ihrem gemeinsamen Erbvertrag hatten beide geregelt, dass der Beklagte sowie ihre beiden gemeinsamen Kinder, Halbgeschwister des Beklagten, ihre Erben seien sollten. Dabei waren die Anteile unterschiedlich groß. Die gemeinsamen Kinder von E und F waren mit E in gerader Linie verwandt, im Unterschied zum Beklagten.
Laut dem Gesellschaftsvertrag der Klägerin konnte der Kommanditanteil des E von Todes wegen nur an Personen übertragen werden, die in gerader Linie mit E verwandt waren und auch nur mit ihnen soll die Gesellschaft fortgeführt werden können.
E hatte der F zudem ein Nießbrauchsrecht am Kommanditanteil eingeräumt.
Der Beklagte nahm die Klägerin im Wege einer Stufenklage auf Auskunft über das Darlehenskonto und dessen Stand bzw. Entwicklung nach §§ 488 I 2, 1922, 2042 BGB in Anspruch, in Verbindung damit nahm er sie auch hinsichtlich der Auszahlung eines behaupteten Guthabens an die Erbengemeinschaft in Anspruch. Die Klägerin wiederum nahm den Beklagten als Miterben der ungeteilten Erbengemeinschaft nach F in Anspruch auf Rückzahlung vermeintlicher Überentnahmen durch die Nießbraucherin F.
Das OLG Schleswig hat beide Klagen abgewiesen.
Die Widerklage sei unbegründet, weil der Beklagte (Widerkläger) schon nicht Erbe des Kommanditanteils geworden sei und ein vermeintliches Darlehenskonto nicht Teil des Nachlassvermögens geworden sei. Somit sei ein Zahlungsanspruch ausgeschlossen und ein vorgelagerter Auskunftsanspruch hinsichtlich des Darlehenskontos bestünde ebenso nicht.
Allein die beiden Miterben seien Kommanditisten der Klägerin geworden nach der gesellschaftsvertraglichen Regelung. Der Kommanditanteil unterliege nicht der Universalsukzession und werde so auch nicht gemeinschaftliches Vermögen der Erben §§ 2032 ff., 1922 BGB, weil eine Erbengemeinschaft schon nicht Mitglied einer Personengesellschaft sein könne.
Stattdessen, so das OLG, ginge der Kommanditanteil im Wege der Sondernachfolge über und wird gar nicht erst Teil der Erbmasse. Wer also nicht zu den Personen zähle, die ausdrücklich im Gesellschaftsvertrag als Nachfolger benannt werden, der könne auch nicht Gesellschafter werden. Auch dann nicht, wenn er Miterbe einer ungeteilten Erbengemeinschaft diesbezüglich sei. Der Kommanditanteil geht demnach in das Privatvermögen der Erben über, die von der gesellschaftsvertraglichen Nachfolgeklausel erfasst sind – vorliegend die Kinder, die in gerader Linie mit dem Erblasser verwandt waren. Somit ist der Beklagte bereits nicht Kommanditist der Gesellschaft geworden.
Mit dem Kommanditanteil sind aber auch sämtliche Konten des E auf die Kinder, die seine Nachfolge in der Gesellschaft antraten, übergegangen. Ob mit dem Übergang des Kommanditanteils auch alle Gesellschafterkonten des E auf die Erben bzw. die neuen Gesellschafter übergehen sollten sei durch Auslegung der vertraglichen Regelungen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu ermitteln. Vorliegend sei anhand des Erb- und des Gesellschaftsvertrags davon auszugehen, dass es die Erblasser E und F eine grds. gleichmäßige Verteilung ihres Vermögens anstrebten. Allerdings sollte das Unternehmen der Klägerin erhalten werden und deshalb den leiblichen Kindern des E insgesamt zugutekommen. Der Beklagte, der nur ein > sollte hierfür einen wertmäßigen Ausgleich erhalten.
Aus der Gesamtwürdigung habe sich ergeben, dass der Kommanditanteil inklusive sämtlicher damit zusammenhängender Darlehenskonten auf die Erben übergegangen sei und damit das Guthaben, über das der Beklagte Auskunft forderte, nicht Teil der Erbmasse geworden sei.
Weiterhin seien alle Rechte und Pflichten, die der Gesellschaftervertrag begründet, auf die neuen Gesellschafter übergegangen, dies sei aus Gründen der Rechtssicherheit und -klarheit nötig und betreffe auch das Darlehenskonto. Der Beklagte habe nicht überzeugend darlegen können, dass der Übergang des Kommanditanteils nicht auch das Darlehenskonto erfasse.
Das OLG Schleswig sah auch die Klage der Klägerin als unbegründet. Die Erbengemeinschaft der F hafte nicht für vermeintliche Überentnahmen der F. Zwar sei ein Nießbrauchsrecht an einem Kommanditanteil möglich, damit habe die Nießbraucherin aber nur ein dingliches Nutzungsrecht erhalten und sei gerade nicht Gesellschafterin geworden. Die ändere sich auch dann nicht, wenn für die Nießbraucherin durch die Gesellschaft ein Konto wie für eine Gesellschafterin geführt werde – so wie im vorliegenden Fall. Dieser Umstand lasse keinen Rückschluss auf eine gesellschaftsrechtliche Position der F zu.
Hätte es also Überentnahmen durch die F von dem Darlehenskonto gegeben, so wären diese dem Kommanditisten zuzurechnen gewesen. Die F habe nur ein abgeleitetes Recht zur Fruchtziehung vom Kommanditisten gehabt, demnach kein weitergehendes Nutzungsrecht als die Gesellschafter selbst. Somit hätte schon die Nießbraucherin einen Verlust nicht tragen müssen. Der F seien nur ausschüttungsfähige Gewinne zugefallen und Ausschüttungszahlungen aufgrund eines Verlustvortrags seien ausgeschlossen gewesen, anderweitig habe die F als Nießbraucherin kein Verlustrisiko getragen. Ebenso sei keine Haftung der Nießbraucherin gegenüber der Gesellschaft vorgesehen gewesen. Die Kommanditisten hätten laut Gesellschaftsvertrag für Beträge gehaftet, die den entnahmefähigen Gewinn überstiegen hätten und sich somit in negativen Kapitalkonten der Gesellschafter ausgedrückt hätten. Die F hatte als Nießbraucherin zwar Jahresabschlüsse aufgestellt und unterschrieben, aber auch dies ändere nicht an ihrer Stellung und Haftung. Sie sei nicht zuständig gewesen die Jahresabschlüsse festzustellen, dies blieb Kompetenz der Gesellschafterversammlung.
Das Nießbrauchrecht an einem Kommanditanteil begründet keine Haftung für Überentnahmen, auch dann nicht, wenn die Nießbraucherin Jahresabschlüsse unterzeichnet hat.
Ein Kommanditanteil unterliegt nicht der Gesamtrechtsnachfolge/Universalsukzession. Er geht nach Sondernachfolge über und kann nur an solche Erben übergehen, die im Gesellschaftsvertrag zur Nachfolge befugt sind. Damit gehen auch alle damit zusammenhängenden Konten an diese Erben über.